Kreis Euskirchen – Nachdem das Planungsverfahren für den Lückenschluss der A1 ab Blankenheim nicht mehr in den Händen der Landesregierung liegt, sondern beim Bund, stellt sich die Frage: Hält auch die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP die Maßnahme für wichtig und richtig? Der CDU-Bundestagsabgeornete Detlef Seif hat da so seine Zweifel.
Für die CDU kann er gar nicht zu früh kommen, den Grünen hingegen ist allein schon die Vorstellung ein wahrer Graus. Es geht um den Lückenschluss der Autobahn 1. Seit Jahren streiten sich diese beiden Parteien darüber – teils heftig. Nun aber sitzen sie gemeinsam am Kabinettstisch in Düsseldorf. Kann das gut gehen?
Minister Oliver Krischer verweist auf Autobahn GmbH
Kann es. Denn der im Planungsverfahren befindliche, eventuelle Ausbau der A1 zwischen Blankenheim und Kelberg dürfte dem Koalitionsfrieden in Düsseldorf nicht schaden. Nicht etwa, weil sich die Positionen inzwischen angenähert hätten – der Lückenschluss ist schlicht nicht mehr die Baustelle der Landesregierung.
Auf Anfrage dieser Zeitung verlautete aus dem Hause von Umwelt- und Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne): „Die Koalition in NRW hat sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, dass beim Straßenbau die Sanierung Vorrang vor dem Neubau haben wird. Dies bezieht sich insbesondere auf die Straßen, die in die Zuständigkeit des Landes fallen. Autobahnen gehören nicht dazu.“ Zuständig sei da die Autobahn GmbH des Bundes.
NRW-Landesregierung ist bei A1-Ausbau fein raus
Das trifft sich prima für die Landesregierung. Sie ist fein raus. „Das Land hat hier tatsächlich keine Aktien mehr im Spiel – weder positiv noch negativ“, bestätigt Klaus Voussem, CDU-Landtagsabgeordneter aus Euskirchen.
Streiten und planen
25 Kilometer
Rund 25 Kilometer fehlen der A 1 in der Eifel zwischen Blankenheim in Nordrhein-Westfalen und Kelberg in Rheinland-Pfalz. Seit vielen Jahren wird gestritten über die Notwendigkeit des Lückenschlusses, geplant, wieder gestritten und wieder geplant – und ein Ende ist nicht in Sicht.
Keine Prognose möglich
An eine Prognose, wann gebaut oder gar eingeweiht werden kann, wagt sich niemand mehr ran. Oft hört man aber den Satz: „Das werden wir nicht mehr erleben.“ Vorgesehen sind drei Bauabschnitte:
Die Bauabschnitte
1. Abschnitt: Blankenheim bis Lommersdorf (sechs Kilometer), für diesen Abschnitt sind laut aktuellem Bundesverkehrswegeplan 135 Millionen Euro vorgesehen.
2. Abschnitt: Lommersdorf bis Adenau (9,4 Kilometer), 305 Millionen Euro inklusive der Neuplanung mit Tunnel und veränderter Trassenführung.
3. Abschnitt: Adenau bis Kelberg (10,5 Kilometer), 204 Millionen Euro.
Planfeststellungsverfahren
Für diese Abschnitte werden zurzeit die Planfeststellungsverfahren nach dem Bundesfernstraßengesetz durchgeführt. Die Kostenangaben sind mit Vorsicht zu genießen, weil sich die Preise in der Baubranche kurzfristig ändern. (sch)
Alle Unterlagen, die mit dem Projekt zu tun haben, seien vom Landesbetrieb Straßen NRW an die Autobahn GmbH gegangen, die am 1. Januar 2021 die Leitung des Verfahrens übernommen hat. „Bis dahin hatte Straßen NRW die Voraussetzungen geschaffen, dass der Lückenschluss weiter geplant werden kann“, so Voussem. Und zwar so, wie es sich für ein Projekt gehöre, das im aktuellen Bundesverkehrswegeplan unter „vordringlicher Bedarf – Engpassbeseitigung“, dem zweithöchsten Wichtigkeitsgrad, stehe.
Tunnel und neue Trasse sollen das Haselhuhn schützen
Unter der Führung der vorherigen CDU/FDP-Regierung, so Vousssem, habe Straßen NRW auch die Themen Natur- und Vogelschutz – man erinnere sich nur an das Haselhuhn – abgeräumt, indem bei Lommersdorf ein Tunnel vorgesehen werde.
Im Juni 2018 verkündeten die Behörden, dass sie eine um 60 Millionen Euro teurere Verkehrsführung zwischen Lommersdorf und Adenau vorsähen, weil der bis dahin angepeilte 8,6 Kilometer lange Abschnitt schnurstracks zwischen zwei Haselhuhn-Potenzialflächen hindurchführte.
In einem großen Bogen soll die neue Trasse daran südwestlich vorbeiführen, um den gestiegenen Anforderungen an Umwelt-, Natur- und Artenschutz gerecht zu werden und „Planungswiderstände“ zu verringern. „Die Mehrkosten für die Tunnellösung sind auch mit dem Bund abgesprochen“, so Voussem.
Befürworter und Gegner des Lückenschlusses gespannt
Ohne diese Maßnahmen, so ergänzt der Bundestagsabgeordnete Detlef Seif (CDU), wäre die Planung wegen der Belange des Umwelt- und Artenschutzes wohl nicht durchsetzbar gewesen.
Abgesehen davon, dass man beim Projekt Lückenschluss eher in Jahrzehnten denn in Jahren rechnen muss: Können die Befürworter sich jetzt zurücklehnen? Und sollten die Gegner anfangen, ihre Wunden lecken? Ist also alles entschieden?
Voussem setzt auf Minister Volker Wissing (FDP)
Keineswegs. Denn 2023 wollen sich die Ampelkoalitionäre im Bund nochmals intensiv über den Verkehrswegeplan beugen, so steht es in ihrem Koalitionsvertrag. Und das dürfte spannend werden. Wie spannend – das schätzen die beiden CDU-Abgeordneten Voussem (Landtag) und Seif (Bundestag) allerdings unterschiedlich ein. Voussem geht davon aus, dass es keine Änderung bei der Einschätzung, wie wichtig der A1-Ausbau ist, geben wird.
Dafür spreche auch, dass Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) als Rheinland-Pfälzer ein jahrelanger Kämpfer für den Lückenschluss sei. „Über diese Schiene kennen wir uns auch persönlich“, so Voussem, der bis vor kurzem verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion war, bevor er zum Fraktionsvize aufstieg.
Detlef Seif sieht in den Grünen einen möglichen Hemmschuh
Dass die Grünen in Berlin dem Planungsverfahren noch Steine in den Weg legen werden, erwartet Voussem nicht: „Sie kommen ja immer mehr in der Realität an.“
Seif hingegen mahnt die Befürworter zur Vorsicht: „Ich sehe das nicht in Stein gemeißelt, dass die Ampel-Koalition das Thema A1 nicht nochmal aufmacht.“ Die Grünen wollten ja qua Programm keine weiteren Autobahnkilometer, so der Bundestagsabgeordnete aus Weilerswist.
„Wir müssen da hellwach bleiben. Ein Selbstläufer ist das nicht, dass das bei der Ampel so umgesetzt wird wie derzeit vorgesehen“, appelliert Seif an die Befürworter des Lückenschlusses, nicht lockerzulassen: „Da müssen wir an allen Ecken und Enden aufpassen, damit dieses wichtige Projekt auch kommt.“