Seit 1996 spielt Erdogan Atalay die Hauptrolle in „Alarm für Cobra 11“. Ein Gespräch über die neuen Folgen, E-Autos und die Frage, wann man zu alt ist, um Action-Star zu sein.
Action-Star Erdogan Atalay„Klar verbrennt man damit Geld, aber das tut die Formel 1 auch“
Herr Atalay, vor rund anderthalb Jahren haben Sie sich bei den Dreharbeiten zu „Alarm für Cobra 11“ schwer an der Schulter verletzt. Das war sicher nicht die einzige Verletzung im Laufe der Jahre, oder?
Klar verletzt man sich hin und wieder, aber das sind Banalitäten, also Prellungen, Schürfungen, Schnittwunden. Was mit Gaffer Tape getapt werden kann, wird mit Gaffer getapt, und dann geht’s weiter. Wir sind da nicht so zimperlich. Bei der Verletzung an der Schulter war einfach doof, dass ich mich nicht mehr bewegen konnte. Es hat sehr lange gedauert und ist auch immer noch nicht ganz in Ordnung.
Wie viele Autos habt Sie eigentlich im Laufe der fast 30 Jahre zu Schrott gefahren?
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Tausende, wirklich Tausende.
Und wie viele Stunts machen Sie selbst?
Wir machen natürlich nicht alles selbst. Das dürfen wir auch gar nicht. Ich habe viel gemacht früher, sehr viel sogar. Über die Zeit arbeiten wir aber immer mehr mit Tricks. Das sieht alles sehr spektakulär aus - und ist es auch. Wir tragen immer ein Restrisiko, aber wir sind ja alle nicht lebensmüde, auch nicht die Stuntleute. Manche Sachen verbieten sie auch einfach.
Was haben Sie denn gelernt in den Jahren jenseits der Schauspielerei?
Die ganzen Schleudergeschichten - den 180er, auch den 360er. Ich habe neulich einen Schauspielkollegen getroffen. Als ich dem sagte, ich muss noch die 180er drehen, fragte er mich: Das machst du selbst? Wenn deine Partnerin aufhört, ruf mich an, ich will dein Partner sein.
Da werden Jungsträume wahr?
Ja, komplett. Das ist wirklich ein riesengroßer Zirkus, ein riesengroßer Kindergarten. Das Tolle ist, dass wir ein ganz wunderbares Team haben, auch nach so vielen Jahren. Vielleicht hat das was mit dem Actionbereich zu tun, aber man hat das Gefühl, wir machen das erste Mal einen Film, so groß ist dieser Enthusiasmus.
Was sagen Sie eigentlich Leuten, die sagen, das sei doch komplett unrealistisch, was Sie da zeigen?
Natürlich ist das unrealistisch, Realismus ist auch gar nicht unser Anspruch. Unser Anspruch ist Entertainment. Rambo hat auch niemand gefragt, wie es war, als er das in Afghanistan allein gelöst hat. Das ist Action.
Muss man eigentlich immer noch einen drauflegen, damit die Zuschauer zufrieden bleiben?
Wir würden liebend gerne noch fünf Schippen drauflegen. Uns bremst nur das Geld. Wenn wir mehr Geld hätten, könnten wir einen Zauber veranstalten, der sich gewaschen hat. Aber momentan sind alle ein bisschen zurückhaltender. Ich komme aus einer Zeit, wo ich den Produzenten angerufen und gefragt habe, warum kein zweiter Helikopter am Set ist. Und dann kam der zweite Helikopter. Das ist definitiv vorbei. Wir haben jetzt eine Drohne. Ich finde es schade, weil es irre Spaß gemacht hat. Klar verbrennt man damit Geld, aber das tut die Formel 1 auch. Manche Sachen macht man einfach, weil sie geil sind.
Die Serie ist in der Tat sehr teuer. Es stand schon mal im Raum, dass RTL sie nicht mehr fortsetzt. Was denken Sie, wie lange es sie noch geben wird?
Es ist im Fernsehbereich die teuerste Serie Europas. Das wird so lange weitergehen, wie wir Zuschauerzahlen generieren können, durch die die Werbung es refinanzieren kann. Das ist eine wirtschaftliche Angelegenheit. Wenn die Leute das nicht mehr schauen, muss RTL überlegen, ob es ein solches Flaggschiff weiterführen will oder nicht.
Ich habe gelesen, dass Sie ins Hotel immer ein Klettergeschirr mitnehmen. Warum?
Als erstes, wenn ich ins Hotel komme, gucke ich mir die Fassade an und überlege, ob ich sie klettern könnte. Meine Kinder können das nicht. Darum habe ich immer ein Absteigseil dabei. Das sind nur zwei Bandschlaufen, die ich aber kombinieren und zum Sitzgurt umfunktionieren kann. Damit kann ich sie abseilen. Ich habe so viel mit Feuer gearbeitet, dass ich weiß, wie schnell das geht. Man hat einfach keine Chance.
Sie mögen den Geruch von Benzin. Semir Gerkhan wird also nie aufs E-Auto umsteigen?
Nein, definitiv nicht. Ich habe mich damit ein bisschen auseinandergesetzt, weil das wichtig ist. Das ist ja auch ein Politikum. Aber wie bei vielen Dingen in der Welt stehe ich als normaler Bürger mittlerweile da und möchte einfach nur mal eine Antwort haben, mit der ich etwas anfangen kann. Es gibt Leute, die sagen, E-Auto sind toll, andere sagen, sie sind das Allerletzte und haben einen grauenvollen Fußabdruck. Ich bin ja kein Wissenschaftler. Könnte mir mal einer sagen, was stimmt? Aufgrund der jetzigen Situation könnte ich mich nicht für ein E-Auto entscheiden.
Und was sagen Sie zu dem Vorwurf, dass es doch aus der Zeit gefallen sei, in eine Serie Autos in die Luft zu jagen?
Das muss man ja ganz anders sehen. (lacht) Eigentlich bräuchten wir eine Umweltplakette, denn all die Autos, mit denen wir arbeiten, fahren hinterher nicht mehr. Es ist ja nicht so, als würden wir die Umwelt verschandeln, sondern wir nehmen Autos aus dem normalen Straßenverkehr raus und geben ihnen ein wundervolles Ende in einer wunderbaren Show.
Was fasziniert Menschen eigentlich so sehr an den Karambolagen?
Ich glaube, es ist ein Wechselspiel. Das, was wir heute machen, hat mit dem, was wir vor 28 Jahren gemacht haben, nichts mehr zu tun. Damals waren die Gangster grundsätzlich in schwarz gekleidet, hatten Sonnenbrillen. Es war eigentlich ein Action-Märchen. Da hat eine unglaubliche Entwicklung stattgefunden, auch in der Bucharbeit. Wenn man nur Action zeigt, könnte man sich auch eine Stunt-Reportage angucken. Wir wollen das nicht weglassen, aber es geht auch um die Geschichte. Dadurch, dass wir 90 Minuten Zeit haben und nicht mehr wie früher 45 Minuten, können wir mit einer anderen Tiefe erzählen.
Die Rolle, die Sie spielen, verlangt Ihnen auch körperlich einiges ab. Denken Sie manchmal: Ich bin zu alt dafür?
So denke ich grundsätzlich nicht. Man wird immer von außen auf etwas hingewiesen. Ich wache ja nicht auf und denke, ich bin 58. Solange alles noch funktioniert, ist Altern eine nebulöse Angelegenheit. Wir leben alle in einer Art von Unsterblichkeit. Nur wenn jemand, der uns nahe ist, stirbt, kriegt man plötzlich einen Schock. Dann wird einem auch die eigene Endlichkeit bewusst. Wir gehen miteinander um, als gäbe es ein nächstes Leben einfach im Supermarkt.
Wir sollten uns unsere Sterblichkeit bewusster machen?
Ja, wenn alle Menschen sich mal ein bisschen mehr vor Augen halten würden, dass sie nur dieses eine Leben auf dieser Erde haben, würden sie vielleicht anders, respektvoller und vorsichtiger miteinander umgehen. In jeder monotheistischen Religion gibt es den Satz: Tu niemandem das an, was du nicht möchtest, das dir angetan wird. Wenn alle danach leben würden, würde unsere Welt besser aussehen.
Erdogan Atalay (58) wuchs in Hannover auf. Er studierte Schauspiel an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Nach Theaterrollen und kleineren Fernsehauftritten wurde er als Hauptkommissar Semir Gerkhan in der RTL-Serie „Alarm für Cobra 11“ bekannt. Seit 1996 ist er in der Rolle zu sehen. Nach einem Umzug nach Hamburg lebt er nun wieder mit seiner Familie in Köln.
RTL zeigt am 21. Januar um 20.15 Uhr die neue Folge „Hoffnung“. Eine weitere neue Folge und viele weitere Filme gibt es auf dem Streamingportal RTL+.