Vier Fenster aus der Pariser Kathedrale Notre-Dame, die nach dem Brand von 2019 in Köln restauriert wurden, sind wieder an Ort und Stelle.
Viel Lob aus ParisKölner Dombauhütte übergibt restaurierte Fenster an Kollegen aus Notre-Dame
Mehr als vier Jahre nach dem verheerenden Brand der Kathedrale Notre-Dame in Paris ist die deutsche Hilfe beim Wiederaufbau abgeschlossen. Vier in der Kölner Dombauhütte restaurierte Buntglasfenster des französischen Glasmalers Jacques Le Chevalier aus den 1960er Jahren wurden am Mittwoch vom Leitenden Architekten von Notre-Dame, Philippe Villeneuve, an Ort und Stelle begutachtet und offiziell abgenommen.
Wie Dombaumeister Peter Füssenich und seine Vorgängerin Barbara Schock-Werner dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichteten, bedachten die französischen Verantwortlichen die Restaurierung und den Wiedereinbau mit viel Lob. „Wir hatten den Eindruck, dass man hoch zufrieden war“, sagte Füssenich.
Bundesregierung betraute Barbara Schock-Werner mit der Koordinierung der Hilfe
Die Hilfsbereitschaft war so groß wie das Entsetzen, als in der Nacht vom 15. auf den 16. April 2019 die Pariser Kathedrale Notre-Dame, ein Wahrzeichen ganz Frankreichs, in Flammen aufging. „Da verbrannten ja nicht nur Dachbalken“, sagt der Kölner Dombaumeister Peter Füssenich. „Mit ihnen gingen der Erfindungsreichtum, die Kreativität und der Wagemut der Bauleute aus dem Mittelalter unter.“
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Sofort nach dem Ende der Löscharbeiten prasselten die Angebote herein, sich am Wiederaufbau des schwer beschädigten gotischen Bauwerks zu beteiligen. In Deutschland beauftragte die damalige Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) Füssenichs Vorgängerin Barbara Schock-Werner mit der Koordination der Hilfen. Seitens der Politik übernahm der frühere NRW-Ministerpräsident Armin Laschet in seiner Eigenschaft als deutsch-französischer Kulturbevollmächtigte die Mitverantwortung
Insgesamt an die 250 Vorschläge kamen in kurzer Zeit bei Schock-Werner an – von Steinmetzen und Zimmerleuten, die sich direkt nach Paris aufmachen wollten, über die Offerte von Kränen einer deutschen Spezialfirma bis hin zu Waldbesitzern, die aus ihrem Baumbestand Eichenbalken für den Dachstuhl schlagen lassen wollten. „Viele Ideen, sämtlich gut gemeint“, sagt Schock-Werner, „aber nicht alle hilfreich“.
Emmanuel Macron erklärte den Wiederaufbau zur nationalen Angelegenheit
Denn eines musste die selbst so umtriebige Kunsthistorikerin und Kennerin gotischer Architektur sehr schnell lernen: Plane ja nichts ohne die Franzosen! Den Wiederaufbau von Notre-Dame als „Herz Europas“ (Schock-Werner) erklärte Staatspräsident Emmanuel Macron zur nationalen Angelegenheit, machte eigens einen Armeegeneral dafür verantwortlich und legte – gewohnt ambitioniert – auch schon den Termin für den Abschluss der Arbeiten fest: 2024, fünf Jahre nach dem Brand, soll Notre-Dame in alter Schönheit wiedererstanden sein.
Jeder einzelne Schritt bei der Sicherung der gefährdeten Bausubstanz, bei der Trocknung und Reinigung des mitgenommenen Gemäuers und beim Wiederaufbau bedurfte fortan der Begutachtung und Zustimmung durch die französische Denkmalpflege. Deutsche Handwerker auf der Baustelle? Aus französischer Sicht, wie sich für Schock-Werner bald erwies, ein „eher schwieriger Gedanke“.
Am Ende konzentrierte sich der deutsche Beitrag auf die Restaurierung von vier Glasfenstern, die der französische Glasmaler, Grafiker und Kupferstecher Jacques Le Chevalier 1965 für den südlichen Obergaden des Langhauses gefertigt hatte. Einfacher beschrieben: „Wenn man reinkommt, die ersten Fenster oben rechts“, so Schock-Werner.
Glaswerkstatt der Kölner Dombauhütte ist international eine erste Adresse
Mit den Arbeiten betraut wurde die Kölner Dombauhütte – mit ihrer Glaswerkstatt international eine erste Adresse. Peter Füssenich schildert die Schwierigkeiten, die mit der behutsamen Reinigung und Restaurierung verbunden waren: „Wegen der vom Brand rührenden Bleistaub-Belastung mussten wir ein eigenes Dekontaminationszelt mit Unterdruck aufstellen, in dem unsere Glasrestauratorin Elodie Schneider in einem Ganzkörperanzug und Atemschutzmaske die Fenster erst einmal säuberte, bevor sie dann in die Werkstatt durften.“
Für Elodie Schneider war die Arbeit an den Fenstern aus Notre-Dame etwas ganz Besonderes: Die junge Elsässerin hatte 2019 gerade ein Praktikum in der Dombauhütte begonnen, als sie am Abend des 14. April fassungslos mit ansehen musste, wie Notre-Dame ein Raub des Feuers wurde. Sich jetzt persönlich am Wiederaufbau beteiligen zu können, sei für Schneider wie ein Traum gewesen, erzählt Füssenich. Über die Zeit ihres Praktikums hinaus erhielt sie einen Werkvertrag und widmete sich den vier jeweils 8 mal 3 Meter großen Fenstern, die im Mai 2022 säuberlich zerlegt in Köln eintrafen.
Spenden aus Deutschland in Höhe von 700.000 Euro
Für die Restaurierungsarbeiten standen Spendengelder in Höhe von rund 700.000 Euro zur Verfügung, wie Schock-Werner berichtet. Etwa eine halbe Million Euro seien über die deutsche Unesco-Unterkommission aus Berlin gekommen. Weitere 200.000 Euro steuerte der „Zentral-Dombau-Verein“ bei – allerdings nicht aus eigenen Mitteln, die laut Satzung nur für den Kölner Dom ausgegeben werden dürfen, sondern aus den Töpfen eines für die Notre-Dame-Hilfe gegründeten Untervereins. Staatliche Hilfen – etwa des Bundes – seien in den Etats nicht vorgesehen gewesen.
Mit erkennbarem Stolz berichtet Füssenich, dass die Arbeiten an den Le-Chevalier-Fenstern ebenso pünktlich beendet werden konnten wie ihr Rücktransport und der Einbau, an dem sich ausnahmsweise dann doch auch Fachleute der Dombauhütte und einer Partnerfirma beteiligen durften. Vor diesem Hintergrund ist ein Foto aus Notre-Dame vom Schild „travaux en cours“ – „Bauarbeiten im Gange“ mit dem Zusatz „Dombauhütte Köln“ für Füssenich und sein Team ein ganz besonderes Dokument.
„Ich glaube, wir haben gezeigt, was Dombauhütten zu leisten imstande sind“, sagt Füssenich. „Und unsere französischen Partner haben das sehr wohl erkannt. Das war für alle eine Win-Win-Win-Situation – besonders natürlich für Notre-Dame selbst.“ Er sei froh, „dass wir die Aufgabe in kompakter Zeit abgeschlossen haben und uns jetzt auch wieder den Fenstern im Dom widmen können. Einige Fenster aus dem Mittelalter „liegen schon auf unseren Tischen“.