Der Yellowstone-Ableger „1923“ auf Paramount+ ist weit mehr, als ein mit hochkarätigen Stars besetztes Western-Epos. Drei völlig unterschiedliche Erzählstränge werden kunstvoll miteinander verknüpft.
Streaming-TippHarrison Ford im Wilden Westen ist ein Höhepunkt des Serienjahres
Harrison Ford ist zum Abend seiner Karriere noch einmal sehr gefragt in Hollywood. Neben der Apple-Serie „Shrinking“ ist er auch in dem Serien-Epos „1923“ zusammen mit Helen Mirren zu sehen. Bald wird er zudem bei Marvel eingeführt. In „Captain America: New World Order“ und „Thunderbolts“ wird er ebenso gelistet wie in einer Fortsetzung der Indiana Jones Spielfilmreihe. Eine Figur, die ihn ebenso zu Weltruhm verholfen hat, wie die Rolle des Han Solo in den Star-Wars-Filmen. Mittlerweile 80 Jahr alt, ist Harrison Ford also noch sehr aktiv im Schauspielgeschäft. Eine lange Karriere, die allerdings nur eine Oscar-Nominierung für „Der einzige Zeuge“ beinhaltet.
Die acht Folgen alleine wären ein Probeabo bei Paramount+ wert
Auch für die Paramount+-Serie „1923“ könnte es Preise geben. Wie in der Serie „Yellowstone“ mit Kevin Costner dreht sich alles um die Dynastie der Familie Dutton aus Montana. Die Costner-Serie spielt dabei in aktuellerer Zeit und ist eine der erfolgreichsten Produktionen im US-Kabelfernsehen. „1923“ erzählt eine Art Vorgeschichte, allerdings muss niemand auch nur eine Folge von „Yellowstone“ gesehen haben, um den Western mit Ford und Mirren genießen zu können. Die Serie ist sogar ein Höhepunkt des Serienjahres. Die acht rund einstündigen Folgen alleine wären ein Probeabo bei Paramount+ wert.
Harrison Ford spielt Jacob Dutton, der mit seiner Frau Cara (Helen Mirren) eine Rinderzucht in Montana betreibt. Als wären die Zeiten mit Heuschreckenplage und Prohibition in den Zwanzigern nicht sowieso schon kompliziert, müssen sich die Duttons auch noch mit Schäfern herumschlagen, die ihre Tiere auf dem Weideland der Duttons grasen lassen. Der zu allem entschlossenen Banner Creighton (Jerome Flynn) ist dabei der Erzfeind der Duttons. Die Situation eskaliert, als Jacob den Chef der Schafzüchter und ein paar seiner Kameraden zu Abschreckung aufhängt. Der Schäfer überlebt den Anschlag und rächt sich im weiteren Verlauf der Geschichte auch mithilfe des Industriellen Donald Whitfield (Timothy Dalton). Ein tödlicher Krieg entwickelt sich, der vor keiner Gräueltat haltmacht und in dem sich die Duttons schnell in eine ausweglose Ecke gedrängt sehen. Die einzige Hoffnung liegt nun auf dem Neffen Spencer (Brandon Sklenar). Dieser hat sich allerdings mit seinem im Ersten Weltkrieg erlittenen Trauma nach Afrika zurückgezogen, wo er als eine Art Führer für Großwildjäger lebt.
Wie es ihm dort ergeht, ist der zweite große Handlungsstrang der Familiensaga. Nach diversen Abenteuern findet er dort die große Liebe, mit der er wohl oder übel die Rückreise nach Montana antreten muss. Sollte ihn denn die Nachricht jemals erreichen, dass seine Familien-Dynastie in großer Gefahr ist.
In einer Klosterschule werden junge indigene Frauen umerzogen
Der dritte große Handlungsstrang hat mit der Familie Dutton zunächst nichts zu tun. Hier dreht sich alles um ein dunkles Kapitel der amerikanischen Geschichte. In einer Klosterschule werden junge indigene Frauen erzogen, oder besser gesagt umerzogen. Sie sollen ausgebildet werden, um zukünftig weißen Einwanderer-Herren zu dienen. Die junge Indigene Teonna Rainwater (Aminah Nieves) wird von der Nonnen-Lehrerin Schwester Mary (Jennifer Ehle) auf sadistische Weise gequält. Da „1923“ klassische Geschichten etwas anderes erzählt, als viele der Western-Vorgänger, ergibt sich die Indigene nicht in ihr Schicksal, sondern schlägt zurück. Im wahrsten Sinne des Wortes. Das hat zur Folge, dass das schwer gezeichnete Mädchen und die verletzte Nonne zum Schulleiter Pater Renaud (Sebastian Roche) zitiert werden. Der züchtig nicht nur das aufmüpfige Mädchen, sondern auch die Nonnen auf brutale Weise. Auch in dieser Zeit ist der Wilde Westen noch sehr wild. Das Duell zwischen Nonne und indigener Widerstandskämpferin zieht sich über mehrere Folgen und zeigt, wie brutal die Einwanderer mit den Ureinwohnern und vor allem Ureinwohnerinnen umgegangen sind.
Trotzdem zieht die Serie ihren Charme auch aus der Zeit, in der sie spielt. Ähnlich wie bei der Sky-Produktion „Babylon Berlin“, sind die Jahre zwischen den Weltkriegen mit neuer Lebensfreude und aufkommenden Industrialisierung enorm spannend. So ist es zum Beispiel sehr amüsant, wie die Duttons bei einem Besuch in der Stadt, zum ersten Mal mit einer Waschmaschine samt windigem Verkäufer konfrontiert werden.
„1923“ bleibt aber immer ein harter Western, der mit hervorragenden Schauspielern glänzen kann. Die drei Handlungsstränge werden parallel erzählt und auch am Ende verknüpft. In ihrer Intensität sind sie kaum zu überbieten. Die Serie mit Harrison Ford und Helen Mirren gehört ohne Frage, zum Besten was das Serienjahr 2023 bisher zu bieten hat. „1923“ startet bei Paramount+ am Samstag, 27. Mai.