Roland Kaiser, Eskimo Callboy oder Marianne Rosenberg wollten Deutschland beim ESC vertreten. Warum es nicht geklappt hat, in unserem Artikel.
Von Schlager bis RockDiese Stars wollten zum Eurovision Song Contest – durften aber nicht
In wenigen Wochen findet der Eurovision Song Contest 2023 in Liverpool statt. Deutschland wird beim ESC von der Metal-Band Lord of the Lost mit dem Song „Blood & Glitter“ vertreten. Aber auch viele andere Pop-, Rock- und Schlagerstars haben im Laufe der Jahrzehnte versucht, Deutschland beim ESC zu vertreten. Wir erinnern an die bekanntesten Namen, die es „leider“ nicht ins internationale Finale geschafft haben.
Roland Kaiser bekam sein Fett weg
Als Sänger hat er es nur einmal versucht, aber das Ergebnis war alles andere als kaiserlich. „Hier kriegt jeder sein Fett“ hieß der Titel von Roland Kaiser, mit dem die heutige Schlagerlegende 1980 beim ESC-Vorentscheid „Ein Lied für Den Haag“ antrat. Eigentlich ging der Sänger selbstbewusst ins Rennen, denn mit „Verde (Frei, das heißt allein)“, „Sieben Fässer Wein“ oder „Schach-Matt“ hatte der Kaiser bereits einige Hits und galt neben Katja Ebstein oder Costa Cordalis als Favorit.
Doch am Ende landete er sogar hinter Adam & Eve nur auf Platz 8. Seine Plattenfirma glaubte trotzdem an den seltsam betitelten Tiefflieger und schickte Kaiser in die „ZDF-Hitparade“, wo er ebenfalls durchfiel. Vielleicht störte sich das Publikum daran, dass der pseudo-sozialkritische Titel ein wenig zu sehr nach Udo Jürgens' „Aber bitte mit Sahne“ klang.
Kaiser nahm es gelassen, schließlich stand sein großer Triumph „Santa Maria“ schon in den Startlöchern. Zehn Jahre später kehrte er zum ESC-Vorentscheid zurück und schrieb für „Wetten, dass...?“ den Text für eine gewisse Mara Laurien, die feministische Sätze wie „Und ich gewinn’ dich, in dem ich dir unterliege“ singen durfte. Auch dieses Lied ging unter.
Im November 2022 erinnerte sich Kaiser mit den Worten „wie die Zeit vergeht“ an seinen vergessenen Fett-Flop und teilte einen Auftritt aus der „Aktuellen Schaubude“ auf Facebook. Seine Fans amüsierten sich trotzdem.
Marie Reim: Gerüchteküche um Schlagerprinzessin
Die Tochter von Matthias Reim und Michelle ist längst selbst ein Schlagerstar („Ich bin so verliebt“). 2020 spekulierte das RND, ob Marie Reim mit ihrer damaligen Debütsingle „SOS“ zum ESC geschickt wird. Am Ende entschied sich der NDR jedoch für Ben Dolic („Violent Thing“) und die Corona-Pandemie machte dem gesamten ESC einen Strich durch die Rechnung.
Im Jahr 2022 spekulierten einige Medien erneut über eine mögliche Teilnahme von Marie Reim, doch der ESC-Vorentscheid war dann – wie schon seit einigen Jahren – völlig schlagerfrei. Dabei wäre Reim sicherlich eine gute Wahl, denn schon ihre Mutter Michelle vertrat Deutschland 2001 beim ESC und erreichte mit dem Balladenklassiker „Wer Liebe lebt“ einen mehr als verdienten 8. Platz. Trostpflaster für die Sängerin: Sie darf 2023 die Mutti auf Tour begleiten.
Xavier Naidoo: Nach Medienrummel einfach ausgeladen
Der Aufschrei war groß, als der NDR am 19. November 2015 nach einer internen Entscheidung bekannt gab, wer Deutschland beim ESC 2016 vertreten wird. Dass die Wahl ausgerechnet auf Xavier Naidoo fiel, war für viele Medien und Fans ein Schock, war der Sänger doch, wie die Tagesschau damals berichtete, „durch verschwörungstheoretische, homophobe und als antisemitisch interpretierbare Äußerungen aufgefallen“. Die Show sollte „Unser Song für Xavier“ heißen und am 18. Februar 2016 ausgestrahlt werden.
Dazu sollten verschiedene Komponisten und Naidoo selbst Songvorschläge einreichen. Das Publikum hätte dann wählen dürfen. Doch dazu kam es nicht.
Bereits zwei Tage später knickte der NDR unter dem Druck der negativen Berichterstattung ein und sagte alle Pläne mit Naidoo ab. Der Mannheimer Sänger sprach auf seiner Facebook-Seite von einer „einseitigen Entscheidung“ der ARD, die er als „für mich in Ordnung“ bezeichnete. Die Idee, ihn zum ESC nach Stockholm zu schicken, „war der alleinige Vorschlag der ARD“, so Naidoo. Nach der Ausladung sprachen sich mehr als 120 nicht rechtsgerichteter Künstler – von Herbert Grönemeyer bis Jan Delay – in einer Anzeige des Konzertveranstalters Marek Lieberberg für Naidoo aus.
Tony Marshall: „Der Star“ wurde disqualifiziert
Der im Februar 2023 verstorbene Schlagersänger versuchte 1976 mit dem Image des dauerlächenden Bierzeltkönigs zu brechen. Mit dem nachdenklichen, reflektierten Chanson „Der Star“ nahm er an der Vorentscheidung zum Eurovision Song Contest 1976 teil. Marshall sang mit großer Stimme und gewann haushoch. Endlich konnte er beweisen, dass mehr in ihm steckte als nur ein Humtata-Sänger.
Keine 24 Stunden später der Schock: Eine unbekannte Sängerin namens Nizza Thobi konnte nachweisen, dass sie „Der Star“ bereits bei Auftritten gesungen hatte. Das Reglement sah damals vor, dass keine Kompositionen zum Wettbewerb eingereicht werden durften, die bereits vorveröffentlicht waren. Dies war bei „Der Star“ nachweislich der Fall. Der Song wurde disqualifiziert.
Marshall, der sich auf seine Plattenfirma verlassen hatte, war am Boden zerstört. An seiner Stelle fuhren die zweitplatzierten Les Humphries Singers mit der schwachen Ralph-Siegel-Komposition „Sing Sang Song“ nach Den Haag. Sie wurden nur 15. Tony Marshall nahm nach seinem Debakel nie wieder an einer Vorentscheidung teil. 2018 bot er in einem Interview an, nach mehreren schlechten deutschen Ergebnissen noch einmal mit einem deutschen Song im Finale anzutreten. Dazu kam es jedoch nicht.
Marianne Rosenberg: Plattenfirmen mussten sie zum ESC-Vorentscheid überreden
1975 gehörte die Sängerin zu den erfolgreichsten Schlagersängerinnen Deutschlands und hatte bereits drei Top-10-Hits. Mit dem Disco-Schlager „Er gehört zu mir“ war Marianne Rosenberg musikalisch auf der Höhe der Zeit – für das ESC-Publikum beim Vorentscheid vielleicht etwas zu progressiv, denn der Star landete auf Platz 10, hinter Joy Fleming, Mary Roos oder Katja Ebstein. Den Hit aber hatte die Rosenberg, denn „Er gehört zu mir“ wurde ein Riesenerfolg und gehört bis heute zu den größten Schlagerklassikern der 70er Jahre.
Drei weitere Male versuchte es die Sängerin, wie sie später zugab, auch weil ihre Plattenfirma sie immer wieder überredete. Weil es mit Disco nicht klappte, schrieb man ihr eine Schnarchballade nach der anderen. „Nein, weinen werd’ ich nicht“ landete 1978 auf Platz 7 und wurde kein Hit, nicht einmal eine Single.
1980 landete Rosenberg mit „Ich werd’ da sein, wenn es Sturm gibt“ hinter No-Names wie Montezuma oder Tony & David auf dem 12. und letzten Platz. Und 1982 fand sie das Lied „Blue-Jeans-Kinder“ von Ralph Siegel so abscheulich, dass sie noch Jahre später in einem Interview mit der „Westdeutschen“ darüber lästerte. „Ich kann mir bis heute nicht verzeihen, dass ich mich dazu habe überreden lassen, das zu singen“, sagte sie 2011. Und kehrte nie wieder zum ESC-Vorentscheid zurück.
Unheilig und Santiano: Top-Favoriten verlieren knapp
Das würden die beiden Bands wohl unter sich ausmachen, dachten die meisten Fans beim ESC-Vorentscheid 2014 „Unser Song für Dänemark“. Santiano und Unheilig, zwei Bands mit mehreren Nummer-eins-Alben, galten als große Favoriten auf den Sieg und hatten jeweils zwei Titel vorbereitet. Mit Seemannsgarn wie „Wir werden niemals untergehen“ und „Fiddler on the Deck“ schipperten Santiano bereits in der zweiten Runde raus.
Doch Unheilig schaffte es mit „Wir sind alle wie eins“ neben der Newcomer-Girlgroup Elaiza ins Finale und das Publikum rechnete mit einem Sieg des Grafen und seiner Mannen. Doch in einem knappen Rennen setzten sich Elaiza durch. Für den Grafen platzte damit ein Jugendtraum, denn in einem Interview mit NTV hatte er verraten, dass er schon als Kind davon geträumt hatte, einmal beim ESC aufzutreten. Zwei Jahre später beendete er das Projekt Unheilig und zog sich ins Privatleben zurück.
Wolf Maahn und Heinz Rudolf Kunze: Letzte Plätze für gealterte Rockstars
Warum haben eigentlich gestandene Rock-Superstars wie Herbert Grönemeyer oder Westernhagen noch nie am Eurovision Song Contest teilgenommen? Klar, sie hätten viel zu verlieren und in Portugal, Finnland oder Albanien würde sie genauso wenig jemand kennen wie hierzulande kaum bekannte Vertreter wie Malik Harris oder Jendrik. Die musikalisch ähnlich gepolten Wolf Maahn (2001) und Heinz Rudolf Kunze (2007) wagten dagegen todesmutig den Schritt zum ESC-Vorentscheid.
Dumm nur, dass beide eher aus strategischen Gründen an dem Spektakel teilnahmen. Maahn, dessen große Zeit schon einige Jahre zurücklag, hoffte auf das große Comeback, landete mit seinem englisch-deutschen Beitrag „Better Life“ aber sogar hinter Zlatko, Rudolph Moshammer und anderen Totengräbern der Popmusik auf dem letzten Platz.
Ähnlich erging es Heinz Rudolf Kunze, dessen Plattenfirma seinen Auftritt beim ESC-Vorentscheid 2007 forcierte. Am Ende stimmten nur 90.000 Zuschauer für „Die Welt ist Pop“ – letzter Platz. Zum Vergleich: Für den Sieger Roger Cicero stimmten 630.000 Menschen. Der „Comeback-Versuch“ („Bild“-Zeitung) war gescheitert. Kunze nahm es gelassen, denn inzwischen feiert er wieder große Erfolge in den Album-Charts, vielleicht hat es sich also doch gelohnt.
Eskimo Callboy: Nicht radiotauglich genug – Fans sauer
Große Freude bei den Fans des Ungewöhnlichen im Dezember 2021, als die erfolgreiche Metalcore-Combo Eskimo Callboy via YouTube verkündete, dass sie für Deutschland am Eurovision Song Contest 2022 in Turin teilnehmen möchte und ihre aktuelle Single „Pump It“ für den Vorentscheid einreichte. Das Vorhaben wurde nicht zuletzt dank eines tollen Videos im schönsten 80er-Jahre-Neon-Fitness-Stil schnell zum Internet-Hype, doch die NDR-Jury ließ sich davon nicht beeindrucken und nominierte die Gruppe nicht für den Vorentscheid „Deutschland 12 Punkte“. Die Begründung: Der Song sei nicht radiotauglich genug.
Diese Entscheidung wurde in den (vor allem sozialen) Medien heftig kritisiert, denn Radio- bzw. Mainstreamtauglichkeit hat in den letzten Jahren schließlich auch keinen Erfolg gebracht. Auch eine Petition mit 100.000 Unterschriften konnte den NDR nicht dazu bewegen, die Single doch noch für den ESC auszuwählen. Der vom NDR ausgewählte Beitrag von Malik Harris lief schließlich im Radio rauf und runter, landete aber beim ESC auf alten Teppichen – auf dem letzten Platz.
Rex Gildo: Schlagerlegende verschloss Lieder im Giftschrank
Noch bevor er mit Conny Froeboess oder Gitte im Duett über Lippenstift und Laternen im Stadtpark sang, schickte man den späteren Schlager-Superstar im Februar 1960 zur ESC-Vorentscheidung. Begleitet wurde Rex Gildo von Angele Durand, die in den 50er Jahren einige Hits hatte („So ist Paris“, „Hula Hoop“).
Am Ende siegte jedoch ein anderer Newcomer, nämlich Wyn Hoop. Das Duo Gildo & Durand verließ den Wettbewerb ohne Platzierung und sang nie wieder zusammen. Der Song mit dem herrlich absurden Titel „Abitur der Liebe“ verschwand in irgendwelchen Archiven und wurde nie auf Platte gepresst.
1969, Rex Gildo war längst ein Superstar mit Nummer-eins-Hits wie „Speedy Gonzales“, sang er bei „Ein Lied für Madrid“ gleich drei Lieder. Während „Lady Julia“ und „Festival der jungen Liebe“ in der Vorrunde rausflogen, sang er im Finale an der Seite von Peggy March und Siw Malmkvist „Die beste Idee meines Lebens“. War es wohl nicht, denn er bekam keinen einzigen Punkt von einem Tribunal alter Männer mit bunten Schildern. Siw tanzte als „Prima Ballerina“ nach Madrid und Rex nahm nie wieder an einer Vorentscheidung teil. Ach, und die Lieder verschwanden wieder alle – unveröffentlicht – im Archiv.
Bernhard Brink: Der große Verlierer beim ESC-Vorentscheid
Zu gerne wäre das Schlager-Urgestein für Deutschland beim Eurovision Song Contest angetreten. Sechsmal versuchte Bernhard Brink in 23 Jahren, Deutschland beim ESC zu vertreten, doch jedes seiner Lieder zwischen 1979 und 2002 schied aus. Das ist bis heute Rekord! Besonders tragisch lief es 1984, als er mit „Liebe ist“ hinter Mary Roos und „Aufrecht geh'n“ mit einem knappen Rückstand von 121 Stimmen Zweiter wurde.
1987 und 1988 landete er auf dem undankbaren dritten Platz. Im Jahr 1992 sang er „Der letzte Traum“, doch das Publikum strafte ihn mit null Punkten ab. Zehn Jahre später läutete er mit seiner Kollegin Ireen Sheer das große Schlager-Comeback in der Vorentscheidung ein, landete mit „Es ist niemals zu spät“ aber nur auf Platz 7. Danach war für ihn endgültig Schluss mit der Eurovision.