Köln – Der Öffentlichkeit ist Fynn Kliemann als kreativer Künstler im Einsatz für die gute Sache bekannt. Nun erheben Jan Böhmermann und das ZDF Magazin Royale schwere Vorwürfe gegen den Sänger und Geschäftsmann: Zu Hochzeiten der Pandemie soll der Youtuber in betrügerische Maskengeschäfte verwickelt gewesen sein.
Kliemann ist eigentlich gelernter Webdesigner. Mit Do-it-Yourself-Heimwerkervideos machte er sich auf Youtube einen Namen. Es folgten zahlreiche weitere erfolgreiche Ventures, darunter zwei Nummer-Eins-Alben in den deutschen Charts und ein Vertrieb für fair produzierte Kleidung aus Europa. In Niedersachsen betreibt Kliemann außerdem das Kreativprojekt „Kliemannsland“, ein fiktiver Staat, in dem Freiwillige projektbezogen Leben und mithelfen können.
Masken von Fynn Kliemann sollen in Bangladesch statt Portugal produziert worden sein
Viele der zahlreichen Projekte Kliemanns tragen die Stempel „fair“ und „sozial gerecht“. So auch der Vorstoß, den der Heimwerker-Künstler im Jahr 2020 wagte. Im ersten Pandemie-Frühjahr, als Mund-Nase-Masken weltweit knappes und begehrtes Gut waren, tat sich Kliemann mit Textil-Produzent Global Tactics zusammen, um Masken herzustellen. Der Claim: Die Masken sollten fair in Europa produziert und zum Selbstkostenpreis in den Verkauf gegangen sein.
Nach Recherchen des ZDF Magazin Royale sollen genau diese Behauptungen jedoch nicht der Wahrheit entsprochen haben. „Fynn Kliemann gab gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Tom Illbruck, Geschäftsführer von „Global Tactics”, in Bangladesch und Vietnam im großen Stil produzierte Masken als „fair“ und „in Europa produziert” aus, log über seinen geplanten Profit, betrog seine Kund:innen und täuschte die Öffentlichkeit und seine Fans“, so die Redaktion. In der Nacht auf Freitag veröffentlichte die Redaktion den Beitrag zur Recherche auf Youtube. Am Freitagabend läuft er auch im TV.
Jan Böhmermann zitiert angeblichen Schriftverkehr
Angebliche Sprachnachrichten Kliemanns und Auszüge aus Schriftverkehr sollen zeigen: Offenbar war es den Produzenten wichtig, dass die Ware neutral verpackt wird, so dass für Abnehmer wie den Online-Shop „About You“ nicht ersichtlich wird, dass die Masken eigentlich aus Vietnam oder Bangladesch statt aus Portugal kommen. Zudem sollen rund 100.000 mangelhafte Masken als Spenden an Geflüchtete gegeben worden sein.
Für die Recherche wertete das ZDF Magazin Royale nach eigenen Angaben interne Chats, Mails, Sprachnachrichten, Fotos, Videos, Geschäftsunterlagen und weitere Quellen aus. Daraus gehe nach Angaben des Rechercheteams auch hervor, „dass Fynn Kliemann in wichtige Entscheidungen und Details zu Produktion, Lieferung und Verkauf der Betrugsware persönlich eingebunden war.“
Zahlreiche Medien berichteten am Freitag über die Vorwürfe. Durch Recherchen weiterer Medien bestätigt wurden sie jedoch bislang nicht.
Fynn Kliemann reagierte bei Instagram auf Anfragen
Die Vorwürfe der ZDF-Redaktion hatten bereits im Vorfeld der Veröffentlichung für Wirbel gesorgt. Ende vergangener Woche hatte die Redaktion ihre Fragen schriftlich an Kliemann übermittelt und um zeitnahe Beantwortung gebeten. Der Unternehmer entschied sich daraufhin, den Fragebogen in einem Instagram-Video öffentlichkeit zu beantworten und heimste so viel Lob von seinen Fans für die „transparente“ Aktion ein.
Konkrete Angaben zu seinen Maskendeals machte Kliemann dabei allerdings nicht, sondern verweis auf „eine Studie“ zur Qualität der von ihm und seinen Partnern vertriebenen Masken. Es gebe zudem ein „Covid-Approvement“ für den Produzenten „in Portugal“. Die Masken seien „fair produziert“, da sie in Europa hergestellt worden seien, behauptete Kliemann. „Alle Masken die ich verkauft habe, kamen aus Portugal und Serbien“, versicherte der 34-Jährige.
Auf die Vorwürfe des ZDF-Magazins hat Kliemann bisher nicht öffentlich reagiert. Gegenüber Medien kündigte er jedoch an, selbst bald ein Statement veröffentlichen zu wollen. Wie die Redaktionsleiterin des ZDF-Magazins, Hanna Herbst, auf Twitter mitteilte, hat Kliemann einen für Freitagabend geplanten Auftritt bei einem Networking-Event in Hamburg mittlerweile offenbar kurzfristig abgesagt.