Gürzenich-UraufführungEine neue Musik zum Filmklassiker „Metropolis“
Lesezeit 3 Minuten
Köln – Allein die Nennung des Filmtitels ruft bereits Bilder daraus wach: „Metropolis“ – das fiktionale Urbild eines futuristischen Großstadtmolochs. Manche Einstellungen daraus haben sich ins kollektive Gedächtnis gebrannt als Sinnbilder für Gigantismus, Ausschweifung, Reichtum, Elend, Ausbeutung, Klassenkampf und den vergoldeten „Maschinen-Menschen“ des Industriezeitalters.
Die Premiere des Films 1927 in Berlin fiel bei Kritik und Publikum allerdings durch, woraufhin der Film von zweieinhalb auf knapp zwei Stunden gekürzt wurde. Die gestrichenen Passagen galten lange als verloren. Erst 2008 wurde eine Originalkopie in Buenos Aires gefunden, welche die Friedrich Murnau-Stiftung restaurierte und bei der Berlinale 2010 vorführte.
Filmmusik ursprünglich vom Kölner Gottfried Huppertz
Ähnlich fragmentarisch überliefert ist die ursprüngliche Filmmusik des 1887 in Köln geborenen Komponisten Gottfried Huppertz, der zuvor auch die Musik zu Langs Kinoepos „Die Nibelungen“ (1924) geschrieben hatte. Zur restaurierten Originalfassung spielt nun das Gürzenich-Orchester Martin Matalons neue Filmmusik „Metropolis Rebooted“.
Für Dirigent François-Xavier Roth ist „Metropolis“ etwas Einzigartiges: „Der Film war damals noch eine neue Kunstform. Und was Lang hier mit Bauten und Menschenmassen geschaffen hat, war monumental, neu, utopisch. Zugleich erzählt der Film eine universale Geschichte des Menschen, von Liebe, Drama, Zukunftsvision, einer neuen Gesellschaft.“ Die avantgardistische Trick-, Blend- und Montagetechnik der 1920er Jahre trifft nun auf die Orchestermusik und Elektronik des 1958 in Buenos Aires geborenen Komponisten.
Roth lernte „Metropolis“ in Verbindung mit der von Matalon bereits 1995 geschriebenen Ensemblemusik kennen, die er sehr oft mit dem Ensemble Modern dirigierte. Nachdem dann die längere Originalfassung des Films bekannt wurde, erweiterte Matalon seine Komposition für großes Sinfonieorchester und modernste Computerelektronik des einst von Pierre Boulez gegründeten Pariser Studios IRCAM.
Gürzenich-Kapellmeister: „Es ist für uns eine große Ehre“
„Es ist für uns“, so der Gürzenich-Kapellmeister im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, „eine große Ehre, diese neue Partitur zum ersten Mal hier in Köln aufführen zu dürfen. Wir präsentieren etwas total Anderes, als wenn wie sonst üblich ein Komponist gleichzeitig mit einem Regisseur die Musik schafft. Denn Matalons Musik stammt aus unserer Gegenwart. Sie hat nicht nur die Funktion, den Film zu begleiten, sondern sie ist eine Sinfonie mit Film. Alors! Die Modernität von heute trifft auf die Modernität von damals.“
Man sieht immer etwas anders, wenn man auch etwas hört, und umgekehrt. Nun wirft die Musik von heute ein neues Licht auf den Meilenstein der frühen Filmgeschichte. „Matalons Musik“, so Roth, „schafft eine neue Dramaturgie zum Film. Das ist für mich wahnsinnig spannend, spannender als die damalige Originalvertonung.“
Die Koordination des fixen Filmverlaufs mit der Live-Musik erfolgt über einen Clicktrack, den der Dirigent auf die Ohren gespielt bekommt. Das Tempo und die elektronische Zuspielungen sind dann zwar fest, aber die Interpretation und die Live-Elektronik kann spontan und situativ viel mit Dynamik, Kontrapunkt und Balancen arbeiten: „Die große Kinoleinwand mit Matalons vollem Orchesterklang und fantastischer Elektronik in der Kölner Philharmonie, einer der besten Akustiken der Welt: Das wird für das Publikum ein unglaubliches Erlebnis.“
„Metropolis Rebooted“, 16. und 17. Februar, 20:00 Uhr, Kölner Philharmonie