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„Hart aber fair“-KritikDebatte um Gewalt - Der Islam hat ein Problem

Lesezeit 4 Minuten
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Frank Plasberg im Studio von „Hart aber fair“.

  1. Frank Plasberg diskutierte am Abend in seiner Sendung das Thema „Terror im Namen Gottes – hat der Islam ein Gewaltproblem?“.
  2. Eine Mehrheit der Runde argumentierte dafür, dass der Islam ein Gewaltproblem hat.
  3. Es entstand eine Debatte, die nicht sonderlich tief in das Thema einstieg und kaum neue Erkenntnisse lieferte.

Das Thema

Klar, auf so eine Frage kann man kommen: „Terror im Namen Gottes – hat der Islam ein Gewaltproblem?“

Die Antwort

Die Mehrheitsmeinung in der Sendung, zumeist vorsichtig formuliert: Ja, doch, irgendetwas ist da, was den Friedliebenden und Überlebenswilligen unserer Tage nicht passen kann.

Allerdings stand das auch schon vor der Sendung fest. Denn die Gäste hatten sich, wie es Brauch ist, klar positioniert: Drei zu zwei fürs Gewaltproblem, das der Islam habe. Und eine Bonus-Stimme gab es auch noch, die den Islam in eine enge Verbindung mit Gewaltbereitschaft brachte: Der ehemalige Salafist Dominic Musa Schmitz erzählte aus seinem Leben im Zeichen der Gehirnwäsche.

Dann auch noch die Zuschauer, deren Urteil während der Sendung kundgetan wurde: 62 Prozent lassen das Fragezeichen weg und sagen mit Ausrufezeichen: Ja, der Islam hat ein Gewaltproblem. Aber jetzt erst einmal ein Blick in die Runde!

Die Gäste

Holger Münch - der Präsident des Bundeskriminalamts ist der interessanteste Gast, sagt aber nicht so viel, obwohl er am meisten weiß über den konkreten Terrorismus. Immerhin kommentiert er das Foto vom Köln-Bonner-Flughafen, das mit der Zeile versehen ist „Was Deine Brüder in Belgien schaffen, schaffst Du auch“: Das stamme aus einer IS-Quelle, doch konkrete Hinweise auf einen Anschlag gebe es nicht.

Terroristen wollen Angst verbreiten, sagt Münch. Das wissen wir. Aber weil uns seine Kurzformel auffällt, erwähnen wir diese: „Terror heißt Angst.“ Seine Anregung zum Besseren: „Wir sollten mehr Strukturen schaffen, um über den Islam aufzuklären.“ Da konnte sich der Zentralrat der Muslime angesprochen fühlen.

Abdassamad El-Yazidi – der hessische Landesvorsitzende des Zentralrats der Muslime „möchte nichts schönreden“, aber sagt klar, dass Gewalt nichts mit dem Islam zu tun habe. Er hält es für notwendig, dies den Jugendlichen klarzumachen.

Sein Mantra: Wenn der Islam ein Gewaltproblem hätte, hätten dieses alle verwandten Religionen auch, namentlich Christentum und Judentum. Widerspruch gab es dazu, auch eine Nachfrage des Moderators. Stärker wurde Abdassamad El-Yazidis Position dadurch nicht.

Katrin Göring-Eckardt - die Fraktionschefin der Grünen sagt es fast genauso, aber eben nur „fast“: Die Gewalt habe nicht nichts mit dem Islam zu tun, aber sie hat auch nicht allein mit dem Islam zu tun. Salafisten hätten ein besonders leichtes Spiel dort, wo junge Menschen nach einer Orientierung suchten.

Aber noch einmal: „Der Islam ist keine gewalttätige Religion.“ Das Gefährlichste wäre es, den Islam zu verteufeln.

Michael Wolffsohn – der Historiker jüdischen Glaubens meint, dass sich der Islam nie so klar von der Gewalt distanziert habe wie Christentum und Judentum. Wolfssohn ist die schärfste Zunge in dieser Islam-und-Gewalt-Debatte.

Er meint, dass der Islam für Terroristen Mittel zum Zweck sei. Und er mahnt, geostrategisch immer beide Stränge im Blick zu halten, wenn es um den islamistischen Terror gehe: Nahost und Europa.

Constantin Schreiber – der Moderator der n-tv-Sendung „Marhaba - Ankommen in Deutschland" (n-tv) hält die Titelfrage für „vollkommen trivial“. Selbstverständlich gebe es dieses Gewaltproblem. Er wünscht sich, dass sich der Zentralrat der Muslime stärker von den Gewalttaten distanziere.

Dominic Musa Schmitz – der ehemalige Salafist hatte nur einen kurzen, aber authentisch wirkenden Auftritt, der gar nicht so wirkte, als ginge es um die Vermarktung seines Buches.

Der Moderator

Frank Plasberg hatte einen ruhigen Abend. Sein Einwurf, er begrüße eine lebhafte Diskussion, doch sei eine solche nur verständlich, wenn einer nach dem anderen rede, war nur einmal notwendig. Eine verkappte Solidaritätserklärung für Jan Böhmermann war sein beiläufiger Hinweis, dass Ironie im Fernsehen nicht funktioniere – was letztlich eine perfekte Überleitung war zur nachfolgenden „Tagesschau“, in der von der jüngsten Erdogan-Eskalation die Rede war .

Das Wort der Sendung

„Rattenfänger“ – gleich mehrere Diskutanten nutzten diese Formulierung als Bezeichnung für Salafisten. Die sitzen halt längst nicht mehr allenfalls in Hameln.

Die Zahl der Sendung

474 „Gefährder“ hat das Bundeskriminalamt in Deutschland ausgemacht. Davon befinden sich derzeit 165 auf freiem Fuß. Die anderen halten sich im Ausland auf oder sitzen im Gefängnis.

Gesamteindruck

Besonders tief war die Tiefenbohrung nicht, die Frank Plasberg, seinen Gästen dafür dankend, zum Schluss ansprach. Und besonders vital war die Debatte auch nicht. Dafür war die Erregungsbereitschaft der Diskutanten zu gering ausgeprägt. Aber die Sendung wahrte den abendländischen Standard – sie blieb behutsam in der Argumentation und zugleich bereit, den Finger in die Wunde zu legen.