Bei „Hart aber fair“ fragte Frank Plasberg „Die Wut-Wahl: Verliert Deutschland die politische Mitte?“
Zu Gast waren Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU), Thomas Oppermann (SPD), die Schriftstellerin Juli Zeh, „Cicero“-Chefredakteur Christoph Schwennicke sowie Jörg Meuthen, AfD-Bundessprecher und Spitzenkandidat in Baden-Württemberg.
Wählerin Brigitte Büttner erklärte, warum sie ihre Stimme für die AfD gemacht hat.
Dass sich die Sendung nicht wirklich tiefgründig mit der Analyse der drei Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz beschäftigen würde, wie der Titel „Wut-Wahl?“ es suggerierte, dürften zahlreiche Zuschauer schon beim Anblick der Gäste befürchtet haben.
Da holt der alte und - vermutlich auch - neue baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Vortag ein Rekordergebnis – eingeladen ist von seiner Partei trotzdem niemand. Warum wird schnell klar: Die Diskussion dreht sich – wie schon in unzähligen Sendungen zuvor – anfangs erneut ausschließlich um die Flüchtlingspolitik. Und da Kretschmann bekanntermaßen Kanzlerin Angela Merkel in ihrem Kurs unterstützt, reicht es ja vollkommen aus, wenn Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) diesen Part in trauter Gemeinsamkeit mit Thomas Oppermann vom Koalitionspartner SPD und der Schriftstellerin Juli Zeh („Die Kanzlerin hat Rückendeckung verdient.“) übernimmt.
„Unverantwortliche Flüchtlingspolitik“ Merkels
Zugegeben, die aufsehenerregendste Nachricht der Landtagswahlen war nicht Kretschmanns Sieg, sondern die enormen Stimmenanteile der Alternative für Deutschland (AfD). Und die, auch das ist klar, hängen zu weiten Teilen mit der Flüchtlingspolitik zusammen. Das sieht auch „Cicero“-Chefredakteur Christoph Schwennicke so, der die „unverantwortliche Flüchtlingspolitik“ Merkels für „das Desaster“ von CDU und SPD verantwortlich macht.
Trotzdem ist eine politische Talkshow wenig zielführend, wenn die Anwesenden diese außergewöhnlichen Wahlergebnisse zum Anlass nehmen, um zum x-ten Mal ihre Argumente für und wider der jeweiligen Flüchtlingspolitik darzulegen. Da gibt es schließlich nichts Neues, die Fronten sind geklärt.
Zwar versuchte Jörg Meuthen, AfD-Bundessprecher und Spitzenkandidat in Baden-Württemberg, nach einiger Zeit darauf hinzuweisen, dass die AfD nicht allein wegen der Flüchtlingskrise gewählt worden sei. „Wir sind nicht wieder weg, wenn die Flüchtlingskrise vorbei ist. Wir haben beispielsweise während unseres Wahlkampfes viel Zuspruch für unsere Ideen in der Bildungspolitik bekommen.“ Moderator Frank Plasberg bügelte ihn jedoch rasch ab: „Die Sendung wird schließlich nicht nur in Baden-Württemberg ausgestrahlt.“
Brigitte Büttner will mehr direkte Demokratie
Richtig interessant wurde es daher erst, als Brigitte Büttner zu Wort kam. Die Frau aus Rheinland-Pfalz bezeichnet sich grundsätzlich als Grünen-Sympathisantin, war sogar zeitweise Partei-Mitglied. Am Sonntag jedoch, da hat sie AfD gewählt. Richtig wohl scheint ihr dabei auch am Tag danach noch nicht zu sein. „Es war schon etwas befremdlich, als ich gesehen habe, wie viele Stimmen die AfD bekommen hat“, sagt sie. Aber es sei nun mal unvermeidlich gewesen. Sie sei innerlich zerrissen, weil sie nicht erkennen könne, auf welchen Weg Kanzlerin Merkel das Land bringe.
Wie stark diese Zerrissenheit ist, zeigt sich später in der Sendung. Brigitte Büttner sagt, sie habe die AfD insbesondere gewählt, weil im Wahlprogramm die Stärkung der direkten Demokratie gefordert wird und führt ein Beispiel an: „In der Schweiz haben die Bürger erst kürzlich in einem Volksbegehren ein schärferes Ausländerrecht abgelehnt. Das ist doch wunderbar.“
Dass diese Entscheidung der Politik der AfD eher widerspricht – es ist Brigitte Büttner bewusst. Mit Islamophobie oder Fremdenhass habe sie nichts am Hut, sagt sie. „Wenn sie so wollen, habe ich die Partei instrumentalisiert.“ Sie wollte ein Zeichen setzen, „ein Notsignal“. Nun hofft sie, dass sich in der Denke der etablierten Parteien etwas ändert, die Menschen wieder mehr mitgenommen werden. „Damit ich bei der Bundestagswahl wieder anders wählen kann.“
Mit ihrem zehnminütigen Auftritt hatte Brigitte Büttner damit mehr zur Analyse der Landtagswahlen beigetragen, als die gesamte Diskussion der Polit-Prominenz im restlichen Verlauf der Sendung.