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Bareiß & CoAnnäherung an Putin – Ist die „Moskau-Connection“ wieder da?

Lesezeit 4 Minuten
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß. Thomas Trutschel

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß. Thomas Trutschel

Es mehren sich die Stimmen, die im Schatten eines möglichen Friedens mit der Ukraine eine Normalisierung der Beziehungen zu Russland wollen.

Thomas Bareiß weist alle Vorwürfe weit von sich. Es sei einfach „Irrsinn“, ihn als Teil einer „Moskau-Connection“ zu bezeichnen, sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete am Dienstag dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) am Rande der konstituierenden Sitzung des neuen Parlaments. Denn: „Ich war noch nie in Moskau.“

Der Christdemokrat aus Baden-Württemberg sieht sich vehementen Angriffen ausgesetzt, nachdem er in dem Netzwerk LinkedIn geschrieben hatte, wenn wieder Frieden herrsche zwischen Russland und der Ukraine und sich die Beziehungen normalisierten, dann könne „natürlich auch wieder Gas fließen, vielleicht diesmal dann in einer Pipeline unter US-amerikanischer Kontrolle“.

Dies sei eine Entscheidung des Marktes. Bareiß bezog sich damit auf Gerüchte, die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 könne Teil einer amerikanisch-russischen Vereinbarung zur Beilegung des Ukraine-Krieges werden, womöglich unter Einbeziehung eines US-Investors. Die Ampelkoalition hatte das Projekt als Reaktion auf den Krieg gestoppt.

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Thomas Bareiß: „Ich war nie in Moskau“

Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums zur Beaufsichtigung der Nachrichtendienste, Konstantin von Notz, sagte dem RND daraufhin: „Die jüngsten Äußerungen aus den Reihen von CDU und CSU haben zu Recht massive Kritik ausgelöst. Sie schaden Deutschland und Europa massiv.“

Er fügte hinzu, sicherheitspolitisch seien derlei Gedankenspiele verheerend. „Sie stoßen all diejenigen, die weiter alles daransetzen, die Ukraine in ihrem Kampf gegen einen imperialistischen Aggressor zu unterstützen und geltendem Völkerrecht wieder zur Geltung zu verhelfen, vor den Kopf. Letztlich bestärken sie Putin in seinem Vorgehen.“

Bareiß war bereits als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium wegen zweifelhafter Kontakte nach Aserbaidschan in die Kritik geraten und ist auf Energiepolitik spezialisiert. Die Grünen fordern nun, ihn aus den Koalitionsverhandlungen abzuziehen.

Dabei gehen die Vorwürfe, in Erwartung eines möglichen Ukraine-Deals zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russischen Machthaber Wladimir Putin werde auch in Deutschland an engeren Kontakten zu Russland gearbeitet, über den 50-Jährigen weit hinaus. Sie sind auch nicht auf die Union beschränkt.

Kretschmer und Woidke

Der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag, Jan Heinisch, sagte bei „Politico“: „Wenn eines Tages ein gerechter und sicherer Frieden gefunden ist, dann muss man auch wieder über den Kauf russischen Gases sprechen dürfen.“ Sachsens christdemokratischer Ministerpräsident Michael Kretschmer stellte erneut die Russland-Sanktionen infrage mit dem Satz: „Wir schaden uns mittlerweile mehr, als dass wir irgendeine Wirkung in diesem Land erreichen.“

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) erklärte mit Blick auf die PCK-Raffinerie in Schwedt: „Wir brauchen eine Zukunft für das PCK, und das PCK ist immens wichtig für Brandenburg.“ Er fuhr fort: „Ich würde mich natürlich freuen, wenn wir auch wieder in normale wirtschaftliche Beziehungen zu Russland eintreten könnten.“ Ein „Zurückfahren der Sanktionen“ sei aber erst nach einem Friedensschluss unter Einbeziehung der Ukraine möglich. Kretschmer hatte vor der brandenburgischen Landtagswahl im Herbst für Woidke geworben und so Verblüffung ausgelöst.

Angela Merkel gibt „Berliner Zeitung“ Interview

Unterdessen ließ die ehemalige Kanzlerin Angela Merkel mit einem Interview in der „Berliner Zeitung“ aufhorchen. „Es gibt keinerlei Entschuldigung dafür, dass er ein anderes Land überfällt“, sagte Merkel da über Putin. „Aber den Diskurs über die Interessen Russlands muss man zulassen.“

Der Verleger des Blattes, Holger Friedrich, hatte nach Kriegsbeginn an einem Empfang in der russischen Botschaft teilgenommen. Und der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev hatte später bei X die Frage gestellt, ob aus der „Berliner Zeitung“ neuerdings „Radio Moskau“ werde.

Spionageverdacht im Bundestag

Schließlich ist da der Fall des CDU-Bundestagsabgeordneten Christian Hirte. Kürzlich wurde durch einen Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ nämlich bekannt, dass der frühere Ostbeauftragte der Bundesregierung trotz des Ukraine-Krieges einen Russen namens Konstantin K. beschäftigte. Der stand in engem Kontakt zum russischen Geheimdienst FSB und arbeitete einst für die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung in Moskau.

Die verweist indes darauf, bis zu dem Bericht „keinerlei Hinweise zur Tätigkeit des ehemaligen freien Mitarbeiters oder zu anderen Personen aus dem Umfeld der Stiftung in Russland“ bekommen zu haben. Im Übrigen sei das Büro unmittelbar nach dem Überfall auf die Ukraine geschlossen worden.

Grünen-Politiker von Notz sieht die Ursachen für die beschriebene Entwicklung nicht zuletzt in den Führungen von CDU und SPD. „Ohne deutlichen Widerspruch aus den Parteispitzen sendet man ein fatales Signal aus Deutschland in Richtung Moskau, unserer Verbündeten und der Ukrainerinnen und Ukrainer“, sagte er dem RND. „Dadurch, dass die Diskussion seit Tagen von Friedrich Merz, Lars Klingbeil und Saskia Esken laufen gelassen wird, weitet sich der Skandal derzeit massiv aus.“ Durch Passivität machten sie zumindest indirekt deutlich, „dass die Moskau-Connection, die für verheerende politische Weichenstellungen verantwortlich ist und das Land in fatale Abhängigkeiten geführt hat“, offenbar weiter einen festen Platz in der zukünftigen Bundesregierung habe.