Zimmer freiAuch Jan Böhmermann kann nicht alles
- Böhmermann spricht über den Tod seines Vaters und persönliche Rituale.
- Malzbier trinkt der ZDF-Moderator lieber als ein Glas Champagner.
Köln – Jan Böhmermann freut sich. Über den gedeckten Tisch und Grünkohl mit Pinkel, eines seiner Lieblingsgerichte. Denn traditionell wird in der WDR-Sendung „Zimmer frei“ am Sonntagabend gegessen und getrunken. Weil er kein Freund von Alkohol ist, entscheidet Böhmermann sich für ein Malzbier und reicht das Glas Champagner zur Begrüßung weiter an Christine Westermann und Götz Alsmann, die beiden Moderatoren der Sendung. Herzlich Willkommen im WDR-Fernsehen!
„Was glaubst du Jan passiert, wenn man mit deinem Foto auf die Straße geht und die Menschen fragt: Wer ist denn das?“, fragt Westermann den Fernseh- und Radiomoderator Böhmermann. Der schiebt sich noch einen Happen von seinem Teller in den Mund, überlegt kurz und antwortet dann mit einem verschmitzten Lächeln während er auf einer Kartoffel kaut: „Dann sagen die meisten wahrscheinlich: Ist das nicht der Lange von Joko & Klaas?“
Zu diesem Zeitpunkt eine womöglich ernst gemeinte Antwort. Denn da die „Zimmer frei“-Folge am 23. März aufgezeichnet wurde, konnte Böhmermann noch nicht erahnen, was in den kommenden Wochen noch alles auf ihn zukommen würde. Die „Neo Magazin Royale“-Ausgabe in der er das Schmähgedicht über den türkischen Präsidenten Erdogan vorlesen würde, steckte wahrscheinlich noch mitten in den Vorbereitungen, damit sie dann etwa eine Woche nach der „Zimmer frei“-Aufzeichnung am 31. März ausgestrahlt werden konnte. Was dann folgte, ist Geschichte.
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Vom Marktverkäufer ins Fernsehen
Bei „Zimmer frei“ am Sonntagabend deshalb also kein Wort zu Erdogan, zum Schmähgedicht, der Rolle der Satire in Deutschland oder von Kanzlerin Angela Merkel. Höchstens an einer Stelle lässt Böhmermann vielleicht durchblicken, dass er gerade eine Nummer plant, mit der er die Grenzen von Satire und Persönlichkeitsrechten ausloten wird: Umgeben von Marktständen, Eierpaletten und dem Glockengeläut des St. Petri-Doms in Bremen – der Stadt in der er groß geworden ist, sich als jugendlicher Marktverkäufer ein paar Mark dazuverdiente und später Lokalreporter wurde - spricht der 35-Jährige mit Westermann darüber, welche Werte er von seinen Eltern beigebracht bekommen hat. Eine der wichtigsten Regeln sei gewesen, immer zu versuchen, anderen nicht mehr zuzumuten, als er für sich selbst als zumutbar erachtet. „Auch wenn es im Beruflichen manchmal versehentlich oder auch absichtlich nicht so ist“, sagt der Moderator und grinst dabei spitzbübisch.
Zwischen lustigem Würfel-Fußball-Schach – in Anlehnung an Böhmermanns Zitat „Fußball ist wie Schach nur ohne Würfel“, das fälschlicherweise immer dem Kölner Fußballprofi Lukas Podolski zugeschrieben wird – Rap- und Singspielen in denen sich dann auch Gastgeber Alsmann hervortut, erfährt der Zuschauer die gesamte Sendung über erstaunlich viel aus dem Privatleben Böhmermanns. Hierzu hält er sich normalerweise eher bedeckt. Viele Fragen scheinen ihm unangenehm zu sein, weil sie an den Menschen Böhmermann gerichtet sind und nicht etwa seine Rolle als Satiriker im Fernsehen betreffen.
Dennoch spricht er offen über den Tod seines Vaters, persönliche Rituale bei Heimatbesuchen und sein mangelndes Talent für Reden im Familienkreis. Dass er sich vor den Kameras hingegen äußerst eloquent ausdrücken kann, stellt er wöchentlich im Fernsehen und Radio unter Beweis. Zuletzt in der jüngsten Folge des „Neo Magazin Royal“, in der er und sein Team von der „Fernsehnothilfe“ aufdeckten, unter welchen Bedingungen die RTL-Show „Schwiegertochter gesucht“ produziert wird.
Böhmermann gelang damit erneut ein medienwirksamer Scoop, der demonstriert, wie modernes, kreatives und kritisches Fernsehen heutzutage aussehen kann. Der kleine Bremer Junge von einst versteht seinen Job im Fernsehen inzwischen so gut wie fast kein anderer. Um so schöner ist es also zu wissen, dass es auch auf Familienfeiern im Hause Böhmermann nicht ganz so glatt läuft und auch er noch dazulernen kann.