Das darf man eine hintersinnige Zugabenplanung nennen: Tatsächlich lässt sich motivisch-atmosphärisch von Schuberts fünfter zurück ein starker Bogen zurück zu Haydns 83. Sinfonie schlagen - mit deren erstem Satz die Camerata Salzburg unter Pinchas Zukerman jetzt beim Meisterkonzert in der Kölner Philharmonie die offizielle Agenda ergänzte. Das war freilich dringend geboten, denn "auch so" geriet das Konzert noch reichlich kurz. Da hätte es keinesfalls geschadet, wenn neben Beethovens G-Dur-Romanze für Violine und Orchester auch noch ihr Schwesterwerk, die in F-Dur, erklungen wäre. Zumal man dem Geigenspiel Zukermans - der hier in Personalunion als Solist und Dirigent auftrat - noch ad Calendas Graecas hätte zuhören können.
Zukerman schafft halt jene Synthese, die selbst großen Kollegen nicht vollendet gelingt: Mit seiner großartigen Guarneri produziert er - wie gleich die Akkordik des Solobeginns bei Beethoven bewies - einen dichten, satten, warmen, hochkantablen Ton, der aber nicht in die Richtung einer unspezifischen Wellness geht, die Konturen der Musik nicht ertrinken lässt, sondern vielmehr über Kraft, Kern und gestische Intensität verfügt. Und über eine unaufdringlich-noble Natürlichkeit, die nie ins in Musikantische abgleitet, sondern stets Maß und Form wahrt.
All dies bewährte sich dann auch in Mozarts Violinkonzert KV 219, das als Jugendwerk zu unterschätzen allemal eine große Gefahr birgt - weil es dann eben auch so klingt. Nicht so bei Zukerman: Er ließ die Phrasen weiträumig blühen und atmen und damit eben Genialität im Aufgang spüren. Wohltuend auch der Verzicht auf die stilwidrig-reißerischen Joachim-Kadenzen zugunsten mutmaßlicher Eigenbauten.
Sicher, Zukerman ist "alte Schule": Hier gab es ein paar zu aufdringliche Portamenti, während dort etwa die verstörende Wildheit der Türken-Episode im finalen Rondo unterbelichtet blieb. Aber angesichts der spektakulären Ruppigkeiten und mitunter künstlichen Erhitzungen, derer man bei den Jungen gewärtig sein muss, tut Zukermans Stil einfach mal gut.
Ein dirigentisches Metier im engeren Sinne hat er nicht - das zeigte dann auch die Schubert-Sinfonie. Wohl aber hat er einen hochentwickelten Sinn für die interne Architektonik der Musik, für die Dramaturgie von Spannung und Lösung, für Impulse aus der Tiefe der Partitur. So hob er gleich zu Beginn die quasi-kanonische Beantwortung des Themenkopfes in den Bässen über die Schwelle deutlicher Wahrnehmbarkeit.
Die gut disponierte Salzburger Eliteformation (mit eigenartigerweise hinter den Bläsern positionierten Kontrabässen) folgte ihm in allen Belangen mustergültig eben auch in Sinne eines großen Einverständnisses mit seinen Intentionen. Und wenn da im zweiten Satz Milch und Honig flossen, dann war das nicht Wellness, sondern - Schubert.