Tianwa Yang glänzte mit Bruchs Violinkonzert beim Abschluss der Kölner „Kontrapunkt-Konzerte“ unter Jörg-Peter Weigle.
Konzertabschluss in KölnBrandenburgisches Staatsorchester begeistert mit Leipzig-Programm

Violinistin Tianwa Yang
Copyright: Andrej Grilc
Das Gastspiel des Brandenburgischen Staatsorchesters setzte am Sonntagnachmittag den Schlusspunkt der Kölner „Kontrapunkt-Konzerte“. Deren Spielzeit stand unter dem Motto „Europäische Klassik und Metropolen der Klassik“. Nach Orchestern aus Bratislava, Kiev, Brüssel und Jerusalem präsentierte die brandenburgische Formation unter ihrem Chefdirigenten Jörg-Peter Weigle ein auf Leipzig bezogenes Programm. Die alte Handels- und Messestadt ist dank Thomaskirche, Gewandhaus, Konservatorium und vielen hier wirkenden Musikern bis heute ebenso Musikstadt.
Das Brandenburgische Staatsorchester bot Leipzig-Programm
Wie andere Komponisten des 19. Jahrhunderts studierte in Leipzig auch Max Bruch. Geboren wurde er freilich 1838 im Kölner Richmondishaus. Sein Violinkonzert gelangte in Koblenz zur Uraufführung und wurde durch den Geigen-Großmeister Joseph Joachim zur Weltberühmtheit, der das Werk revidieren half und durch zahlreiche Folgeaufführungen international bekannt machte. Dem kurzen Kopfsatz mit dramatisch punktierten Doppelgriffen und wilden Läufen folgt als eigentliches musikalisches und expressives Zentrum ein „Adagio“ mit drei gesanglichen Themen, eines schöner als das andere.
Überragende Solistin war Tianwa Yang. Die 1987 in China geborene Geigerin unterrichtet seit 2018 als Professorin an der Musikhochschule Würzburg und wurde 2022 mit dem „Opus Klassik“ als „Instrumentalistin des Jahres“ ausgezeichnet. Sie spielte die ebenso melodische wie virtuose Solopartie mit großer Innigkeit, Strahlkraft, sprechender Gestik und bewegendem Schwung. Dem begeistert applaudierenden Publikum dankte sie mit dem „Andante“ aus Bachs zweiter Solosonate a-Moll. Den Rahmen setzten Werke von Robert Schumann.
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Solistin Tianwa Yang überzeugte nicht nur mit Max Bruch
Den Anfang machte die selten gespielte Zusammenstellung „Ouvertüre, Scherzo und Finale“ op. 52. Die drei Sätze wurden zwischen 1841 und 1845 in Leipzig komponiert und uraufgeführt. Die typisch schumanneske Verschlingung verschiedener Satztechniken, Gattungen und Formen ist weder Sinfonie noch Suite. Die „Ouvertüre“ beginnt beethovenianisch mit einem prägnanten Motto und kleinteiligem Wechsel rezitativisch sprechender Bässe, gefolgt von einem bewegten Allegro-Hauptteil. Das „Scherzo“ galoppiert im 6/8-Jagdrhythmus wahlweise forsch oder galant über Stock und Stein. Das „Finale“ mündet nach fugierten Passagen in allzu triumphal aufgedonnerte Schlussfanfaren. Bei Bruch hellhöriger Begleiter entfaltete das Brandenburger Staatsorchester hier symphonische Wucht.
Mit einem Motto eröffnet Schumann auch seine 1. Sinfonie. Der von Trompeten und Hörnern vorgetragene Gedanke ist eine Anlehnung an den Anfang von Schuberts Großer C-Dur-Sinfonie, die Schumann 1839 in Wien im Nachlass des Komponisten entdeckte und Mendelssohn zur Uraufführung in Leipzig empfahl. Das maestoso gespielte Motto wird durch rhythmische Diminution zum Kopfmotiv des Hauptsatzes. Ebenso wird das kantable „Larghetto“ kurz vor Schluss durch eine imitatorische Passage der Posaunen mit dem nachfolgenden Scherzo verklammert. Derlei Transformationstechniken brachten wenig später Liszt und Wagner zur Vollendung. Lebhafter Beifall in der sehr gut besuchten Philharmonie.