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Architekturspaziergang durch KölnIn Rodenkirchen ist die Moderne ein Dorf

Lesezeit 4 Minuten

Hochwasserpumpwerk von V-Architekten mit Dirk Melzer, Ecke Grüngürtelstraße/Uferstraße

Köln – Die Wettbewerbe waren entschieden, der Rat hatte zugestimmt. Und doch hat Köln heute weder ein ICE-Terminal Deutz-Messe noch ein neues Schauspielhaus. Eigentlich ein Wunder, dass Frederik Jaspert trotzdem noch so positiv über seine Stadt spricht. Denn es war sein Büro JSWD-Architekten, das die Wettbewerbe zu beiden glanzvollen Projekten gewonnen hatte. Und es war sein Büro, das die schmerzvolle Erfahrung machen musste, dass Köln zwar manches plant, ausschreibt und beschließt. Aber am Ende eben trotzdem nicht baut.

Im Moment allerdings gibt es jede Menge großer Baustellen in dieser Stadt. Und das gefällt ihm: „Köln macht gerade einen großen Schub. Es ist sehr viel in Bewegung, das spürt man. In welcher Stadt hat man das schon, dass sich im Zentrum das Gesicht so verändert? Und dann gibt es ja auch noch andere wahnsinnig spannende Entwicklungsprojekte wie die Parkstadt Süd, den Deutzer Hafen oder mit Kreuzfeld die Stadterweiterung im Norden – da hat Köln eine ganze Menge vor.“

Zur Person

Frederik Jaspert wurde 1965 in Köln geboren – schon sein Großvater war Architekt und sein Vater hatte ein Architekturbüro in Rodenkirchen, wo heute auch JSWD-Architekten sitzt – gerade wurde ein Berliner Büro eröffnet. Er studierte Architektur an der RWTH Aachen und gründete 1998 mit zwei Partnern das Büro WJD Architekten, das zwei Jahre später zu JSWD erweitert wurde – unter anderem mit seinem Bruder Konstantin Jaspert. Heute arbeiten am Maternusplatz und in Berlin etwa 180 Mitarbeiter aus 30 Nationen.

In Köln baut JSWD unter anderem gerade für die Koelnmesse (Halle 1, multifunktionales „Confex“ für Messen, Kongresse und Firmenveranstaltungen und Ost-West-Terminal), das neue Rodenkirchener Rathaus, das „Waldviertel“ in Rodenkirchen sowie ein Wohn- und Geschäftshaus für die „Neue Mitte Porz“.

Man darf eben nur nicht am Bahnhof auf der falschen Seite aussteigen, wo sich seit Jahrzehnten eine beliebte Pinkel-Ecke befindet: „Dann wollen Sie eigentlich der Stadt direkt wieder den Rücken kehren. Und dass es trotz mehrfacher Wettbewerbe nicht gelungen ist, den Breslauer Platz als Schlüssel-Grundstück der Stadt bis zum Rhein hin zu entwickeln, ist schon traurig.“ Grund dafür sei auch das blaue Musical-Zelt – ein Mahnmal für den Merksatz: Nichts hält länger als Provisorien.

Wie gut also, dass wir uns für unsere Fahrradtour den Kölner Süden ausgesucht haben. Denn da zeigt sich die Stadt von ihrer schöneren Seite – zum Beispiel am Rheinufer in Rodenkirchen, wo um 1930 eine kleine Bauhaus-Siedlung entstanden ist: Exklusive Villen, die mehr als 90 Jahre später noch überraschend modern sind: „Wunderbare Häuser und vor allem ein sehr schönes Ensemble, das in den letzten Jahren durch zwei oder drei Neubauten ergänzt worden ist.“

Haus Loosen der Bauhaus-Siedlung Rodenkirchen, deren sechs Gebäude sich vor allem in der Walter-Rathenau-Straße und Im Park finden.

Nur ein Stückchen weiter den Rhein runter stoppt Frederik Jaspert an einem Hochwasserpumpwerk. Das klingt erstmal unspektakulär, ist aber vor allem wegen seiner ungewöhnlichen Stahlverkleidung mindestens genauso Kunstwerk wie Technik.

Daneben steht der Wohnpark Rodenkirchen – ein teils 17-stöckiges Wohnquartier aus den späten 1960er Jahren. Ein furchtbarer Klotz? Gar nicht: Frederik Jaspert hat hier sogar selbst eine Zeit lang gewohnt: „Zeitlos elegant mit den umlaufenden Balkonen aus Betonfertigteilen und qualitätsvoller als viele aktuelle unter großem Kostendruck entstehende Wohnquartiere.“ Weiter geht es Richtung Weiß. Auf dem Weg liegen drei Wohnhäuser des Kölner Architekten Heinz Bienefeld, bei denen Frederik Jaspert ins Schwärmen gerät: „Man erkennt den Stil natürlich sofort: Das ist Bienefeld! Wie der mit dem Ziegel umgehen kann und auch die große Liebe zu den ganz feinen Details!“

Karte für den Architekturspaziergang

In Weiß angekommen machen wir Halt beim kleinen „Weißer Kapellchen“ – ein ganz besonderer Ort, der innen von Künstlern aus der Nachbarschaft gestaltet wurde. Wer jetzt noch einen Eindruck von Frederik Jasperts eigenem Stil bekommen möchte, macht noch einen Abstecher zur Straße „Auf der Ruhr“. Dort hat er ein Haus für seine Familie gebaut und – schräg gegenüber – eins für einen Freund. Beide Bauten fallen gleich ins Auge, passen sich aber gleichzeitig harmonisch der dörflichen Bebauung an. Genau das ist auch die JSWD-Philosophie: Etwas zu bauen, was nicht nur dem Stil des Büros, sondern vor allem dem Ort entspricht. So entsteht Vielfalt und das ist eine Stärke, findet Frederik Jaspert. Seiner Architektur – und seiner Heimatstadt.