20 Jahre prägte Louwrens Langevoort die Philharmonie. Seine Abschiedssaison bringt hochkarätige Gastspiele sowie Schwerpunkte zu Schönberg und Boulez nach Köln.
Kölner PhilharmonieDas bietet die letzte Saison von Louwrens Langevoort
Am Schluss spielten zwei Porträtkünstler der kommenden Saison, das Alinde-Streichquartett und der Schlagzeuger Christoph Sietzen, zusammen einige köstliche Variationen teils mit Moll-Anmutung über „Happy Birthday“ – im Stil von Haydn, Dvorák, Ragtime, Zsardas und anderem. Mit einer gewöhnlichen Pressekonferenz von KölnMusik hatte die Veranstaltung also nichts zu tun – zumal sie nicht im Philharmonie-Foyer, sondern im Konzertsaal selbst stattfand, nicht nur Presseleute, sondern viele Ehrengäste und mit Einlasskarten versehene Besucher herbeigeströmt waren. Und als Einlasssignal wie bei regulären Konzerten das berühmte Motiv aus dem Finale von Schumanns Rheinischer Sinfonie erklang.
Tatsächlich gab und galt es etwas zu feiern: den Geburtstag von Philharmonie-Intendant Louwrens Langevoort, der 67 Jahre alt wurde. Nun werden auch (ungerade) Geburtstage üblicherweise nicht an die große Glocke gehängt, aber mit der PK hatte es schon etwas Besonderes auf sich: Die kommende Spielzeit wird die letzte von Langevoort verantwortete sein, nach der Saison 2024/25 und 20 Jahren als Philharmonie-Intendant auf dem Buckel scheidet er aus den Diensten der Stadt Köln aus. Die letzte Saison ist damit unweigerlich eine Art Vermächtnis der Ära Langevoort.
Den Schwerpunkt legte Langevoort auf die vier Porträtkünstler - so viele wie noch nie
Tatsächlich prägt das Design, das der Niederländer der Agenda seines Hauses über die Jahre hinweg verpasst hat, auch die letzten zehn Monate. Er selbst brachte es auf dem Podium, wo auch Kulturdezernent Stefan Charles viel Lobendes über den demnächst zu Verabschiedenden sagte, auf die Formel „Varietät und Diversität“. Was eine breite Spreizung des Programms zwischen Klassik und Kölsch, Jazz und Weltmusik meint – und das alles mit dem Anspruch, niederschwellig in die Breite der Stadtgesellschaft hineinzuwirken. Offenes Haus, offener Spielplan.
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In diesem Sinne wartet die Spielzeit 24/25 noch einmal mit einem neuen Format (neben den üblichen Abo-Zyklen) auf: Es wird insgesamt fünf Konzerte der Reihe „Philharmonie.7“ geben – sie beginnen jeweils um 19 Uhr, dauern nur eine Stunde und sollen einem neuen Publikum den Weg in die Philharmonie ebnen.
Den Schwerpunkt der PK legte Langevoort indes auf die vier – wiederum sehr „diversen“ – Porträtkünstler (so viele wie noch nie) der kommenden Saison, von denen, wie gesagt, zwei leibhaftig anwesend waren, sich vom Intendanten befragen ließen und Kostproben ihrer Kunst zum Besten gaben: Das Kölner Alinde-Quartett, ein Newcomer unter den großen einschlägigen Formationen, glänzte mit einer eindringlichen, stets heikel zwischen Idylle und Katastrophe balancierenden Darstellung des Eröffnungssatzes aus Schuberts Streichquartett „Der Tod und das Mädchen“. Es wird, teils für sich, teils mit Partnern, in insgesamt fünf Konzerten mit Klassisches und Modernes mischenden Programmen zu hören sein. Zu den Partnern gehört die illustre lettische Organistin Iveta Apkalna (vier Auftritte, darunter ein von Harald Schmidt moderiertes Kinderkonzert), die sich jetzt in einer Videozuspielung vernehmen ließ – und dabei die Bedeutung der Philharmonie für ihr eigenes Leben herausstellte: Hier habe sie ihren künftigen Ehemann kennen gelernt und ihm ein Jahr später das Ja-Wort gegeben.
Sietzen, ehemaliger Rising Star, ließ sich mit Bach auf der Marimba und, sich rauschhaft steigernd, mit Xenakis auf dem Schlagzeug hören. Diese Spreizung der Epochen und Stile werden auch seine Auftritte in der Philharmonie prägen. Wieder per Video zugeschaltet war der südafrikanische Cellist und Komponist Abel Seloacoe, der das „klassische“ Konzertformat spektakulär aufzusprengen verspricht.
Wie stets liest sich das Programm auf Strecken wie ein „Who is Who“ des internationalen Klassik-Spitzenbetriebs. Die Wiener Philharmoniker und das Orchestre de Paris kommen unter Klaus Mäkelä, die Berliner Philharmoniker mit Kirill Petrenko, die Münchner Philharmoniker mit Tugan Sokhiev, das Gewandhausorchester Leipzig mit Andris Nelsons, das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks mit Daniel Harding, die Staatskapelle Berlin mit Susanna Mälkki, das Concertgebouworkest mit Iván Fischer und das London Symphony Orchestra mit Antonio Pappano. Philippe Herreweghe wird in der Vorosterzeit mit seinem Collegium Vocale Gent die Johannespassion interpretieren, René Jacobs mit der Zürcher Sing-Akademie und dem Kammerorchester Basel ein instrumental-vokal gemischtes Haydn-Programm. Lisa Batiashvili, Janine Jansen, Mitsuko Uchida, Philippe Jaroussky, Alexandre Kantorow, Igor Levit – lang ist auch die Liste der großen Solisten.
Zwei Urvätern der Neuen Musik widmet KölnMusik zu runden Geburtstagen Schwerpunkte: Schönberg zum 150. in diesem Jahr und Pierre Boulez 2025 zum 100. Letzterer hatte, so Langevoort, eine besondere Beziehung zu Köln, der Kölner Philharmonie und ihrem Publikum. Auch außerhalb von Acht Brücken wird es, teils mit der Philharmonie als Auftraggeberin, zahlreiche Uraufführungen setzen, darunter von Philipp Maintz, SJ Hanke, Kate Moore und eben auch Porträtkünstler Selaocoe.
Alles schön und gut, tatsächlich aber ist das den Gästen gereichte gedruckte Programm schon jetzt überholt: Darin prangt noch mit ganzseitigem Bild und zahlreichen Terminen Gürzenich-Kapellmeister François-Xavier Roth. Eine diesbezügliche Nachfrage blieb dem ob der Gratulationen gerührten Langevoort im Off dann auch nicht erspart. Roth sei, so der Intendant, sein Freund und werde das auch, gleich was passieren werde, auch bleiben. Außerdem: „Bis jetzt wurden keine im juristischen Sinn strafbaren Handlungen nachgewiesen. Deshalb gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung.“