AboAbonnieren

Hélène Grimaud in der Kölner PhilharmonieDiese Zugabe stößt an Geschmacksgrenzen

Lesezeit 2 Minuten
Helene Grimaud steht von ihrem Flügel auf und lächelt wegen des Applauses des Publikums. Im Hintergrund weitere Mitglieder des Orchesters.

Die französische Pianistin Helene Grimaud in Lübeck, 2017.

In ihrem Auftritt in der Kölner Philharmonie spielte die Pianistin Hélène Grimaud Brahms erstes Klavierkonzert. Ihre Interpretation ließ zu Wünschen übrig.

Das erste Klavierkonzert von Johannes Brahms begleitet Hélène Grimaud durch ihre ganze Karriere hindurch. Sie hat es bereits zweimal auf CD eingespielt und war damit vor Jahren auch schon in Köln zu erleben. Nun präsentierte sie am Sonntag (12. November) das monumentale Werk gemeinsam mit dem London Philharmonic Orchestra im philharmonischen Meisterkonzert.

Hélène Grimaud spielt in der Kölner Philharmonie

Ihre starke Affinität zu dem Stück war dabei vor allem im Technischen, in der physischen Bereitstellung, der präzisen Fokussierung auf seine besonderen Anforderungen klar zu erkennen. Nichts schien sie hier an ihre Grenzen zu bringen - sie hatte nicht nur jederzeit die nötigen Kraftreserven für die langen Doppeloktav-Passagen in den Rahmensätzen, es gab auch bis zum Schluss keinerlei Einbußen hinsichtlich Treffgenauigkeit und präziser Artikulation.

Solchermaßen gerüstet, sollte man denken, könnte sie dem Stück Freiheit und Weite geben, seinen gestischen Reichtum schwingen und vibrieren lassen. Aber tatsächlich wirkte Hélène Grimaud in ihrer Darstellung eher befangen, verkapselt, steif. Man hatte den Eindruck, sie arbeite sich an etwas ab, sie stehe unter dem Druck, den machtvollen orchestralen Breitseiten standhalten zu müssen - was ihr doch eigentlich mühelos gelang.

London Philharmonic Orchestra beginnt mit „Petruschka“

Ausgesprochen störend war (leider nicht zum ersten Mal) ihre Neigung, in lyrischen Passagen beständig den Bass vorausklappern zu lassen. Das sollte dem Klang vermutlich Räumlichkeit verleihen, sorgte aber eher für eine talmihafte, sentimentale Stimmung, die der Musik nicht gerecht wurde. An Geschmacksgrenzen stieß die Französin übrigens auch mit ihrer unsäglich banalen Zugabe, einer Bagatelle des ukrainischen Neo-Romantikers Valentin Silvestrov.

Unter Leitung seines Chefdirigenten Edward Gardner setzte das London Philharmonic Orchestra mit Strawinskys trubelbunter Ballettpantomime „Petruschka“ einen denkbar starken Kontrast. Der britische Maestro nutzte die Bravour und Expansionskraft seines Orchesters zu einer Interpretation, die ihre Qualitäten eher im Rustikalen hatte als in der Raffinesse. Die Klänge, Farben und Gerüche des russischen Jahrmarkts waren deutlich vernehmbar, weniger plastisch wirkte Strawinskys geniale Musikalisierung der zum Leben erwachten, linkisch verdrehten Gliederpuppe mit ihrer zart angedeuteten Menschlichkeit. Die üppig besetzte Schlagzeug-Riege ließ es auch in der Zugabe, Dvořáks Furiant op. 46/8, zünftig krachen.