In der Philharmonie spielte das WDR-Sinfonieorchester unter Cristian Măcelaru Brahms - Pianist Simon Trpčeski erwies sich als Tastenmeister.
PhilharmonieSimon Trpcesk begeistert mit Eleganz und Geschmeidigkeit
Im Scherzo-Trio von Brahms’ zweitem Klavierkonzert muss der Solist Takte lang in relativ schnellem Tempo Oktaven spielen. Gut, das sollte, wer sich überhaupt an das Stück wagt, hinkriegen. Anders sieht das aber schon aus, wenn die Dynamik an der Stelle auch noch ein pianissimo vorschreibt. Das schaffen längst nicht alle Pianisten, viele bleiben in einem neutralen piano hängen.
Nicht so der Tastenmeister Simon Trpceski, der das schwere „Zweite“ jetzt mit dem WDR Sinfonieorchester unter Chefdirigent Cristian Măcelaru in der Kölner Philharmonie aufführte. Er offeriert die Passage wirklich sehr leise, dazu mit einer spielerischen Eleganz und Geschmeidigkeit, die allemal anzeigt: Da kommt jemand noch lange nicht an seine Grenzen.
Simon Trpceski kultiviert einen leichten, schlanken Ton
Überhaupt gehört der Mann aus Mazedonien nicht zu jenen, die Virtuosität mit bombastischem Donner verwechseln – oder glauben, dass Brahms, weil er halt immer wieder einen dichten Akkordsatz schreibt, fett klingen muss. Trpceski kultiviert vielmehr nahezu durchweg einen leichten, schlanken Ton, schafft eine Durchsichtigkeit, die auch immer wieder die Mittelstimmen vitalisiert.
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Trotzdem lässt er keinen Zweifel daran, dass er ein Werk der Hochromantik vor sich hat. In diesem Sinn erfüllt, ja berückend geriet gleich die wie aus einem Traum aufsteigende Klavierantwort auf das eröffnende Hornsolo. Alles in allem ein höchst eindrucksvolles Alternativangebot an diejenigen, die sich den späten Brahms gerne als mürrischen Zausel vorstellen. Als Zugabe gab es einen Ragtime, zu dem sich Trpceski Hilfe vom Dirigenten holte. Der stellte sich, überraschend genug, als gelernter Geiger vor.
Mit Brahms – seiner vierten Sinfonie – ging es im zweiten Teil weiter, nach der Uraufführung der Miniatur „Caritas“ aus der Feder des (anwesenden) österreichischen Komponisten Klaus Lang. Das ist ein sphärisch-schwebendes Klangflächenstück, das trotz seiner Dissonanzensättigung (Cluster-Sekunden!) nie aggressiv-attackierend wirkt – und dessen ätherischer Geigenzauber sogar an das „Lohengrin“-Vorspiel gemahnt.
Dann also die Brahms-Vierte. Hier holte Măcelaru in Sachen Power, Druck, Wucht und teils schmerzhafter Lautstärkenentwicklung nach, was der Solist des Abends aus dieser Sicht schuldig geblieben sein mochte. Vielen Stellen bekam das gut – das Scherzo etwa geriet zu einer angemessen furiosen und mitreißenden Veranstaltung. Anderen Sätzen, zumal dem ersten und dem zweiten, frommte diese Interpretationslinie weniger. Kraft und Feuer sind nicht alles, zumal dann nicht, wenn es an der bei Brahms stets geforderten Wärme des Wiener Grundklangs hapert. Immer wieder schreibt die Partitur ein espressivo vor – wurde es hier etwa hinreichend realisiert? Sicher gab es auch in der finalen Chaconne immer wieder bestrickende Augenblicke – etwa das traurig-verlorene Flötensolo –, aber zu einer rundum erfüllten Deutung der Sinfonie fehlte diesmal doch einiges.