Das Nationale Sinfonieorchester der Ukraine begeisterte in der Philharmonie - mit dabei war die Kölner Konzertpianistin Olga Scheps.
Stehende OvationenNationales Sinfonieorchester der Ukraine begeistert in Kölner Philharmonie
2018 konnte das Nationale Sinfonieorchester der Ukraine noch einigermaßen ruhig und friedlich sein 100-jähriges Bestehen feiern - aber dann kamen Corona und die Russen. Immerhin: Das Orchester kann reisen, ist unter Leitung seines langjährigen Chefdirigenten Volodymyr Sirenko derzeit auf Deutschland-Tournee und machte auf Einladung der Kontrapunkt-Konzerte auch in der Kölner Philharmonie Station.
Das Publikum bereitete den Gästen einen ausgesprochen herzlichen Empfang und entließ sie mit stehenden Ovationen - wofür sich das Orchester mit zwei effektvollen Reißern seines nationalen Repertoires bedankte: der Ouvertüre zu Mikola Lysenkos Oper „Taras Bulba“ und dem Finale aus Levko Kolodubs „Ukrainian Carpathian Rhapsody“.
Ukrainischer Provenienz war auch das Eröffnungsstück, die sinfonische Ballade „Grazhyna“ von Boris Lyatoshynsky. Dieser 1955 entstandene Spätblüher der slawischen Romantik ist zwar sogar für sowjetische Verhältnisse ausgesprochen konservativ; dennoch fesselte das Stück durch seine stringente Anlage und Ausdrucksdichte.
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Auch spürte man deutlich die tiefe Verbindung des Orchesters mit dieser Musik, durch die (ähnlich wie durch viele Rachmaninow-Partituren) das „Dies irae“-Motiv der Totenmesse geistert. Die intensiven Holzbläser-Aromen, die weiche Schwere des Blechs und das breite Streicher-Legato fügten sich zu einem Klangprofil, das dem Werk auf ideale Weise entsprach. Nicht so leider Beethovens Sinfonie Nr. 8, deren klangrednerische Finessen sich in Sirenkos bequemen Tempi und einer eher flächigen Artikulation weitgehend verloren.
Computerspiel-Melodie als Zugabe
Auch die in Moskau geborene und seit langem in Köln lebende Pianistin Olga Scheps hat ukrainische Wurzeln. Ihre Darstellung des Es-Dur-Konzertes von Franz Liszt war von kraftvoller Vitalität, elastisch in den donnernden Oktavserien, geschmeidig im feiner gestrickten Passagenwerk.
Ganz „russische Schule“ war die Konzentration auf die leuchtende, plastisch herausgearbeitete Oberstimme im langsamen Satz. Was Olga Scheps so macht, wenn sie gerade nicht Klavier übt, deutete sich übrigens in der stimmungsvollen Zugabe an: Die hatte sie selbst nach einer Melodie aus dem Computerspiel Unravel 2 komponiert. (rue)