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KonzertSo lästerte Helge Schneider über das Hygienekonzept im Tanzbrunnen

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Helge Schneider im Tanzbrunnen 

Köln – Gleich die zweite Bemerkung an diesem Samstagabend gilt der Sitzordnung: „Schön ordentlich hingestellt die Stühle“, kommentiert Helge Schneider von der Bühne des Tanzbrunnens herab, „ein Meter Platz für Getränke.“ Das Corona-konform platzierte Publikum quittiert johlend. Das Eis ist gebrochen.

Normalerweise, improvisiert Schneider fröhlich weiter, habe er ja Schäferhunde, die zwischen Rampe und Reihen patrouillieren. „Aber heute bin ich ganz nah bei euch.“ Man steckt halt im selben Schlamassel fest. Oder, wie es Schneider ausdrückt: „Ihr seid genau so doof wie ich.“

Gestörtes Verhältnis

Seit Helge Schneider vor einem Monat ein Konzert in Augsburg nach einer halben Stunde mit den nicht lustig gemeinten Worten „Das geht mir ziemlich auf den Sack, ich habe langsam keine Lust mehr“ abgebrochen hat, entnervt vom viel gepriesenen Hygienekonzept Strandkorb, und dem zwischen den derart vereinzelten Besuchern hin- und herwuselnden Gastropersonal, seitdem also ist das Verhältnis zwischen Künstler und Publikum gestört. Oder sagen wir mal: volatil. Jedenfalls keine sichere Bank mehr.

Alles zum Thema Tanzbrunnen

Das war schon einmal so in Schneiders Karriere: 1994, nachdem er in „Wetten, dass..?“ das „Katzeklo“ besungen hatte, saßen plötzlich Menschen in seinen Konzerten, die keine Muße für seine Musik aufbrachten. Sondern „Katzeklo“ hören wollten und vielleicht noch ein paar Witze. Die bekamen dann halbstündige Klavierimprovisation zu hören. „Strafjazz“ nannte das Schneider. Anschließend zog er sich für eine längere Zeit von der Bühne zurück und wartete ab, bis sich der Hype gelegt hatte.

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Schneider mit Teekoch Bodo 

Auch nach dem Augsburger Eklat sagte Helge Schneider erstmal einige Konzerte ab, solche nämlich, die ebenfalls mit dem Strandkorb-Konzept operierten. Er hatte sich in eine unbequeme Lage gebracht. Querdenkern feierten ihn als Rebell – was er sich entschieden verbat. Andere schalten ihn unprofessionell, schließlich sei auch ein Künstler nur ein Dienstleister.

Doch wirft der Vorfall nicht auch ein interessantes Schlaglicht darauf, dass Helge Schneiders Kunst nun mal nicht im luftleeren Raum funktioniert? Dass man das immer gleiche Greatest-Hits-Programm abliefern kann, ohne sich in eine Feedback-Schleife mit seinem Publikum zu begeben, aber eben nicht frei über ein Thema variieren. Jedenfalls nicht so, dass man dabei möglichst viele Menschen mitnimmt.

Heute gute Laune

Im Tanzbrunnen gelingt das Schneider spielend, vielleicht genießt er es ja auch, dass sein alter Standard, sich nach der ersten Nummer zu verabschieden – „War schön mit euch, tschüss!“ – nun wieder an Wirkmacht gewonnen hat. „Ohne einen Ton gespielt zu haben und trotzdem Gage“, fantasiert er kurz. Aber dann sitzt er schon wieder am Klavier, jazzt mit Gitarrist Sandro Giampietro, singt einen Blues über den Papst, der nirgends hingehen kann, weil er überall erkannt wird und sich deshalb am liebst zu Hause von seiner Frau bekochen lässt, ruft Schlagzeuger Thomas Alkier während eines Drumsolos „verhedder‘ dich nicht“ zu, oder verkündet: „Heute hab’ ich gute Laune.“

Die hat sich da längst auf den Tanzbrunnen übertragen, auch auf die, die keine Sitzplätze unter Frei Ottos Zeltpilzen bekommen haben und nun fröhlich von Helge getriezt werden: „Regenschirm ist ein bisschen asozial“; „die Reichen sitzen unterm Dach, die Armen nicht“.

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Arm oder reich, nass oder trocken: An diesem Abend folgen sie ihm überall hin, ob er Vibraphon-Schlägel zum Blumenstrauß bindet („noch ein bisschen Schleierkraut drumrum“, krächzt Helge in seiner Oma-Stimme) oder kölsches Liedgut erfindet („de aale Frau vom Buttermarkt/ de ham se vollkommen abgenagt“). Selbst wenn Schneiders Improvisationen in Richtung Free Jazz gehen und seine Synapsen von Helene Fischers Babybauch zum alten Schulbuch „Die Welt der Zahlen“ springen, erntet er Gelächter. Auch als er einen Zuspätkommer anpampt: „Jetzt kannste Maske abnehmen und saufen und fressen.“

Die Humorfeindlichkeit des Virus nagt schon noch an ihm. Als eine Anspielung auf einen ARD-Krimi-Anwalt nicht zündet, schließt er: „Ihr guckt wohl alle kein Fernsehen mehr“ und fügt dann entwaffnend hinzu: „Ich mach’ nichts anders mehr.“

Löcher zwischen den Stühlen

In die Löcher zwischen den Stühlen fantasiert er sich Zuschauer hinein, „im Geiste sind die da“ und vom Weihnachtsmann, den er zur Zugabe bemüht, wünscht er sich, „dass eines Tages wieder jemand neben uns sitzen darf, jemand den wir nicht kennen, aber kennenlernen dürfen“.

Statt vom Nikolaus wird er am Ende nur von Teekoch Bodo im Teufelskostüm über die Bühne gejagt. Aber so einfach lässt er sich nicht austreiben, der alte Schalk.

Die einzig offene Getränkebude im Tanzbrunnen hatte übrigens während des Konzertes geschlossen. Man wollte wohl auf Nummer Sicher gehen.