NOFX, eine der einflussreichsten US-Punkbands, machte im Zuge ihrer Abschiedstour auch im Kölner Tanzbrunnen Halt.
Letztes Köln-Konzert von NOFXAlt-Punks tanzen „Timewarp“ und brauchen eine Pinkelpause
„Wenn ihr eure Kinder zu einer NOFX-Show mitnehmt, seid ihr schlechte Eltern!“ Das ist keine Ermahnung empörter Jugendschützer, sondern es sind die Worte von Michael „Fat Mike“ Burkett – Bassist und Frontmann der US-amerikanischen Band. Sehr viel Selbstironie gehören genauso zu ihren Markenzeichen, wie ihr Sound: Eine Mischung aus Punk, Hardcore und Ska, der ein ganzes Genre prägte.
Doch nun soll damit Schluss sein. In Köln spielte die Band am Sonntag (26. Mai) im Kölner Tanzbrunnen ihr letztes NRW-Konzert. NOFX sind auf großer Abschiedstour, die mit dem eindrucksvollen Titel „40 Years, 40 Cities, 40 Songs“ zumindest clever vermarktet ist. Diese Ansage wird allerdings nicht so wirklich eingehalten.
Zunächst formierte sich die Band 1983, also vor 41 Jahren in Los Angeles. Und in etwas mehr als eineinhalb Stunden haben NOFX vielleicht 34 Songs geschafft. Auch wenn der letzte Titel in Köln – „The Decline“, eine satirische Auseinandersetzung mit US-amerikanischen Werten, Politik, Waffengewalt und religiösen Rechten – mit 18 Minuten Spielzeit sicherlich mindestens für vier Songs zählt. Andererseits quetschen NOFX auch zwölf Songs in ein achtminütiges Medley.
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NOFX in Köln: Alt-Punks Ende 50 mit Teenager-Humor
Falsche Versprechungen? Mehr oder weniger. Eigentlich ist es genau das, was von den Kaliforniern zu erwarten war. NOFX gehören zu der Art von Künstlern, die sich selbst nicht zu ernst nehmen. Abseits von ihrer Musik – 15 Alben, 17 EPs und etliche Singles – sollte nichts auf die Goldwaage gelegt werden, was die Band macht oder sagt. Alles ist entweder Ironie oder Sarkasmus.
Fat Mike und seine Bandkollegen Eric Melvin, Aaron „El Hefe“ Abeyta (beide Gitarre) und Erik „Smelly“ Sandin (Schlagzeug) sind Ende 50 und Drogen und Alkohol haben Spuren hinterlassen. Ihr Alter macht sich aber nur optisch bemerkbar. Aus ihren Exzessen haben NOFX nie ein Geheimnis gemacht, sie haben sie sogar in ihrer Autobiografie namens „Hepatitis Bathtub“ ausführlich beschrieben. Umso beeindruckender ist es, dass die Band überhaupt noch lebt, geschweige denn ihre schnellen Punksongs so solide auf die Bühne bringen kann. Der schiefe Gesang von Fat Mike gehört dabei als Stilmittel dazu und ist weniger eine Verschleißerscheinung.
NOFX-Gitarrist kann wegen Bindehautentzündung keine Trompete spielen
Der Humor von NOFX ist dabei ebenfalls eher näher an dem eines pubertierenden Teenagers, als an dem eines älteren Mannes kurz vor der Rente. Nach dem Song „Bob“ erklärte etwa El Hefe, der inzwischen auch als Hollywood-Schauspieler tätig ist und deshalb ein paar Tage der Tour verpasste, dass er wegen einer Bindehautentzündung nicht wie sonst die Trompete in einigen Liedern spielen könne. Fat Mike erklärt, dass die Entzündung daher komme, dass er ihm vor einigen Nächten auf das Kopfkissen geschissen hätte.
Bloß zwei Momente lassen anmerken, dass die Band schon ein paar Jährchen länger unterwegs ist. NOFX betreten tanzend die Bühne, ohne Instrumente, zu „Time Warp“ aus „Rocky Horror Picture Show“. Für das Publikum, das im Schnitt etwa 40 Jahre alt sein dürfte, ein kultiger Flashback. Die Kinder und jüngeren Fans im Tanzbrunnen werden sich derweil fragen, was der Quatsch sein soll. Als NOFX eine Stunde gespielt haben, unterbrechen sie ihr Konzert nach „Linoleum“, einem ihrer größten und schnellsten Songs. Die Band benötigt fünf Minuten Pinkelpause. Eine Gelegenheit, die viele Fans ebenfalls dafür nutzen.
NOFX hatten ihren ersten Radio-Hit in Deutschland – oder auch nicht
Darauf folgen zwei weitere Hits, „Franco Un-American“ und dem Joe-Dassin-Cover „Les Champs-Elysees“, bevor Fat Mike das Wort ergreift. Er betont, dass es wirklich das letzte Konzert in Köln sei. Der Abschied sei ernst gemeint, die große Reunion wie bei anderen Bands gebe es nicht. NOFX seien dankbar für ihre Fans, zumal sie eine besondere Verbindung zu Deutschland hätten. Nicht nur, weil sie schon seit 1988 regelmäßig hier touren, sondern weil ihnen die deutschen Sender den ersten Radiohit ermöglichten. Es sei der vorletzte Song des Abends gewesen, „Kill All The White Men“.
Viel dürfte daran nicht stimmen. Egal. Der Humor und auch die Musik von NOFX mögen Geschmackssache sein, doch muss man ihnen zuschreiben, dass ihre vier Dekaden überspannende Karriere einen prägenden Einfluss auf die Musik hatte. Bands wie Green Day oder Blink-182 hätte es ohne NOFX und vermutlich nie gegeben. „Fat Wreck Chords“, das ebenso einflussreiche Punk-Plattenlabel von Fat Mike, ist dabei ebenfalls zu nennen, genauso wie das von ihm eröffnete „The Punk Rock Museum“ in Las Vegas.
Als mit den letzten Noten aus „The Decline“ das Konzert in Köln vorbei ist, neigt sich also auch ein kleines Stück Musikgeschichte dem Ende. Daher überrascht es wenig, dass die coole, selbstironische Punk-Attitüde von NOFX auch schwindet. Passenderweise ist das Wetter inzwischen auch von Sonnenschein zu Regen gewechselt. Fat Mike muss mit den Tränen kämpfen, während die Band den vermutlich letzten kölschen Jubel ihrer Karriere aufsaugt.