In seinem neuen Bühnenprogramm blickt der Filmmusiker und Liedermacher auf sein Leben zurück - und erzählt damit auch ein Stück deutscher Filmgeschichte.
Liedermacher Konstantin Wecker in der Philharmonie„Meine Lieder waren immer schon klüger als ich“
„Als junger Mann war ich ein ziemlich blöder Macho“, gibt Konstantin Wecker gleich zu Beginn des Abends auf der Bühne der Kölner Philharmonie zu. Während so mancher Mann in seinem Alter heute öffentlichkeitswirksam den alten Zeiten des Showgeschäfts nachtrauert, schlägt Konstantin Wecker einen anderen Weg ein. Es habe Jahre gedauert, doch großartige Frauen hätten ihn belehrt, sodass aus ihm im Alter noch ein bekennender Feminist geworden sei, so der 77-Jährige.
In seiner langen Karriere - die er in den 70ern als Darsteller von Softpornos begann - hat Wecker immer wieder für Film und Fernsehen geschauspielert und vor allem komponiert. Sein neues Bühnenprogramm, das er nun erstmals in Köln präsentierte, ist ein musikalischer Rückblick auf sein Leben.
Während er früher oft gemeinsam mit großen Orchestern aufgetreten ist, steht Wecker diesmal mit seiner nur vierköpfigen Band auf der Bühne. Und die hat alle Hände voll zu tun. So wechselt etwa Norbert Nagel, der mit jazzartigen Solos immer wieder heraussticht, ständig zwischen Saxophon und Klarinette. Die russische Opernsängerin Elmira Karakhanova begleitete das Ensemble stimmlich. Weckers Sound ist schwer in Schubladen zu stecken. Er bedient sich bei den unterschiedlichsten Genres und mischt sie völlig selbstverständlich. Seine instrumentalen Filmmusiken bauen hauptsächlich auf eher klassischen Klängen auf, in seine eigenen Lieder mischen sich Jazz-, Rock- und Popelemente.
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Zusammenarbeit mit Helmut Dietl
„Meine Melodien fallen mir immer zu wie Geschenke“, sagt der Musiker. Seine wohl bekanntesten Melodien sind die für die Fernsehserie „Kir Royal“ und später für die Satire „Schtonk“ über den Skandal um die gefälschten Hitler-Tagebücher - beide unter der Regie von Helmut Dietl, den er, wie Wecker sich auf der Bühne erinnert, beim Auszug aus seiner damaligen Wohnung in Schwabing im Hausflur kennenlernte. Die Arbeit für Dietl sei nicht immer einfach gewesen, fand dieser doch keinen seiner Vorschläge lustig. Die finale Melodie sei ihm dann in einer Nacht kurz vor der Abgabe gekommen, er habe sie Dietl noch in der Nacht am Telefon vorgepfiffen - und dem gefiel sie zum Glück.
Dass seine Musik aber immer auch schon politisch war und nach wie vor ist, zeigt dieser Abend sehr deutlich. Bereits 1982 komponierte Wecker nicht nur die Musik für den Film „Die Weiße Rose“ von Michael Verhoeven, sondern vertonte auch einen eigenen Text, den er den Mitgliedern der Widerstandsbewegung widmete. „Es ist ein mutiger und erfolgreicher Film, der für mich persönlich auch heute noch eine große Bedeutung hat“, sagt Konstantin Wecker im Rückblick. Die Aktualität des Themas Widerstand sei ungebrochen, betont er, bevor die Band erst die Filmmusik und anschließend gemeinsam mit ihm sein eigenes Lied spielt. Darin singt Wecker an die Geschwister Scholl gerichtet: „Ihr habt geschrien, wo alle schwiegen – es ging ums Tun und nicht ums Siegen!“
Pazifistische Botschaften ziehen sich durch alle Lieder
Pazifistische Botschaften ziehen sich durch fast all seine poetischen und gesellschaftskritischen Liedtexte, die er mal mehr singend, mal mehr sprechend vorträgt. Der Liedermacher bezeichnet sich selbst an diesem Abend als „alten Anarcho“. Er werde nicht aufhören, von einer herrschaftsfreien Welt ohne Krieg und Faschismus zu träumen. „Wir alle müssen die Welt wieder menschlicher machen“, appelliert er an das Publikum und erntet dafür langen Applaus.
In dieser dreistündigen Reise durch sein Leben, spricht Konstantin Wecker auch offen über eine weniger schöne Zeit: in den 90er-Jahren wurde er wegen unerlaubten Drogenbesitzes verurteilt und geriet damit in die Schlagzeilen. „Das war auch richtig so, denn ich war schwer drogensüchtig“, sagt er, bevor er sein Lied „Kokain“ anstimmt. Das habe er vor seiner Verhaftung oft und gerne gespielt. Heute sieht er in den Zeilen einen stillen Hilferuf: „Meine Lieder waren einfach immer schon klüger als ich.“