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Streit bei „Maischberger“„Unerträglich“ – Merz und Heil geraten heftig aneinander

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Merz Heil Maischberger 1

Sandra Maischberger (l.) diskutiert mit Hubertus Heil (M.) und Friedrich Merz

Bei „Maischberger. Die Woche“ waren vier Tage vor der Bundestagwahl Hubertus Heil (SPD) und Friedrich Merz (CDU) zu Gast. Die beiden Spitzenpolitiker lieferten sich einen Schlagabtausch über Sozialsysteme und Steuerpolitik. Neben den Vertretern der beiden Volksparteien waren Schauspieler Hannes Jaenicke, Journalistin Eva Schulz, Virologe Hendrik Streeck und „Focus“-Kolumnist Jan Fleischhauer zu Gast.

Auf Maischbergers „Wahlduell der Woche“ zwischen Merz und Heil stimmt Grünen-Mitglied Jaenicke ein und spricht von der „Dreckschleuder“, die im Wahlkampf nun angeworfen worden sei. Er sieht wie andere Gäste auch Olaf Scholz als Gewinner der Trielle und meint, Scholz habe sich ganz gut geschlagen. Die Vorwürfe bei den Themen Cum Ex oder Wirecard hätten ihm nicht wirklich geschadet, da sie zum einen sehr komplex seien und Scholz alles an sich abperlen lasse. „Ein Skandal, den man nicht in einem Satz erklären kann, der ist in der politischen Welt kein Skandal“ erklärt Kolumnist Fleischhauer das.

Streit zwischen Merz und Heil über Soli-Abschaffung

Maischberger startet die Kontroverse mit Armin Laschets Strauß-Zitat vom CSU-Parteitag. „In all den Entscheidungen der Nachkriegsgeschichte standen Sozialdemokraten immer auf der falschen Seite“, hatte Laschet gesagt. Historisch würde das stimmen, behauptet Merz. Die SPD sei gegen die Westintegration, gegen die Marktwirtschaft und gegen die Nato gewesen. Heil wiegelt ab: „Die Sozialdemokratie hat eine stolze Geschichte, und die lässt sie sich von Ihnen auch nicht kaputtreden“, entgegnet er. Er würde Merz auch nicht die Nazis in der CDU aufs Butterbrot schmieren.

Alles zum Thema Angela Merkel

Als es um den Solidaritätszuschlags geht, wird es hitzig. Merz möchte diesen abschaffen, das sei eine Frage des Anstands gegenüber den Steuerzahlern, weil man es bei dessen Einführung versprochen habe. Heil möchte dagegen für eine Übergangszeit einen angepassten Soli beibehalten, der nur noch Besserverdienende zahlen lässt. Es gehe aber vor allem um eine Umgestaltung des Einkommenssteuertarifs, so dass Vermögende künftig mehr zahlen. „Sie und ich, wir brauchen keine Steuersenkungen, Herr Merz“, meint Heil. „Dann müssen Sie parlamentarische Mehrheiten organisieren, um den Steuertarif zu ändern“, versucht Merz zu kontern. „Am Sonntag“, lässt sich Heil diesen Punkt mit Blick auf den Wahltag nicht entgehen.

„Dass sie Probleme mit Frau Merkel haben, ist allgemein bekannt“

Merz geriert sich weiter als Verteidiger der Vermögenden, die ja schließlich auch die Hauptlast der Steuern trügen und so die Basis des Gemeinwesens seien. Sie würden jetzt bereits überproportional beitragen. „Sie unterschlagen hier etwas“, korrigiert Heil. Die eigentlichen „Lastesel der Nation“ seien wegen der Sozialversicherungsbeiträge die unteren und mittleren Einkommen. Er wolle die arbeitende Mitte entlasten, die Menschen, „die den Laden täglich am Laufen halten“. Er verwahre sich gegen Klientelpolitik.

Merz und Heil Maischberger

Hubertus Heil (r.) und Friedrich Merz

Beim Blick zurück werden die beiden Spitzenpolitiker persönlich. Merz wirft der SPD Wortbruch vor, er spricht von unredlichem Vorgehen des Steuergesetzgebers. Allerdings hatte seine eigene Partei unter Führung von Angela Merkel dem Kompromiss mit den Sozialdemokraten zugestimmt, der das Weiterbestehen des Solis für die hohen Einkommensgruppen beschloss. „Dass sie Probleme mit Frau Merkel haben, ist allgemein bekannt“, verlässt Heil die sachliche Ebene. „Herr Heil, sie begeben sich jetzt auf ein Niveau, das ist wirklich inakzeptabel“, ist Merz leicht fassungslos. „Also mit dem Mann ist es wirklich furchtbar“, stöhnt er später auf, als es weiter um eine höhere Besteuerung der laut Heil 400.000 Vermögenden geht. Heil kontert: „Nicht so von oben herab, Herr Merz“.

Eine besonders gemeine Spitze setzt Heil beim Thema Mindestlohn: „Lieber Herr Merz, ich will Ihnen nicht vorwerfen, dass Sie keine Regierungserfahrung haben, aber ich bin Bundesarbeitsminister und... “ „Also tun Sie's doch“ ist Merz eingeschnappt. Auf diesem Niveau geht es bis zum Ende weiter: Heil präsentiert sich staatstragend, der CDU-Wirtschaftsexperte angriffslustig, kann aber nicht wirklich punkten.

Kontroverse über Tat von Idar-Oberstein

Sogar bei Maischbergers Abschlussfrage nach der Bluttat von Idar-Oberstein und der mutmaßlichen Verankerung des Täters im „Querdenker“-Milieu kommt es zum Streit. Merz sagt, er sympathisiere überhaupt nicht mit dieser Szene. Allerdings gebe es auch eine Corona-Regel-Müdigkeit in weiten Teilen der Bevölkerung. Heil sagt, er sei „wirklich entsetzt, weil ich dachte, wir hätten zumindest da einen Konsens“. Er erwarte klarere Worte von seinem Gegenüber. Dieser fühlt sich von Heil missverstanden und findet seine Argumentation „ziemlich unerträglich“.

Sandra Maischberger bricht das völlig aus dem Ruder laufende Gespräch ab. „Sehr unangenehme Diskussion mit diesem Mann“, findet Merz und ist kurz davor, aus dem Anzug zu fahren.