Köln – Ravels G-Dur-Klavierkonzert gehört zu Hélène Grimauds Leib- und Magenstücken, sie hat es zigfach im Konzert gespielt und auch auf CD verewigt. Stellt sich darüber die lässig-abgespannte Routine des „Spiel’s noch einmal“ ein? Keineswegs, wie die Zuhörer des Meisterkonzerts in der Kölner Philharmonie mit den Bamberger Symphonikern unter Jakub Hrusa jetzt feststellen konnten.
Routine ist hier ja auch nicht generell zu verachten – jedenfalls dann nicht, wenn sie fabelhafte technische Souveränität, allzeit wachen Überblick über die komplexe kaleidoskopische Bauart des Soloparts und die Fähigkeit einschließt, die heikle Interaktion mit den Orchestersoli wirklich zum Ereignis zu machen. Ravel hat die Niederschrift bekanntlich viel Mühe gemacht – was man dem luziden Humor des mit Jazz, à l’espagnole-Appeal und Arabischem angereichertem Werk nicht anmerkt. Und der Interpretation nicht anmerken sollte.
Grimaud spielte die Ecksätze mit motorischem Drive und jener bemerkenswerten Grandezza, die die Melodien wie mit Zauberhand aus einem flirrenden Stimmengeflecht herausholt. Schön in seiner Entrückung geriet zumal der Mittelsatz mit seinem nicht enden wollenden Gesangsbogen und den hinterhältigen rhythmischen Verschiebungen zwischen Diskant und Walzer-Bass. Das „Nachklappern“ der Stimmen – bei Grimaud war es kein verzichtbarer Manierismus, sondern bezeichnete suggestiv jene Drift hin zur Schwerelosigkeit, die die Substanz dieser Musik ausmacht.
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Die Zugabe – der wiederholte dritte Satz – fetzte dann noch mal so richtig. Allerdings: Den in der klanglichen Performance an sich großartigen Bambergern fehlte der letzte Gran jener Leichtigkeit, jener eben typisch französischen Brillanz, die die Darstellung erst zum echten Feuerwerk macht. Wie das im besten Fall klappen kann, lässt sich im Internet nachvollziehen: an Grimauds Aufführung des Konzerts mit dem Chamber Orchestra of Europe unter Vladimir Jurowski.
War der Ravel für die Solistin (die noch mit einem inspirierten Rachmaninow als Solo-Zugabe aufwartete) ein Heimspiel, so Smetanas Zyklus „Mein Vaterland“ für diese Formation und ihren aus Mähren stammenden Chefdirigenten. Tatsächlich ist hier nicht französische Eleganz gefordert, sondern der kernige Bläserklang, die schwellend-melancholische Geigenkantilene, der herzlich intonierte Sound der tschechischen Volksmusik. Diesbezüglich bringen die Bamberger schon von ihrer Geschichte her die besten Voraussetzungen mit.
Ohne „Tábor“ und „Blaník“
Smetanas legendärer Zyklus erklang in einer Frühfassung, also noch ohne „Tábor“ und „Blaník“, aber selbstverständlich mit der unvergänglichen „Moldau“ an zweiter Stelle. Hrusa entfaltete sie als farbiges Erzählpanorama mit immer wieder subtil gestalteten Übergängen. „Sárka“ – die blutrünstige Geschichte eines Amazonenmassakers – erfuhr dann, vom Dirigenten mit großer Energie in Szene gesetzt, die angemessen dialogisch-dramatische Zuspitzung.
Mit zwei von Dvoráks Slawischen Tänzen als Zugaben blieben die Gäste auf diesem Terrain. Dass da im Überschwang schon mal die Feinkoordination auf der Strecke blieb – der hochanimierte Kehraus konnte es vergessen machen.