Köln – Größer könnte der Kontrast kaum sein. Das Piccadilly Theatre in London ist ein Traum in Rot. Plüsch, Samt, Kronleuchter und unzählige Lichter verwandeln den Saal in den legendären Pariser Nachtclub Moulin Rouge, in dem der Alltag weit weg scheint. Hinter den Kulissen ist von all dem Glamour nichts zu sehen. Verwinkelt ist der Weg von der Bühne, es herrscht Enge in den Räumen, in denen sich die Darstellerinnen und Darsteller des Musicals „Moulin Rouge“ auf ihren Auftritt vorbereiten.
Von knallenden Champagnerkorken, Flirts und guter Laune ist man hier weit entfernt. Es herrscht immenser Zeitdruck. Doch davon darf das Publikum natürlich nichts mitbekommen. In jeder Vorstellung kommen 200 Kostüme zum Einsatz, 14 allein trägt die weibliche Hauptfigur Satine, für alle Cast-Mitglieder müssen 500 Outfits einsatzbereit sein.
Nur wenige Sekunden für die Kostümwechsel
Manchmal bleiben für Kostümwechsel nur wenige Sekunden, da muss jeder Handgriff sitzen. Neben den Darstellern und den Musikern, die während der Vorstellung in einem kleinen Raum spielen, sind rund 250 Mitarbeiter in London im Einsatz, um die perfekte Illusion zu erwecken, sagt Stage Manager Graham Hookham. Überall stehen Perücken und weitere Accessoires.
Die perfekte Illusion, eine in rotes Licht getauchte Flucht aus der Realität soll „Moulin Rouge“ ab Oktober auch in Köln liefern. Im Moment laufen die Arbeiten im Musical Dome auf Hochtouren. Rund 20 Millionen Euro investiert Mehr-BB Entertainment, das den Musical Dome betreibt, in die bisher wohl aufwendigste Bühnenproduktion, die in Köln je zu sehen war.
Zu den Investitionen gehören nicht nur der Einbau einer komplett neuen Bühnentechnik und die Umwandlung des Zuschauerraums, sondern auch eine Rundum-Modernisierung des Foyers und die Neugestaltung des Haupteingangs.
Wenn es um Musical-Spielstätten in Deutschland geht, spielt Köln bisher nicht in der ersten Liga mit. Das soll sich mit „Moulin Rouge“ ändern. Damit ein Musical über viele Jahre erfolgreich ist, muss es möglichst viele Menschen ansprechen. Der Adaption von Baz Luhrmanns Drama aus dem Jahr 2001 traut man dieses Kunststück zu.
Die tragische Geschichte von Satine und Christian
Wie der Film erzählt auch die Musical-Fassung die Geschichte von Satine und Christian. Er ist ein mittelloser Schriftsteller, der um die Wende zum 20. Jahrhundert nach Paris kommt, um ein freies Künstlerleben zu führen. Im Moulin Rouge trifft er auf die bezaubernde Satine, der funkelnde Diamant des Nachtclubs. Bei ihrem Anblick ist es um ihn geschehen. Doch Satine soll nach dem Willen des Clubbesitzers Harold Zidler den reichen Duke of Monroth bezirzen, denn dieser allein kann das angeschlagene Etablissement retten. Für wahre Liebe ist da kein Platz.
Zwei Liebende, die ihre Liebe nicht leben können, das verspricht jede Menge Herzschmerz. Und den garantiert „Moulin Rouge“. Doch selten kam dieser so hemmungslos überbordend daher. So schön kann Liebeskummer sein.
Ein musikalisches Feuerwerk
Musikalisch fackeln die Macher des 2018 uraufgeführten Musicals, das mit zahlreichen Tony-Awards ausgezeichnet wurde, ebenfalls ein Feuerwerk ab. Wie auch der Film macht sich die Bühnenfassung auf eine rasante Zeitreise durch die Geschichte der Popmusik. Unglaubliche 75 Songs von 165 Komponisten sind an diesem Abend zu hören. Wer so viele Stücke in einer Show unterbringen möchte, muss sie in Medleys geschickt verweben. Und so entstehen schon fast wieder neue Songs.
Die Vorstellungen sind dienstags und mittwochs um 19.30 Uhr, donnerstags und freitags um 20 Uhr, samstags um 15 und 20 Uhr, sonntags um 14.30 und 19.30 Uhr.
Neben Stücken wie „Your Song“ von Elton John, „Roxanne“ oder „Lady Marmelade“, die schon im Film zu hören waren, werden auch die seither vergangenen 20 Jahre bestens abgebildet. Ob Adele, Katy Perry, Rihanna oder Beyoncé, kaum ein Hit darf fehlen. Und auch, wer lieber die Beatles, Elvis Presley oder Madonna mag, wird nicht enttäuscht. Wirklich erstaunlich ist, dass die Songs trotz ihrer Überzahl nicht wahllos aneinandergereiht wirken.
In der deutschen Fassung des Musicals, die die erste nicht-englischsprachige sein wird, müssen die beiden Hauptdarsteller Sophie Berner und Riccardo Greco zudem noch die Herausforderung meistern, dass einige Lieder zumindest teilweise ins Deutsche übersetzt wurden. Das soll die Anschlussfähigkeit fürs deutsche Publikum erhöhen.
Zweimal haben die beiden die Show in London schon gesehen und genau darauf geachtet, wie die Kollegen in England ihre Rollen interpretieren. Für Sophie Berner, die in München aufwuchs und nun in Berlin lebt, ist es das erste Engagement in Köln. „Satine ist so eine faszinierende, starke Frauenrolle mit Ecken und Kanten und einem Herz für die Bühne. Ich kann es kaum erwarten, diese Figur weiter zu erarbeiten und mit all ihren Facetten auch in mir zu entdecken“, sagt sie.
Ab Oktober werden die beiden gemeinsam mit den anderen Darstellern dann im Musical Dome zu sehen sein. Der wird dann vielleicht noch außen verlässlich blau leuchten – innen aber wird er ebenso rot und pompös erscheinen wie das Moulin Rouge in Paris. Und ein bisschen französisches Flair kann doch gerade im Winter in Köln ganz sicher nicht schaden.