Peter Busmann entwarf gemeinsam mit Godfrid Haberer das Museum Ludwig und die Philharmonie. An diesem Montag wird der Kölner Architekt, für den das Bauen immer auch Heilen war, 90 Jahre alt.
Peter BusmannDer Schöpfer der schönsten Welle am Rhein wird 90
Peter Busmann erzählt gerne, wie es ihn nach Köln verschlug – es ist ja auch eine schöne Geschichte, zumal, wenn man, wie Busmann, an besondere Fügungen im Leben glaubt. Auf Stellensuche war der diplomierte Jungarchitekt am Kölner Hauptbahnhof gestrandet, mit vier Stunden Aufenthalt zum Anschlusszug. Die Wartezeit nutzte er, um sich, ohne Termin, im Architekturbüro Schulze und Hesse vorzustellen. Zufällig waren beide Chefs da. Nach kurzem Gespräch war er engagiert.
Im Herzen Kölns schuf Busmann eine städtebauliche Dreifaltigkeit
Die besondere Fügung dieser Anstellung zeigte sich, als Peter Busmann (gemeinsam mit Godfrid Haberer) in Köln seine Hauptwerke schuf – das Museum Ludwig, von dem Kasper König immer stolz behauptete, es sei das einzige Museum von Weltrang mit eigenem Gleisanschluss, sowie, gleichsam aus dessen Rippe geschaffen, die Philharmonie. Als Busmann auf seinen Anschlusszug gewartet hatte, klaffte neben Hauptbahnhof und Dom noch die urbane Wunde einer Busstation. Busmanns Pflaster schuf eine neue ikonische Nachbarschaft, eine städtebauliche Dreifaltigkeit aus Religion, Kunst und Verkehrsportal, in der er ganz nebenbei seine Idee einer „heilenden“ Architektur verwirklichte.
Den Wiederaufbau der deutschen Nachkriegsstädte verglich Busmann einmal mit einem „gezähmten Krieg“, der ähnliche Zerstörungen hinterlassen habe wie die Bombennächte. Als zugelaufener Kölner wusste er aus täglichem Erleben, wovon er sprach, und redete, im Anschluss an den großen Kölner Baumeister Rudolf Schwarz, einer armen Architektur das Wort, die aus vorhandenen Ressourcen schöpft und im Zweifelsfall die einfachste als die beste Lösung wählt. Lediglich zehn Sekunden hätten er und Haberer für die Idee zum Doppelmuseum gebraucht, so Busmann, zehn Tage für den Wettbewerbsbeitrag – und dann zehn Jahre für Planung und Bau. Es war jeweils gut angelegte Zeit, zumal die Stadt unterhalb des Museums zunächst eine Mehrzweckhalle vorgesehen hatte. Erst die Architekten, beide passionierte Musiker, brachten den Gedanken einer Philharmonie ins Spiel.
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Im Licht sieht Peter Busmann einen wesentlichen Baustoff
In ihrem Entwurf griffen Busmann und Haberer auf Erprobtes und Bewährtes zurück. Sie schufen eine städtebauliche Verbindung zwischen Dom und Rhein, gaben der Philharmonie die Form eines antiken Amphitheaters (in der Kölner Musikhochschule, an der Busmann als Teil des Bauturm-Kollektivs beteiligt war, wurde dies bereits im Kleinen ausgearbeitet) und sie verliehen dem Museum eine markante Sägezahn-Silhouette aus Sheddächern, wie man es sonst von Fabrikhallen kennt. Diese Bauform sorgt für gleichmäßigen Lichteinfall, eine Lieblingsidee von Busmann, für den das Licht der billigste und wichtigste Baustoff ist. Gleichzeitig gaben die Architekten ihren funktionalen Sheddächern einen kleinen kunstsinnigen Schubs, der das gesamte Gebäude, vom Rhein aus gesehen, beinahe wie eine Hokusai-Welle schäumen lässt - ein Museum ist schließlich keine Industrieanlage.
Geboren wurde Peter Busmann am 17. Juli 1933 in Hannover, 1958 wurde er in Karlsruhe von Egon Eiermann, einem der wichtigsten Architekten der deutschen Nachkriegsmoderne, diplomiert. Vier Jahre später machte er sich mit dem Bau des Brühler Max-Ernst-Gymnasiums selbstständig – dass ihm dieser Sprung mit einem Schulgebäude gelang, zählt Busmann ebenfalls zu den besonders Fügungen seines Lebens. In seiner Dankesrede bei der Aufnahme in den Orden Pour le Merité machte er seine Freude über die Zerstörung seiner Schule im Weltkrieg für seinen späteren Berufswunsch verantwortlich. Seine Aufbauarbeit war Buße für die vor den Trümmern empfundene Glückseligkeit.
Schulen zu bauen, die mehr sind als Verwahranstalten, wurde zu einer Lebensaufgabe Peter Busmanns – in Deutschland wie in Ländern der „Dritten Welt“. Vor allem in Lateinamerika engagierte sich Busmann, seine soziale Ader bescherte aber auch einer Kölner Obdachloseninitiative von ihm gestaltete Räume. Seine zahlreichen Ehrungen verdankt er gleichwohl prominenteren Werken, etwa dem Jakob-Kaiser-Haus des Bundestages oder der als Ort einer brüchigen Erinnerung konzipierten Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal.
Gemeinsam mit Haberer baute Busmann in ganz Deutschland, häufig bezogen sie Künstler in ihre Arbeit ein; die bekannteste Frucht einer solchen Zusammenarbeit ist Ma’alot, der von Dani Karavan gestaltete Vorplatz des Museums Ludwig. Seiner Wahlheimat blieb Busmann auch dann noch kritisch verbunden, als er die Geschäfte anderen überließ. Die lokale Verwaltung verglich er gerne mit einem Schneider, „dessen Nadel keinen Faden hinter sich herzieht“, und den Entwurf für das Jüdische Museum fand er derart fehl am Platz, dass er einen Gegenplan präsentierte. Auf diesem bleibt der Rathausvorplatz unbebaut.
Den Kölner Hauptbahnhof prägen zwei weitere Arbeiten aus Peter Busmanns Architekturbüro: das ungeliebte Kommerz-Hotel und das allzu leicht übersehene Stahldach über der rheinseitigen Gleisharfe. Hier durfte Busmann mit der Unterstützung des Ingenieurs Stefan Polónyi buchstäblich mit Licht bauen – die filigrane Konstruktion nimmt den Schwung des riesigen Hauptgebäudes auf und zerlegt die transparente Überdachung elegant in einzelne Komponenten. Allerdings konnte auch Busmann die ein- und ausfahrenden Züge nicht dazu bewegen, schöner auf den Gleisen zu musizieren.
Die Musikalität, die der Architekt neben der Heilung in seinen Bauten suchte, findet sich zum Glück gleich nebenan. So fügt sich eben alles. An diesem Montag wird Peter Busmann 90 Jahre alt.