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Peter Kloeppels Abschied von „RTL aktuell“„Albträume werden mich wahrscheinlich noch eine Zeit lang beschäftigen“

Lesezeit 8 Minuten
Peter Kloeppel steht in einem dunklen Anzug vor einer blauen Wand

Peter Kloeppel

Am Freitag moderierte Peter Kloeppel nach mehr als 30 Jahren ein letztes Mal „RTL Aktuell“. Im Interview blickt er auf seine lange Karriere zurück.

Herr Kloeppel, Sie haben seit 30 Jahren Albträume von Moderationspannen. Hat sich das gebessert, seitdem Sie entschieden haben, aufzuhören?

Nein, ich hatte neulich wieder einen Albtraum, in dem ich zu spät kam und irgendwas im Studio nicht funktionierte. Die Albträume werden mich wahrscheinlich noch eine Zeit lang beschäftigen, aber ich kann inzwischen gut damit umgehen. Was die Ursachenforschung angeht, versuche ich es mal mit dieser Erklärung: Ich konzentriere mich bei der Arbeit immer sehr darauf, pünktlich, gut vorbereitet und präzise zu sein. Und mein Unterbewusstsein sagt dann in meinen Träumen: „Das bist du aber nicht immer. Und jetzt zeige ich dir mal, wie das aussieht, wenn es nicht der Fall ist, wenn du die Blätter vergisst, die Zähne nicht drin hast, keine Hose anhast. Wir spielen jetzt mal alles durch.“

„Wenn ich Nachrichtenmoderator werde, will ich der Beste sein“, haben Sie mal über Ihre Einstellung gesagt. Ist Ihnen das gelungen?

Manchmal war ich der Beste, aber nicht immer. Ich strenge mich jeden Tag aufs Neue an und kann dann gemeinsam mit dem Team am Abend nach der Sendung feststellen, ob es gut gelungen ist oder nicht so gut. Es gab Tage, an denen ich das Gefühl hatte, wir waren als Nachrichtensendung wirklich gut, es ist aber beileibe nicht an jedem Tag so.

Es gab Tage, an denen ich das Gefühl hatte, wir waren als Nachrichtensendung wirklich gut, es ist aber beileibe nicht an jedem Tag so
Peter Kloeppel

An welchem Tag waren Sie wirklich der Beste?

Die Zuschauerinnen und Zuschauer sprechen mich auch heute noch auf unsere Berichterstattung am 11. September 2001 an. Da haben wir sehr angemessen berichtet und ich habe das geleistet, was ich mir selbst immer für solche Momente vorgenommen habe: unter extremen Bedingungen ruhig und gefasst moderieren, bewerten, einordnen, an der einen oder anderen Stelle auch mal zu schweigen, die richtigen Fragen zu stellen, Gäste angemessen zu befragen und in die Tiefe zu gehen.

Die Berichterstattung vom 11. September ist der Fernsehmoment, der mit Ihnen verbunden wird. Ist es auch für Sie der Fernsehmoment Ihrer Karriere?

Dieser „Moment“ war ja in Wirklichkeit eine lange Strecke, eine siebeneinhalb Stunden lange Livesendung, die wir so natürlich niemals geplant hatten, weil Unfassbares passierte. Insofern war es außergewöhnlich. Es gab aber immer wieder mal Sendungen davor und danach, bei denen ich emotional an meine Grenzen gestoßen bin.

Welche Sendungen waren das?

Auch wenn die Ereignisse nicht wirklich vergleichbar sind: Bei unserer ebenfalls mehrstündigen Livesendung über die Beerdigung von Prinzessin Diana war ich phasenweise sehr nah am Wasser gebaut, aber habe es Gott sei Dank noch im Griff gehabt. Es gab andere Sendungen, bei denen ich auch durch die Nähe des Ereignisses sehr betroffen war, etwa der Anschlag auf dem Breitscheidplatz in Berlin. Wenn man im Studio sitzt und versucht, den Zuschauern und Zuschauerinnen die Dimension eines solchen Terroraktes zu vermitteln, fällt das nicht leicht. Bei Breaking-News-Situationen muss ich alles aus mir herausholen, was ich als Moderator gelernt habe und was ich an Lebenserfahrung mitbringe.

Sind das die Momente, die Sie nicht vermissen werden?

Ja, ich muss bei Breaking News nicht mehr das Gefühl haben, sofort ins Studio zu müssen. Das ist etwas, was mir möglicherweise sogar fehlen wird (lacht). Aber ich bin jetzt in der Rückschau auch erleichtert, dass ich meinen Teil dazu beitragen konnte, dass RTL in solchen Situationen vernünftig aufgestellt war. Und jetzt weiß ich, dass andere übernehmen und es genauso gut machen werden, wahrscheinlich sogar besser.

Was war denn eigentlich ausschlaggebend für Ihre Entscheidung, aufzuhören?

Mein Alter. Ich werde im Oktober 66. Das ist der Eintritt ins gesetzliche Rentenalter. Ich bin seit 40 Jahren Journalist, habe 32 Jahre lang diese Nachrichtensendung mitgestaltet, was mir eine Riesenfreude bereitet hat. Jetzt beginnt das dritte Drittel meines Lebens, und das muss nicht im Studio stattfinden, sondern bei besserem Wetter, mit anderen Aktivitäten.

Wie wollen Sie die gewonnene Zeit nutzen?

Ich durfte in den vergangenen zwei, drei Jahren schon üben. Ich habe meine Arbeitszeit bereits auf die Hälfte reduziert und bin viel in den USA gewesen bei meiner Frau und unserer Tochter, die in New York lebt. Ich treibe viel Sport, bin mit meiner Frau unterwegs, habe neue Freunde gefunden. Wir lassen es uns einfach so gut gehen, wie es einem geht, wenn man keine Verpflichtungen hat.

Ich führe ein sehr normales Leben in Deutschland. Ich kann wie alle anderen Menschen in die Stadt gehen und ungestört einkaufen
Peter Kloeppel

Ab und zu werden Sie aber noch Projekte wie die Investigativ-Reihe „Durchleuchtet“ drehen. Haben Sie dann doch Angst vor zu viel Ruhe oder Langeweile?

Nein, langweilig ist mir nie! Was „Durchleuchtet“ angeht: Wir haben uns in den letzten Jahren in der Redaktion immer wieder mit der Frage beschäftigt, wie wir bestimmte Themen noch genauer unter die Lupe nehmen können und haben daraus diese Sendungsidee entwickelt. Das werden wir fortsetzen. Und ich werde auch bei unserer US-Wahlsendung Anfang November dabei sein und versuchen, das ein oder andere zu erklären, was man an diesem Wahlabend erleben wird.

Sie hören nicht allein auf bei „RTL Aktuell“. Warum war für Sie und Ulrike von der Groeben klar, dass Sie sich gemeinsam verabschieden wollen?

Das hat sich so ergeben. Ulrike ist seit mehr als 35 Jahren Moderatorin bei „RTL aktuell“, und damit noch etwas länger als ich. Wir haben immer mal wieder darüber gesprochen, wie lange wir noch gemeinsam diesen Job machen. Irgendwann stand fest: Warum nicht gemeinsam 2024 aufhören? Dann haben wir nicht lange auf den Kalender blicken müssen, sondern uns einfach für August entschieden.

Sie wollen künftig größtenteils in den USA leben, sagten dazu: „Dort kennen sie mich nur als Peter aus Deutschland, nicht als Fernsehmensch.“ Stört es Sie, in Deutschland regelmäßig erkannt zu werden?

Nein, ich führe ein sehr normales Leben in Deutschland. Ich kann wie alle anderen Menschen in die Stadt gehen und ungestört einkaufen. Wenn es Reaktionen gibt, sind die zu 99,9 Prozent freundlich. Das werde ich eher vermissen, wenn ich nicht mehr hier bin und nicht mehr moderiere. Es ist aber auch nicht schlimm, dass mein Fernsehleben mit allen Nebenerscheinungen zu Ende geht. Ich habe eine wichtige Phase in meinem Leben hinter mich gebracht und jetzt beginnt eine neue Phase. Dass ich dann als Mensch Kloeppel wahrgenommen werde und nicht als Moderator, freut mich, weil ich dann auch ganz andere Freundschaften finden und pflegen kann.

Wenn wir nochmal auf den Moderator Kloeppel zurückblicken: Wie haben Sie trotz sich wiederholender Vorgänge dafür gesorgt, dass Ihnen nach mehr als 30 Jahren und 5000 Sendungen nicht langweilig geworden ist im Job?

Es stimmt, manches wiederholt sich. Bundestagswahlen kommen alle vier Jahre, TV-Duelle auch. Haushaltsdebatten gibt es einmal im Jahr, Koalitionskrisen mehrfach. Es wird einem aber ganz besonders dann nicht langweilig, wenn man die Ereignisse jedes Mal als etwas Neues und Wichtiges wahrnimmt. Wenn die Menschen sagen: „Das habe ich jetzt oft genug gehört“, ist es unsere Aufgabe, die Relevanz der Entwicklungen deutlich zu machen.

AfD-Vertreterinnen und -Vertreter machen in Interviews oft bewusst irreführende, wenn nicht gar falsche Aussagen ‒ die gilt es zu widerlegen
Peter Kloeppel

Die politische Berichterstattung wurde nicht einfacher, seitdem es die AfD gibt und sie erstarkt ist. Wie hat das Ihre Arbeit beeinflusst?

Die Entwicklung von einem Drei-Parteien-System zu einem mit sieben Parteien, die alle eine Chance haben in den Bundestag einzuziehen, habe ich als Wähler und Nachrichtenjournalist intensiv miterlebt. Angesichts der Fragmentierung der politischen Landschaft müssen wir uns immer wieder aufs Neue und immer öfter fragen: Wie gehen wir mit dieser Situation um? Wem widmen wir wieviel Zeit in der Berichterstattung? Welche Themen sind unseren Zuschauern wichtig? Welche Stellungnahme verdient es, gesendet zu werden?

Mit Blick auf die AfD sagten Sie in einem Interview, dass Sie ein Fernsehduell im Bundestagswahlkampf mit Beteiligung der AfD nicht für angemessen halten. Warum?

Die Beteiligung der AfD an einem Fernsehduell knüpfe ich klar an eine Frage, die ich auch jeder anderen Partei stellen würde: Welche Aussichten haben sie, den Kanzler oder die Kanzlerin zu stellen? Auch beispielsweise die FDP mit Guido Westerwelle wollte im Wahlkampf 2002 gern dabei sein. Aber alle vier beteiligten Sender haben Westerwelle eine Absage übermittelt, weil er aufgrund der Umfrageergebnisse ‒ die dann auch später durch die Wahl bestätigt wurden ‒ tatsächlich keine Chance hatte, Kanzler zu werden. Die FDP war einfach nicht stark genug. Das ist bei der AfD aufgrund der Koalitionsabsagen der anderen Parteien an Weidel und Co. das gleiche. Ansonsten bin ich schon der Meinung, dass man auch mit der AfD Interviews führen und über ihre Politik berichten sollte, allein schon deshalb, weil die Partei im Bundestag und in fast allen Landtagen vertreten ist.

Wie kann das gelingen?

AfD-Vertreterinnen und -Vertreter machen in Interviews oft bewusst irreführende, wenn nicht gar falsche Aussagen ‒ die gilt es zu widerlegen, und zwar schon im Gespräch, nicht erst Stunden später in einem Faktencheck. Wir als Interviewer sind in solchen Situationen besonders gefordert, umso besser muss die Vorbereitung aussehen.

Was machen Sie als erstes, wenn Sie durch sind mit der letzten Sendung?

Ich fahre mit Frau und Tochter ans Mittelmeer. Wir werden uns zwei Wochen die Sonne auf den Pelz brennen lassen, gut essen und vielleicht auch das eine oder andere Glas Wein trinken. Dann ist alles schön.


Über mehr als 30 Jahre und 5000 Sendungen war Peter Kloeppel (65) das Gesicht von „RTL Aktuell“. Am Freitag moderierten er und Kollegin Ulrike von der Groeben ein letztes Mal das Nachrichtenmagazin. Kloeppel wird aber unter anderem die Investigativ-Reihe „Durchleuchtet“ noch bei dem Sender fortsetzen. Er pendelt bereits jetzt zwischen Deutschland und den USA und möchte sein Leben mit seiner Frau weiter in die Staaten verlagern, wo auch seine Tochter lebt.