Ein besonderes Porträt der Stadt ist das Buch "Frauenperspektiven Köln" - neben dem Erwartbaren wie Dom und Karneval lernen die Leser und Leserinnen auch ungewöhnliche Frauen an ungewöhnlichen Orten kennen.
Reker, Alice Schwarzer und eine DSDS-SiegerinDiese 28 Frauen prägen Köln
Blicken Frauen anders auf eine Stadt? Davon ist Christiane Möschle überzeugt. Und davon, dass sie sich oft stärker zurücknehmen als Männer, sich nicht gerne in die erste Reihe drängen. Vor allem aber ist die Verlegerin fasziniert von weiblichen Lebensgeschichten – von historischen und modernen. Und so entstand das Buch „Frauenperspektiven Köln“, in dem sie Porträts von 28 Kölnerinnen versammelt, die das Kulturleben der Stadt prägen.
Und diese Porträts sind so vielfältig wie Köln selbst. Es sind bekannte Persönlichkeiten darunter wie Henriette Reker oder Alice Schwarzer (so viel zum Thema erste Reihe). Oder prominente Künstlerinnen wie Leiko Ikemura, die ehemalige Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner und die Direktorin des Rautenstrauch-Joest Museums Nanette Snoep. Aber eben auch spannende Persönlichkeiten, die selbst Kölner Leser und Leserinnen wahrscheinlich nicht kennen: Die Parfümeurin Alexandra Kalle zum Beispiel oder Katja Lavassas, Puppenspielerin beim Hänneschen-Theater.
Band macht den Beitrag vieler Frauen sichtbar
„Nach jeder Begegnung bin ich raus geschwebt“, erzählt Christiane Möschle. „Ich finde es total interessant zu sehen, wie viele Frauen es im kulturellen Bereich gibt und was sie für spannende Dinge machen. Ich will das weibliche Potenzial einer Stadt sichtbar machen.“
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Diese Begeisterung und Liebe zum Detail spürt man auch beim Durchblättern des mehr als 500 Seiten dicken Buchs. Mit den Bildern der Kölner Fotografin Bettina Flitner fügt es sich tatsächlich zum Bild einer Stadt, wie man sie noch nicht kannte.
Ein ähnliches Buchprojekt hat die Verlegerin schon für ihre Heimatstadt Karlsruhe veröffentlicht. Es folgt derselben Idee, Frauen aus dem Kulturleben mit einem Interview und einem (Selbst-)Porträt vorzustellen. Dazu kommt noch ein Gebäude oder ein besonderer Ort in der Stadt, den die Frauen auswählen. In Köln führen sie uns an offensichtliche Orte wie den Dom oder die Oper.
„Frauenperspektiven Köln“ zeigt auch unbeachtete Ecken
Aber auch der Wochenmarkt in Klettenberg und Nippeser Kuriositäten wie das „Tadsch Mahal“ sind dabei – ein Trafo- und Toilettenhäuschen (außer Betrieb) aus Beton mit einem besondern Kiosk. Oder ein Afroshop in Ehrenfeld: „Ein Afro Shop ist ein Ort der Kommunikation. Für afrikanische Communities sind Afro Shops sehr wichtige Orte“, sagt die Sängerin Melane Nkounkolo. Mit ihrer Wahl will sie Geschäften und Menschen eine Bühne bieten, die in der öffentlichen Wahrnehmung sonst kaum auftauchen.
Aus all diesen Mosaiksteinen einer Stadt entsteht dann etwas ganz Neues: „Obwohl ich inzwischen schon seit fast 20 Jahren in Karlsruhe lebe, habe ich durch die Arbeit an dem Buch noch Orte kennen gelernt, an denen ich noch nie war oder die ich plötzlich aus einer ganz neuen Perspektive wahrgenommen habe, wenn eine Frau ihre Geschichte dazu erzählt.“
Und Köln? War Christiane Möschle schon immer sympathisch. „Aber was mir fremd war, war dieses kölsche Gefühl - was es wirklich heißt, in dieser Stadt zu leben.“ Nach 28 Begegnungen mit Kölnerinnen hat sie ein Gefühl dafür bekommen. Schauspielerin, Kabarettistin und Präsidentin der Stunksitzung Biggi Wanninger brachte ihr zum Beispiel den Karneval näher. Wenn auch durchaus kritisch: „Da gibt es noch viele Hürden zu überwinden, bis die Herren Karnevalisten erkennen, dass auch Traditionen eine Erneuerung brauchen“, sagte Biggi Wanninger beim Gespräch im Kölner E-Werk.
DSDS-Siegerin Elli Erl auch im Buch vertreten
Und dann war da noch das Interview mit den Musikerinnen Elli Erl und Tina van Wickeren: „Ein Nachmittag, den ich nie in meinem Leben vergessen werde. Wo ich dann plötzlich verstanden habe, was passiert, wenn man hier lebt. Wie man sich fühlt, wenn man sich tatsächlich auch auf diese Stadt einlässt. Und dass man dann wunderbare Erlebnisse mit den Menschen hier haben kann.“
Elli Erl wurde bekannt, als sie 2004 die zweite Staffel von „Deutschland sucht den Superstar“ gewann. Heute arbeitet sie als Lehrerin - genauso wie ihre Partnerin Tina van Wickeren. Beide machen aber auch als „GOODgirls“ zusammen Musik. Zum Interview im Lokal „Speisekammer“ in der Südstadt brachten sie Gitarre und Ukulele mit. Zwei Jungs aus der Kneipe gegenüber gesellten sich spontan mit ihrem Schlagzeug dazu und zusammen spielten sie „En unserem Veedel“. Mehr Kölner Lebensgefühl geht nicht. Christiane Möschle schreibt: „Diese Offenheit und Freundlichkeit mag oberflächlich erscheinen und nicht immer entstehen daraus Freundschaften fürs Leben, aber sie kommt von Herzen. Das spüre ich ganz deutlich.“
Zum Buch
Christiane Möschle und Bettina Flitner: „Frauenperspektiven Köln“, Panima Verlag, 512 Seiten, 42 Euro.