AboAbonnieren

Kommentar

Mehr als nur „Nothing Compares 2 U“
Diese 11 Lieder von Sinéad O'Connor sollten Sie kennen

Ein Kommentar von
Lesezeit 7 Minuten
Nahaufnahme einer lachenden Sinéad O'Connor.

Die irische Sängerin Sinéad O'Connor bei der 31. Verleihung der Grammy Awards am 22. Februar 1989 im Shrine Auditorium in Los Angeles.

Sinéad O'Connor war mehr als nur ihr größter Hit „Nothing Compares 2 U“, mit dem sie weltberühmt wurde. Wir haben 11 Songs ausgewählt, um an sie zu erinnern.

Mit dem Tod der irischen Singer-Songwriterin Sinéad O'Connor im Alter von 56 Jahren hat die Musikwelt in dieser Woche eine ihrer einzigartigsten Stimmen verloren. Wer ihren Katalog durchhört, wird die emotionale und imaginäre Tiefe ihres Songwritings, ihre einfühlsame Interpretationsfähigkeit und die eindringliche Bandbreite ihres Gesangs entdecken.

Bei allem Schmerz, den sie in ihrem Leben erfahren hat, hat O'Connor wie kaum eine andere Sängerin Kraft, Spiritualität, Wildheit, Anti-Establishment-Stimmung und, auch Ruhe bewiesen. Hier sind 11 Songs, mit denen Sinéad O'Connor viele ihrer Fans berührt hat.


Nothing Compares 2 U (1990)

Mit diesem Song aus der Feder von Prince wurde Sinéad O'Connor 1990 zum Weltstar, eine Tatsache, die sie selbst immer wieder infrage gestellt und nicht nur symbolisch mehr als einmal in tausend Stücke gerissen hat. Eines ist sicher: Die Ballade „Nothing Compares 2 U“ bleibt ein Meilenstein der Popmusik der frühen 1990er Jahre: die Schlichtheit des Arrangements, der hohle Hall ihrer Stimme vor der langsamen, eleganten Kulisse, selbst das schlichte, frontale Video, in dem O'Connor echte Tränen vergoss. Prince nahm das Original bereits 1984 als Demo auf, die erste offizielle Veröffentlichung stammt jedoch von seinen Schützlingen, der Band The Family, ein Jahr später.


Drink Before the War (1987)

„Drink Before the War“ aus ihrem Debütalbum ist ein brodelnder Track, der einen männlichen Unterdrücker lyrisch aufspießt – sein Beharren auf Krieg, seine privilegierte Haltung, seine Weigerung zuzuhören und seine persönliche emotionale Infrastruktur. „Warum gehen Sie nicht raus und tun etwas Nützliches?“, schleudert sie uns im letzten Refrain entgegen und lässt bewusst offen, ob sie diese Tyrannen zitiert oder sich selbst. Fünf Minuten lang steigert sich O'Connor bis zum Siedepunkt, lässt ihre schmerzende Altstimme erklingen und ruft all jene zu den Waffen, die im Laufe ihres Lebens Opfer dieser Unterdrücker wurden. Sie wusste, wovon sie singt.


Thank You for Hearing Me (1994)

Mit ihrem Hit „Thank You for Hearing Me“ würdigte Sinéad O'Connor nicht nur die positiven, sondern auch die negativen Dinge in unserem Leben, die wir als versteckten Segen wahrnehmen können. O'Connors sanfte Gesangslinie taucht und wogt elegant, während sie den Zuhörer in eine Hommage an ihren einstigen Liebhaber Peter Gabriel hineinzieht. „Danke, dass du mein Herz gebrochen hast / Danke, dass du mich zerrissen hast“, singt O'Connor mit ihrem charakteristischen Zittern in der Stimme.


My Special Child (1991)

Hinter der sanften Stimme und dem langsamen Tempo der Instrumente verbirgt sich „My Special Child“, ein weiterer Song von Sinéad O'Connor, der ihren Lebensweg beschreibt. Inspiriert wurde das Lied durch eine Abtreibung, die Sinéad O'Connor nach drei Fehlgeburten vornehmen ließ. Obwohl sie sich schuldig fühlte und zugab, weder gegen noch für Abtreibung zu sein, erklärte O'Connor in einem Interview, dass sie es gut fände, wenn Frauen die Kontrolle über ihren Körper und ihre Entscheidungen hätten. Das Lied wurde 1991 für eine EP geschrieben und der Erlös dem kurdischen Hilfsprogramm des Internationalen Roten Kreuzes gespendet.


No Man's Woman (2000)

Das Lied wurde als erste Single aus ihrem fünften Studioalbum „Faith and Courage“ im Jahr 2000 veröffentlicht. Der Text ist sehr eindringlich. Sinéad O'Connor drückt darin ihre Frustration darüber aus, von Männern herumgeschubst zu werden. Sie beschreibt sich selbst als unabhängige Frau mit einer starken Verbindung zu ihrem Glauben. Nachdem sie sich als lesbisch geoutet hatte, wurde der Song zu einer kleinen Hymne für die LGBTQI+-Gemeinschaft. Später nahm sie ihr Bekenntnis zurück und bezeichnete sich als bi- oder heterosexuell. Trotzdem ist das Lied in den Herzen vieler Menschen geblieben.


War (1992, Studioversion 2005)

1992 sorgte Sinéad O’Connor mit ihrem Auftritt in der amerikanischen Comedy-Show „Saturday Night Live“ für einen Skandal, der auch international hohe Wellen schlug. Grund dafür war weniger ihre A-cappella-Version des Bob-Marley-Songs „War“, als vielmehr ihre Aktion, ein Bild des damaligen Papstes Johannes Paul II. zu zerreißen.

Mit dieser provokanten wie vorausschauenden Aktion wollte die irische Sängerin auf die Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche aufmerksam machen. Das kam nicht bei allen gut an. „Völlige Stille im Publikum. Und als ich hinter die Bühne gehe, ist buchstäblich niemand mehr zu sehen. Alle Türen sind geschlossen. Alle sind verschwunden. Einschließlich meines eigenen Managers, der sich drei Tage lang in seinem Zimmer einschließt und sein Telefon ausstöpselt“, erinnerte sich O'Connor Jahre später in ihren Memoiren an den legendären Auftritt. Erst 2005 nahm sie eine Studioversion des Marley-Klassikers für ihr Reggae-Album „Throw Down Your Arms“ auf.


Success Has Made a Failure of Our Home (1992)

Es lässt sich vortrefflich darüber streiten, warum Sinéad O'Connors Karriere nach dem Mega-Erfolg ihres zweiten Albums „I Do Not Want What I Haven’t Got“ nie mehr richtig in Schwung kam. Natürlich trug der skandalträchtige Auftritt bei „Saturday Night Live“ seinen Teil dazu bei, aber auch das etwa zeitgleich erschienene Nachfolgealbum „Am I Not Your Girl“ stieß mit seinen Coverversionen alter Standards und Musicalmelodien viele Fans vor den Kopf.

Absolut hörenswert ist die außergewöhnliche Coverversion von „Success“, 1963 der zweite Hit der Country-Ikone Loretta Lynn. Der Song wurde mit einem dröhnenden Bläser- und Streicherarrangement neu arrangiert, das dem Lied eine Dringlichkeit und Melodramatik verleiht, die den Text über die zerbrochene Beziehung deutlich macht.


All Apologies (1994)

Sinéad O'Connor hat im Laufe ihrer Karriere immer wieder Songs anderer Künstler gecovert, von den Songs auf dem Album „Am I Not Your Girl?“ über den irischen ESC-Klassiker „All Kinds of Everything“ bis zu Bob Marleys „War“. Doch ihre zurückhaltende Interpretation von Nirvanas „All Apologies“ gehört zweifellos zu den besten. Nur wenige Monate nach dem tragischen Tod von Kurt Cobain veröffentlicht, stellt O'Connor den Grunge-Sound des Originals auf den Kopf. Anstatt sich von den ruhigen Strophen zu einem lauten, verzerrten Refrain zu steigern, hält O'Connor die Lautstärke so niedrig wie möglich und zieht ihr Publikum damit in ihren Bann.


Mandinka (1987)

Der Glatzkopf, der die Plattenkäufer auf dem Cover ihres Debütalbums „The Lion and the Cobra“ begrüßte, machte Sinéad O'Connor sofort unverwechselbar. Die Single „Mandinka“ war für das Popjahr 1987 absolut ungewöhnlich. Kratzende Gitarren und ein Titel, der sich auf das gleichnamige westafrikanische Volk bezog, waren damals nicht gerade typische Radiokost, und nichts klang damals außergewöhnlicher als der Banshee-Schrei, den sie im Refrain ausstieß. Mehr noch als ihr Äußeres kündigte die Kraft ihrer Stimme auf „Mandinka“ die Ankunft einer Künstlerin an, die zu den kompromisslosesten der Rockmusik gehören würde. Und doch, wie man im Video sehen kann, schaffte sie es bis auf die Bühne von „Top of the Pops“.


Take Me To Church (2014)

Auch wenn ihre ersten beiden Alben den gesamten Songkatalog von Sinéad O'Connor oft in den Schatten stellten, hatte sie auch in späteren Jahren noch Höhepunkte zu bieten. In der ersten Singleauskopplung aus ihrem letzten Album „I'm Not Bossy, I'm the Boss“ besingt Sinéad O'Connor in einer kleinen Hymne die Erlösung nach einer schwierigen Zeit. „Die Protagonistin, über die ich schreibe, hat eine zutiefst erschütternde Erfahrung gemacht“, so die Sängerin in einem Interview, „aus der sie sich am Ende nicht nur retten kann, sondern sich selbst gebärt und zu dem Schluss kommt: ‚Ich bin die Einzige, die ich anbeten sollte‘“. Zutiefst autobiografisch!


This Is to Mother You (1997)

Dieses oft übersehene Lied stammt von der 1997 erschienenen EP „Gospel Oak“, die sie „den Menschen in Israel, Ruanda und Nordirland“ widmete. „This Is to Mother You“ ist sowohl ein reumütiges Selbstbekenntnis als auch ein ernsthafter, melodischer Einstieg in die EP. In dem Lied, das Freundlichkeit und weibliche Stärke ausstrahlt, verspricht O'Connor, selbst als Kind schwersten Misshandlungen durch ihre Mutter ausgesetzt, „das zu tun, was deine eigene Mutter nicht getan hat“. Es ist ein folkloristisches, keltisch angehauchtes Wiegenlied, das verspricht, eine dunkle Geschichte zu beenden. Dieses Lied wurde zwei Jahre später nicht minder ergreifend von Emmylou Harris und Linda Ronstadt gecovert.