Wer in der vergangenen Woche häufiger den Fernseher einschaltete, wird sich vermutlich mitunter verwundert die Augen gerieben haben. Da turnte am Samstag Thomas Gottschalk durch die "Wetten, dass..?"-Kulissen wie vor zuletzt zehn Jahren, und man fragte sich kurz, ob man vielleicht durch die Zeit gereist war, so sehr sah das alles nach alten Fernsehtagen aus.
Raab kehrte nicht vor die Kamera zurück
Und dann bescherte uns auch noch Pro Sieben den nächsten Retro-Moment. Montag kündigte der Privatsender die Rückkehr von "TV Total" an - und schon Mittwochabend war es so weit.
Aber anders als Gottschalk will Stefan Raab nicht mehr vor die Kamera. Deshalb übernimmt ab sofort Sebastian Pufpaff die gar nicht mal so leichte Aufgabe, eine Show aus den Nuller Jahren in die Fernseh-Gegenwart zu holen.
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Und der 45-Jährige, der eigentlich aus der klassischen Satire kommt, zeigte sich erstaunlich unbeeindruckt von den Fußstapfen seines Vorgängers. Sein Timing stimmte, besonders nervös wirkte er auch nicht. Und er versuchte sich auch nicht als Raab-Imitator, sondern fand seinen eigenen Ton.
"Längste Sommerpause der Welt"
Klar, nach "der längsten Sommerpause der Welt" - die Show lief 2015 zum letzten Mal - nahm er Bezug auf den Vorgänger, als er "die einzige Fernsehsendung, die Sie jetzt noch schauen müssen" ankündigte. Man werde "richten und strafen für den ganzen Schrott, den es da draußen gibt".
Das klang zur Begrüßung tatsächlich ein bisschen nach Raab, aber nach dieser Reminiszenz an die frühere Pro-Sieben-Allzweckwaffe machte Pufpaff sein Ding.
Und beim Publikum kamen mit Sicherheit nostalgische Gefühle auf, als der prägnante Off-Sprecher aus alten Zeiten zum ersten Mal zu hören war, als die Heavytones spielten und Pufpaff das Nippelboard - über das kurze Clips gezeigt werden - wieder installierte.
Retro-Look allein reicht nicht
Aber eine Show kann eben allein vom Retro-Look nicht leben. Und da haperte es dann eben doch an der ein oder anderen Stelle. "TV Total" entstand in einer Zeit, als Fernsehen tatsächlich noch das bestimmende Medium war und nicht jeder bei Youtube sowieso jeden schrägen Clip der Welt anschauen und im Zweifel auch teilen konnte.
Aber braucht man heute die TV-Polizei wirklich noch? Vermutlich nicht. Zumal das Prinzip von "TV Total" häufig auch auf ganz banaler Schadenfreude und im schlimmsten Fall auf Mobbing beruhte. Und so funktioniert gutes Satire-Fernsehen heute zum Glück nicht mehr.
Aus der Zeit gefallen?
Das merkwürdige Gefühl, irgendwie aus der Zeit gefallen zu sein, verstärkte sich auch noch dadurch, dass Pufpaff sich lange an "Wetten, dass...?" abarbeitete, sogar zur Show nach Nürnberg gefahren war und dort versucht hatte, ohne Drehgenehmigung ins Studio zu kommen. Mit mäßigem Erfolg - und leider auch mit mäßigem Unterhaltungswert.
Und Witze über die Outfits von Benny und Björn von ABBA - "Von welcher Bahnhofsmission kommen denn die beiden Zausel?" - sind dann eben doch ein bisschen wenig.
Schöne Spitzen gegen "Bild TV"
Gut war Pufpaff immer dann, wenn es nicht nur darum ging, andere vorzuführen, sondern man spürte, dass ihn etwas wirklich interessierte. Der Beitrag über "Bild TV" und auch das ganz hübsche Stück über die eitlen Podcaster Markus Lanz und Richard David Precht verteilten einige sehr schöne Spitzen. Moderner Satire gelingt es, relevante Themen aufzugreifen und dabei zu unterhalten, beste Beispiele sind das "ZDF Magazin Royale" und "Die Carolin Kebekus Show".
Da muss Pufpaff in Zukunft ansetzen, in der Lage dazu ist er - und dann wird das vielleicht tatsächlich dauerhaft etwas mit der Neuauflage von "TV total". Die Quoten zum Einstand stimmten auf jeden Fall schon mal.
Die erste Ausgabe sicherte sich 2,85 Millionen Zuschauer und damit einen Marktanteil von 9,5 Prozent. Mit 2,11 Millionen Zuschauern und einem entsprechenden Marktanteil von 27,2 Prozent in der Zielgruppe war "TV total" die erfolgreichste Show des Tages.