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Steinmeier: Bibliotheken sind „Verheißungs-Orte”

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Wolfenbüttel – Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat zum 450-jährigen Bestehen der Bibliotheca Augusta in Wolfenbüttel die gesellschaftliche Bedeutung von Bibliotheken gewürdigt.

Sie seien „Verheißungs-Orte von möglicher Humanität”, sagte Steinmeier am Dienstag in der niedersächsischen Stadt. „Das gilt überall in der Welt und erst recht hier und heute, am Geburtstag der Herzog August Bibliothek.”

Der Bundespräsident nahm in seiner kurzen Ansprache mehrmals Bezug zum Krieg in der Ukraine. Der Krieg richte sich auch gegen das kulturelle Selbstverständnis der Ukrainer, sagte Steinmeier. Denn vom „menschenverachtenden, grausamen Angriffskrieg”, den Russland dort führe, seien auch kulturelle Einrichtungen betroffen. „Sie müssen schließen, sind gefährdet oder wurden schon zerstört: Kirchen, Museen, Archive, Theater und eben auch Bibliotheken.”

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„Wir alle sind entsetzt und voller Wut und Trauer”, sagte der Bundespräsident angesichts der Bilder und Nachrichten von den Gräueltaten in Butscha. „Deutschland und die EU unterstützen die Beweissicherung und Zeugenvernehmung, der Internationale Strafgerichtshof ermittelt.” Steinmeier hatte am Montag erstmals eigene Fehler und Irrtümer in der Politik gegenüber Russland eingeräumt. Nun mehrten sich die Berichte von Leid und Zerstörung. Es gebe gezielte Angriffe auf die Zivilbevölkerung und Flucht und Vertreibung in einem Ausmaß, wie Europa es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht erlebt habe.

Steinmeier sprach am Abend vor den Bücherwänden in der Augusteerhalle mit der Sammlung Herzog Augusts. Zuvor hatte sich der Bundespräsident die Sonderausstellung „Wir haben Bücher” mit dem einst teuersten Buch der Welt, dem Evangeliar Heinrichs des Löwen und Mathildes von England, angesehen. Der Codex war 1983 im Auftrag des Landes Niedersachsen für 32,5 Millionen Mark bei Sotheby's in London ersteigert worden. Das prachtvolle Werk liegt in einem Tresor, der Schatzkammer der Bibliothek, und kann nur selten und für kurze Zeit ausgestellt werden, zuletzt war dies 2015 der Fall.

In Wolfenbüttel hoffen sie nach dem festlichen Auftakt zum „Geburtstag” auf einen Besucheransturm für die Bibliothek, die als international renommierte Forschungseinrichtung gilt. Klangvolle Namen wie Gottfried Wilhelm Leibniz und Gotthold Ephraim Lessing wirkten als Direktoren. Zu den herausragenden Schaustücken der Sonderausstellung zählen auch die berüchtigte „Ehebrecherbibel” und das Tintenfass von Martin Luther.

Am 5. April 1572 hatte Herzog Julius zu Braunschweig und Lüneburg eine „Verordnung” erlassen, die bis heute als „Gründungsdokument” der Bibliothek gilt. Darin enthalten waren zehn Artikel mit den „Pflichten” des „Bibliothecarius”, wie Direktor Peter Burschel in seinem jungst erschienen Buch zur Geschichte der Bibliothek schreibt. In seiner Begrüßung am Freitag nannte Burschel seinen Arbeitsplatz ein „wunderbares Bücherhaus”.

Steinmeier zufolge ist die uralte Wolfenbütteler Bibliothek ein hervorragendes Beispiel für einen einladenden Stil. Das Jubiläum nannte er einen „Grund zu feiern und dankbar zu sein, auch in diesen, für die Vision einer humanen Welt für alle so schweren Zeiten”. Bibliotheksdirektor Burschel sagte: „Nichts fürchten Kriegsverbrecher mehr, als den freien Zugang zum Wissen.”

© dpa-infocom, dpa:220405-99-808868/3 (dpa)