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„Umweltsau“-KinderliedAls Oma gegen die Wand fuhr

Lesezeit 4 Minuten
WDR dpa neu

Gebäude des WDR (Westdeutscher Rundfunk) in Köln. (Symbolbild)

KÖln – Sogar der Landesvater meldete sich zu Wort. „Die Debatte um den besten Klimaschutz wird von manchen immer mehr zum Generationenkonflikt eskaliert. Niemals dürfen Kinder von Erwachsenen für ihre Zwecke instrumentalisiert wird“, schrieb NRW-Ministerpräsident Armin Laschet auf Twitter.

Und er fuhr fort: „Der WDR hat mit dem Lied ’Meine Oma ist ne alte Umweltsau’, das die Redaktion den Dortmunder Kinderchor singen ließ, Grenzen des Stils und des Respekts gegenüber Älteren überschritten. Jung gegen Alt zu instrumentalisieren ist nicht akzeptabel.“

Mit seinem Tweet wurde Laschet zu einem der prominentesten Mitwirkenden einer Debatte, die am Wochenende vor allem in den sozialen Netzwerken stattfand. Auslöser war ein satirisch gemeintes Lied, das WDR 2 in einem Video verbreitete.

Alles zum Thema Armin Laschet

15.000 Kommentare auf Facebook – WDR löscht Video

Ein Kinderchor aus Dortmund singt zur Melodie von „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ einen abgeänderten Text – zum Beispiel darüber, wie viel Sprit die Oma dabei verschleudert. Es folgen Strophen über den SUV, mit dem sie „zwei Opis mit Rollator“ überfährt, und über ihre Gewohnheit, sich „jeden Tag ein Kotelett“ zu braten, weil „Discounterfleisch so gut wie gar nix kostet“.

Am Ende blicken einige Kinder ernst in die Kamera und bewegen die Lippen zu dem von Tonkonserve eingespielten Satz von Greta Thunberg: „We will not let you get away with this“ (Wir lassen Euch damit nicht davon kommen).

Vor allem die Textzeile „Meine Oma ist ’ne alte Umweltsau“ sorgte für Empörung. Die Facebook-Seite des Senders verzeichnete binnen kurzem mehr als 15000 Einträge, woraufhin der Sender das Video löschte und eine Entschuldigung veröffentlichte: Die Satire habe sehr unterschiedliche Reaktionen ausgelöst – „dies ist im besten Falle auch Sinn einer Satire, es handelt sich ja nicht um einen journalistischen Kommentar, sondern um die Zuspitzung eines Themas (hier: die zuweilen hysterische Klimadiskussion). Betroffen macht uns allerdings der Vorwurf, die beteiligten Kinder seien möglicherweise ’instrumentalisiert’ worden. Dies ist absolut nicht der Fall.“

WDR-Intendant Tom Buhrow meldet sich zu Wort

Auch der Intendant des Senders, Tom Buhrow, meldete sich zu Wort. „Das Video mit dem verunglückten Oma-Lied war ein Fehler“, sagte Buhrow. „Ich entschuldige mich ohne Wenn und Aber dafür.“ Er rufe aus dem Krankenhaus in seiner Heimatstadt Siegburg an, in dem sein 92-jähriger Vater seit Heiligabend sei. „Er sitzt neben mir, und ich kann sagen: Er ist keine Umweltsau. Er hat sein Leben lang hart gearbeitet.“

Rechte Demonstrationen vor dem WDR

Etwa 100 Personen haben am Sonntagnachmittag vor der Zentrale des WDR in Köln demonstriert. Zuvor war in rechten und rechtsextremen Kreisen im Internet zur Teilnahme an der Kundgebung aufgerufen worden. Auch Mitglieder der rechtsextremen Gruppe „Bruderschaft Deutschland“ nahmen an der Kundgebung teil und wurden von der Polizei für eine Personalienüberprüfung festgesetzt.

In der Nähe versammelten sich Gegendemonstranten. Nach Angaben der Polizei kam es zu verbalen Konfrontationen zwischen Personen „aus dem offensichtlich eher linken und dem eher rechten Spektrum“. Ein Musiker trug seine eigene Version von „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ vor.

Der Rapper mit dem Künstlernamen Master Spitter tritt regelmäßig auf Veranstaltungen von Rechtsextremen und Verschwörungstheoretikern auf, im Oktober etwa bei einer Kundgebung von „Reichsbürgern“ in Berlin. (ksta)

Buhrow äußerte sich im Rahmen einer Sondersendung, die der Sender aufgrund der zahlreichen Proteste anberaumt hatte. Darin stellte sich der Wellenchef von WDR 2, Jochen Rausch, den Anrufen der Hörer. Rausch räumte ein, der Sender habe einen Fehler gemacht, und entschuldigte sich. Man habe es an „sprachlicher Feinheit“ fehlen lassen.

„Grundsätzlich stehe ich als Chef vor und hinter meinen Mitarbeitern“, sagte Rausch. „In dem Fall können wir aber die Hose runterlassen und sagen: Wir haben einen Ausdruck benutzt, nämlich ’Umweltsau’, und den in Verbindung gebracht mit der lieben Omi, der man das gar nicht vorwerfen kann.“

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In zahlreichen ablehnenden Reaktionen auf den WDR-Beitrag wurde die Verunglimpfung des Alters angeprangert sowie die Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks infrage gestellt – ein vor allem in rechten Kreisen oft genutztes Argument. Dass das ursprüngliche Scherzlied „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ vermutlich in den 30er Jahren entstand, verbindet sich bei den Verteidigern des WDR mit einem weiteren Aspekt der Debatte – der Nazivergangenheit.

So schrieb der ZDF-Satiriker Jan Böhmermann auf Twitter: „Ihr kleinen Umweltsäue würdet doch ohne mit der Wimper zu zucken einen Kinderchor alle drei Strophen des ’Deutschlandliedes’ singen lassen. Und zwar nicht zum Spaß.“ Ein freier Mitarbeiter des WDR ersetzte das Wort „Umweltsau“ durch „Nazisau“.