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Ricarda Lang rechnet mit CSU-Chef ab„An diesem Tag habe ich jeden Respekt vor Markus Söder verloren“

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Grünen-Politikerin Ricarda Lang hat im „Spitzengespräch“ des „Spiegel“ mit Markus Söder abgerechnet. (Archivbild)

Grünen-Politikerin Ricarda Lang hat im "Spitzengespräch" des "Spiegel" mit Markus Söder abgerechnet. (Archivbild)

Die Grünen-Politikerin teilt im „Spitzengespräch“ des „Spiegel“ gegen Markus Söder aus. Armin Laschet nimmt das lächelnd zur Kenntnis.

Die ehemalige Grünen-Chefin Ricarda Lang hat gegen CSU-Chef Markus Söder ausgeteilt. Im „Spiegel-Spitzengespräch“ war Lang am Dienstagabend zusammen mit dem ehemaligen CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zu Gast. Dabei kamen auch die sogenannten „Jamaika“-Sondierungen zur Sprache, die es zwischen Union, Grünen und FDP im Jahr 2021 gegeben hatte. „Ich muss sagen, der Mann ist bei mir seitdem charakterlich unten durch“, erklärte Lang. „Ich kam mir vor, als ob wir auf einer Bühnenaufführung zuschauen, wie Markus Söder hier den großen Zampano spielt.“

Ricarda Lang über Markus Söder: „Ist bei mir charakterlich unten durch“

Jedes Mal, wenn Armin Laschet geredet habe, habe Söder den Raum verlassen, um sich einen Kaffee zu holen, erinnerte sich Lang im Gespräch mit Moderator Markus Feldenkirchen. „Das war ein durchtriebenes, Ihre Autorität vollkommen unterlaufendes, zwischenmenschlich feixendes Verhalten“, sagte sie zu Laschet, der damals Spitzenkandidat der Union gewesen war. Söder habe zudem breitbeinig auf seinem Stuhl „gelegen“, führte Lang aus. „Das eine Knie war hier, das andere da.“ An diesem Tag habe sie „jeden Respekt vor Markus Söder verloren“, fügte Lang an.

Nach der Bundestagswahl 2021 hatten sich die Spitzen von CDU/CSU, Grünen und FDP für einen Verhandlungstag getroffen, um die Möglichkeiten für ein Jamaika-Bündnis auszuloten. Lang sprach von einem „Höflichkeitsbesuch“. Laschet nahm die Ausführungen der Grünen-Politikerin über CSU-Chef Söder lächelnd zur Kenntnis. „In den Details habe ich das nicht mitgekriegt“, erklärte der CDU-Politiker, der im damaligen Wahlkampf kaum Unterstützung vom bayrischen Ministerpräsidenten bekommen hatte.

„Das, was Friedrich Merz da gemacht hat, ist eine Sauerei“

Lang äußerte auch scharfe Kritik an Wahlsieger von 2025 Friedrich Merz und seinem Umgang mit einer möglichen Reform der Schuldenbremse. „Das, was Friedrich Merz da gemacht hat, ist eine Sauerei“, sagte sie. Merz habe drei Jahre lang zugeschaut, wie die Ampel sich bei diesem Thema zerlege, weil die Gelder schlichtweg gefehlt hätten.

„Dass er sich einen Tag nach der Wahl hinstellt und sagt: ‚Jetzt geht das‘, das kostet Vertrauen“, kritisierte Lang. „Das ist Politik als Taktieren“, fügte sie an. Dennoch müsse man sich dem Problem nun annehmen, so die Grüne. „Aber für mich ist klar, da wird dann nicht nur Verteidigung drin stehen, sondern auch Infrastruktur und Klimaschutz.“

AfD-Abstimmung und Wahlkampfrede – Ricarda Lang zweifelt an Merz

CDU-Politiker Laschet reagierte zurückhaltend auf den Vorwurf gegen Merz und erklärte mit Blick auf die Schuldenbremse, dass es entscheidend sei, wofür sie gelockert würde. Für Verteidigung sei dies sinnvoll. In Bereichen wie Bildung, Klimaschutz und Infrastruktur zeigte Laschet sich derweil skeptisch. Merz könne man das Kanzleramt aber ohne Bauchschmerzen anvertrauen, befand Laschet.

Lang äußerte auch daran Zweifel – und begründete diese mit dem Vorgehen des CDU-Politikers im Wahlkampf. „Die Abstimmung mit der AfD, eine hitzköpfige Abkehr von konservativen Tugenden“ und die Rede von Merz am Vorabend der Wahl, „wo er Menschen, die für die Demokratie einstehen, vorwirft, sie hätten sich nicht für Walter Lübcke interessiert“, nannte Lang als Gründe für ihre Zweifel.

Lang und Lauterbach sehen Lindner als Grund für Ampel-Aus

„Ich weiß, wo ich nach dem Tod von Walter Lübcke war, nämlich auf einer Demo gegen rechte Gewalt“, sagte Lang und erklärte schließlich mit Blick auf Merz: „Wenn er ein Kanzler der Spaltung sein wird, wird er ein schlechter Kanzler.“

Auch das Scheitern der Ampel-Koalition, das zu Neuwahlen geführt hatte und somit den Weg für Merz ins Kanzleramt geöffnet hatte, war Thema im „Spitzengespräch“ – zwischen Lang und SPD-Politiker Lauterbach herrschte diesbezüglich schnell Einigkeit: „Von Anfang an“ habe es Streit mit FDP-Chef Christian Lindner gegeben, erklärte Lauterbach. Lang stimmte zu: „Ja, das stimmt mit Christian, ich werde ihm keine Träne hinterherweinen.“

Karl Lauterbach sieht „historische Niederlage“ für die SPD

Lauterbach machte zudem das Beharren der FDP auf die Schuldenbremse als großen Faktor für das Scheitern aus. Die Ampel hätte eigentlich „unschlagbar“ sein können, befand unterdessen Laschet. Die Koalition sei schließlich daran gescheitert, dass die beteiligten Parteien sich untereinander nichts „gegönnt“ hätten.

Der Kölner SPD-Politiker Karl Lauterbach macht vor allem Christian Lindner für das Scheitern der Ampel-Regierung verantwortlich. (Archivbild)

Der Kölner SPD-Politiker Karl Lauterbach macht vor allem Christian Lindner für das Scheitern der Ampel-Regierung verantwortlich. (Archivbild)

Mit Blick auf die aktuellen Wahlergebnisse sprach Lauterbach unterdessen von „katastrophalen Ergebnissen“ für die Sozialdemokraten. Für die SPD sei das Wahlergebnis eine „historische Niederlage“. Olaf Scholz sei aber dennoch ein „sehr guter Bundeskanzler“ gewesen, erklärte Lauterbach. „Es ist falsch, die Schuld bei Olaf Scholz zu suchen.“

Laschet: Große Koalition kann „beide Parteien wieder stärker machen“

Der AfD sei es leider gelungen, die Migration zum zentralen Wahlkampfthema zu machen, führte der Kölner SPD-Politiker aus. Die nun anstehenden Koalitionsverhandlungen mit der Union seien „kein Selbstläufer“, mahnte der Gesundheitsminister außerdem. „Wenn wir regieren, müssen wir auf Augenhöhe regieren“.

Die jetzt mögliche Koalition zwischen Union und SPD sei „eine der letzten großen Chancen, Probleme zu lösen, bevor die AfD demnächst 30 Prozent hat“, erklärte Laschet unterdessen. Wenn man mit dieser „inneren Einstellung“ eine Regierungskoalition bilde, könne sie „beide Parteien wieder stärker machen“, fügte der ehemalige CDU-Kanzlerkandidat an.