Die Fahrten, die in der Corona-Zeit Licht und Hoffnung zu den Menschen bringen sollten, drohten an den Behörden zu scheitern.
Landwirte erleichtertPolizei erlaubt Lichterfahrten mit Traktoren in Rhein-Erft nun doch
„Ein Funke Hoffnung“ – so lautete der Titel der ersten Lichterfahrt im Coronajahr 2020, als Landwirte am Vorabend des Nikolaustages von Wissersheim über Nörvenich durch Kerpen bis Brühl in weihnachtlich beleuchteten Zugfahrzeugen ihre Runden drehten. Auch in Pulheim, Bedburg und Elsdorf hatten sich vor allem junge Landwirte in der Coronazeit und nach der Flutkatastrophe zu solchen Kolonnenfahrten zusammengefunden. Jetzt steht die Fahrt der bunt geschmückten Zugfahrzeuge wegen erhöhter Auflagen seitens der Kreispolizeibehörde in Bergheim auf der Kippe.
Einerseits habe damals die als Facebook-Gruppe gegründete unabhängige Interessenvereinigung namens „Land schafft Verbindung“ mit der als Demonstration angemeldeten Aktion auf die sich verschärfende Situation der Betriebe in der Landwirtschaft aufmerksam machen wollen, erzählt der Kerpener Landwirt Peter Krauß; andererseits habe man den Zuschauern an der Wegstrecke ein wenig Trost und Abwechslung in der tristen Pandemiesituation spenden wollen. Wir erinnern uns: Zwischenmenschliche Kontakte waren ja bisweilen auf ein Minimum und auf wenige Teilnehmer beschränkt.
Kerpener Landwirt kritisiert Polizei wegen erhöhter Auflagen
Auch 2022 Jahr hatte Krauß eine Fahrt organisiert, freilich führte sie vor allem durch die Kerpener Stadtteile. Und wieder habe sich die Fahrt angesichts froher Gesichter von Kindern und Senioren am Wegrand und in Altenheimen gelohnt, versichert der Landwirt.
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In diesem Jahr wird die Lichterfahrt in Kerpen aber nicht mehr stattfinden, teilt Krauß mit. Schuld daran hätten die jüngst erhobenen Auflagen der Kreispolizeibehörde. Neben einem Formular, in dem er mit einer Unterschrift als privater Veranstalter praktisch „für alle Schäden an den befahrenen Straßen“ haftbar gemacht werde, seien es vor allem die neuen Bestimmungen in Bezug auf die Führerscheine der Fahrer. Aber auch den Rückhalt der Landwirte vermisse er in diesem Jahr.
Diesmal verlange man neben den sonst vorgelegten Versicherungsnachweisen für das Betreiben der Zugmaschinen zu Brauchtumsveranstaltungen von den überwiegend jungen Landwirten an Stelle der Führerscheinklassen L und T jetzt Lkw-Führerscheine der Klasse C und CE, erläutert Krauß. Behördliche Bedenken daran, dass die Lichter ja nicht zugelassen seien, oder die Forderung nach Begleitung von Wagenengeln, so wie im Karneval üblich, seien schon früher formuliert worden, aber ohne Konsequenzen geblieben.
Lichterfahrten stehen auch in weiteren Städten auf der Kippe
Auch die Verantwortlichen in Bedburg, Landwirt Florian Lemm, und Markus Wipperfürth für Pulheim und Elsdorf teilen mit, dass die Lichterfahrten durch die Kommunen auf der Kippe stehen. „Für die jungen Landwirte ist es ein Schlag ins Gesicht“, sagt Markus Wipperfürth – und den bunten Lichterschmuck, Anschaffungen von einem gewissen Wert, könnten sie auch einmotten.
Das Argument der Kreispolizeibehörde, man könne sich ja auch Lkw-Lenker ausleihen, hält Wipperfürth für unsinnig: „Lastwagenfahrer müsste man etwa zwei Stunden für das Fahren eines Traktors einweisen. Ob sie die Zugmaschine dann besser und sicherer fahren als junge Landwirte, die gewohnt sind, Tag und Nacht Traktoren mit Anhängern und landwirtschaftlichen Anbauten zu fahren, bezweifle ich“, sagt er. In Pulheim würde die Fahrt am Abend des 5. Dezember starten, in Elsdorf am 9. Dezember. Was in den Kreisen Viersen und Neuss möglich sei, sollte doch auch im Rhein-Erft-Kreis drin sein, meint Wipperfürth.
In Bedburg stehe die Jungbauernschaft für den 9. Dezember schon in den Startlöchern, sagte Florian Lemm. Sollten die neuen Führerscheinregeln gelten, dann fielen rund 85 Prozent der Fahrer raus. Vielleicht sei es ein Fehler gewesen, aus der ursprünglich als Versammlung angemeldeten Fahrt eine Brauchtumsveranstaltung machen zu wollen, die offenkundig nach anderen Regeln ablaufen müsse, räumt Lemm ein.
Aus dem Büro des Landrates teilte Sprecher Thomas Schweinsburg mit, dass Landrat Frank Rock „will, dass die Lichterfahrten stattfinden“. Im Austausch mit anderen Kreisen komme es möglicherweise gemeinsam mit der Kreispolizeibehörde zu einer Neubewertung der Situation und zu „rechtskonformen Möglichkeiten, ohne große Hürden anzusetzen“, sagte Schweinsburg am Dienstagvormittag (28. November).
Am Nachmittag die Bestätigung: Wipperfürth und Krauß erhielten Anrufe der Polizeibehörde. Die Genehmigungen für die Lichterfahrt seien ungeachtet der Führerscheinklassen erteilt worden, insofern die Bauern die Fahrten als Demonstrationen für die Landwirtschaft anmeldeten, berichten sie übereinstimmend. „Es fehlt uns nur noch der Slogan“, sagte Wipperfürth.
In Pulheim-Stommeln startet die Fahrt am Abend des 15. Dezember, in Elsdorf am 9. Dezember. Auch Peter Krauß möchte sich noch einmal an die Arbeit für eine Fahrt auch durch Kerpener Stadtgebiet machen, er plant sie für den 17. Dezember. Und auch in Bergheim soll es auf Anregung der Ortsvorsteherin Elisabet Hülsewig eine schnell geplante Fahrt geben, nämlich am 16. Dezember.