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Leserbriefe zum Polizeikosten-UrteilSteuergelder nicht „verschenken“

Lesezeit 9 Minuten
Polizisten stehen in Reihe auf dem Rasen eines Fußballstadions und hindern Fans daran, das Spielfeld einzunehmen. Die Polizisten tragen Schutzkleidung sowie Helme.

Polizeiaufgebote gewährleisten die Sicherheit in Fußballstadien.

Nach einem Verfassungsgerichtsurteil können Fußballvereine an den Kosten für Polizeieinsätze beteiligt werden. Dass NRW darauf verzichten will, stößt auf Kritik.

NRW will Fußballklubs nicht für Polizeieinsätze zahlen lassen (15.1.)

NRW und Polizeikosten-Urteil: Fahrlässiger Umgang mit Steuergeldern

NRW-Innenminister Herbert Reul möchte nicht, dass Vereine die Mehrkosten bei Hochrisikospielen tragen. Da bin ich völlig anderer Meinung. Herr Reul geht im aktuellen Bundestagswahlkampf sehr fahrlässig mit den Steuergeldern um. Gerade in NRW gibt es mit dem 1. FC Köln, Schalke 04, Alemannia Aachen und vielen mehr Vereine, die Chaoten anziehen, welche meinen, Gewalt gehöre zu ihrer Freizeitbeschäftigung.

So wenig wie die Vereine gegen illegale Pyrotechnik vorgehen, interessiert sie die Eindämmung von Gewalt vor, während und nach Fußballspielen. Ihr Grundsatz scheint zu sein: Da soll sich die Polizei drum kümmern, und wir freuen uns über gute Stimmung! Vielleicht denken die Clubs einmal über Präventivmaßnahmen nach, um eine friedliche Stimmung bei Spielen zu gewährleisten. Das wäre eine gute Investition in die Zukunft. Klaus Bornemann Euskirchen

„Vereine sollten Randale nicht länger mit Stimmung verwechseln“

Über die unsachgemäße Kritik am Urteil des Verfassungsgerichts ärgere ich mich, ein Urteil, welches überfällig war. Jede noch so kleine öffentliche Veranstaltung, sei es ein Straßenfest oder ein Osterfeuer, ist mit Auflagen, Sicherheitsvorschriften und Gebühren verbunden. Das Risiko trägt in der Regel der Veranstalter. Ja, der Staat hat für Sicherheit und Ordnung zu sorgen und der deutsche Profifußball leistet bereits einen hohen Beitrag. Setze ich diesen Beitrag jedoch in Relation zu Spielergehältern, Millionen- und Milliardentransfers, relativiert sich das Ganze doch sehr.

Ich entdecke wenig Bemühungen der Vereine, auf gewaltbereite Ultras und Hooligans einzuwirken. Oft wird Randale mit Stimmungsmache verwechselt und entschuldigt. Die Versuche, Straftäter zur Verantwortung zu ziehen, auch finanziell, halten sich sehr in Grenzen. Es wäre etwa ein leichtes, die unsägliche und gefährliche Pyrotechnik beim 1. FC Köln zumindest zu reduzieren.

Richtig wütend macht mich die Aussage von Linda Röttig, Mitglied im Vorstand des Dachverbands der Fanhilfen: „Das Urteil ist ein Freifahrtschein für einen immer aggressiver und martialischer auftretenden Polizeiapparat“. Hier werden doch wohl Ursache und Wirkung vertauscht! Polizisten und Polizistinnen müssen immer mehr Überstunden leisten, weil die Gewaltbereitschaft in der Bevölkerung stetig zunimmt. Sie halten sprichwörtlich für uns alle den Kopf hin und riskieren, verletzt zu werden. Es sind nun kreative Lösungen gefragt, um kleinere Vereine und Volksfeste nicht über Gebühr zu strapazieren. Das sollte zu schaffen sein! Helma Schwenzer Leichlingen

NRW: „Steuern nicht leichtfertig an millionenschwere Fußballklubs verschenken“

Wie kann es sein, dass meine Landesregierung so leichtfertig und unnötig meine Steuern an millionenschwere Fußballklubs verschenkt, die doch laut Urteil des Verfassungsgerichtes an den Kosten für Sonder-Polizeieinsätze beteiligt werden könnten? Ich bin ein Freund des Sports und halte grundsätzlich (fast) jede Unterstützung für gut und richtig, besonders im Amateur-Bereich. Aber ich lehne es als Steuerzahler ab, dafür mit herangezogen zu werden, dass in sogenannten Hochrisikospielen wegen gewalttätiger „Fans“ mehr Sicherheitsaufwand als üblich notwendig ist! Gerhard Sperber Bergisch Gladbach

Polizeikosten-Urteil: Vereine müssen präventiv deeskalieren

Beim organisierten Fußball möchte ich unserem Landesminister des Innern ähnlich viel Biss wünschen wie gegenüber Clans, Banden oder organisierter Kriminalität. Auch wenn ich den kommenden US-Präsidenten nur sehr ungern zitiere: Unter dem Schutzschirm Anderer prächtige Geschäfte zu machen, aber sich bei den Kosten einen schlanken Fuß zu machen – das geht gar nicht! Verluste sozialisieren, Gewinne privatisieren? Klares Nein! Darüber hinaus: Für die Vereine müssen klare Anreize bleiben, präventiv zu deeskalieren, statt klammheimlich den harten Fans schöne Augen zu machen. Alter Grundsatz des Haftungsrechts. Dr. Karl Ulrich Voss Burscheid

Hochrisikospiele: Für Gefahrenabwehr zahlt der Verursacher

Seit vielen Jahren ist es normal, dass Verursacher von Gefahren für die Gefahrenabwehr zahlen müssen. Es geht dabei immer darum, ob ein Verantwortlicher die Gefahr vor einem Einsatz der Polizei selbst hätte abwenden können oder müssen. Wir wissen um die besonders kritischen Fußballbegegnungen, wenn der 1. FC Köln, Schalke 04 oder Borussia Dortmund aufeinander treffen.

In den Fankurven kommt es immer wieder zum Einsatz von hochgefährlicher Pyrotechnik, die nicht nur durch Rauchgase Gesundheitsbeeinträchtigungen nach sich ziehen, sondern auch durch Kanonenschläge mit tatsächlich schwerwiegenden körperlichen Folgen. Parallel dazu kommt es bei der An- und Abreise immer wieder zu körperlichen Auseinandersetzungen auch gegen Unbeteiligte und die Polizei sowie zu Sachbeschädigungen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist eine logische Folge unseres Rechtssystems.

Es ist Steuerzahlenden kaum zu vermitteln, dass sie zum Wohl von Vereinen vermeidbare Polizeieinsätze mitfinanzieren müssen
Uwe Neuser

Die NRW-Linie, die Kosten zunächst nicht zu erheben, ist durch die Argumentation zum Schutz der kleineren Vereine nachvollziehbar. Dann aber muss die Forderung ganz klar sein: Die Vereine müssen ihren Pflichten umfänglich nachkommen: Kein Fan darf mit Pyrotechnik oder gefährlichen Gegenständen das Stadion betreten, die An- und Abfahrt ist ähnlich wie bei Versammlungen und Demonstrationen durch Ordnungsdienste der Veranstalter zu begleiten und schlussendlich sind gewalttätige „Fans“ konsequent mit Stadionverboten zu belegen.

Die Argumentation der Vereine, die Ultras seien die wahren Fans, die den Fußballsport erst richtig erlebbar machen, bewegt sich auf dünnem Eis, solange die Extremisten unter den Ultras weiter hofiert werden. Viele Spitzenspieler verdienen jährlich weit mehr als die polizeilichen Einsätze in Summe kosten, und die Vereine vereinnahmen Millionensummen. Es ist Steuerzahlenden kaum zu vermitteln, dass sie zum Wohl der Finanzsituation von Vereinen vermeidbare Polizeieinsätze mitfinanzieren müssen. Uwe Neuser Siegburg

„Kein Steuergeld für ausrastende Fußballfans“

Eigentlich sollte es jeden Menschen stutzig machen, dass es das Wort „Hochrisikospiel“ überhaupt gibt. Da treffen sich Menschen in ihrer Freizeit, um Sportlern beim Fußball zuzuschauen. Warum ticken die Zuschauer, „eigentlich normale Menschen“, beim Fußball so aus, dass in einer Saison 565.000 Stunden Polizeieinsätze nur in NRW angefallen sind? In keiner anderen Sportart sind Zuschauer so unzivilisiert, selbst beim Eishockey nicht.

Was soll denn das für „ein Freifahrtschein für einen immer aggressiver und martialischer auftretenden Polizeiapparat sein“, wie Linda Röttig behauptet? Die völlig „unnormal“ und „unverhältnismäßig“ reagierenden Fan zwingen doch erst zu Polizeieinsätzen. Ein Fonds, in welchen nur die Fußballvereine mit „Hochrisikofans“ einzahlen, wäre die Lösung, denn dann wären diese Vereine gezwungen, auf ihre Fans einzuwirken und dann würde es „Hochrisikospiele“ hoffentlich bald nicht mehr geben.

Ich selbst mag Sport, sehe aber nicht ein, von „meinem“ Steuergeld die Polizeieinsätze für ausrastende Fans zu zahlen. Ulrich Mäurer, dem Bremer Innensenator, danke ich für seinen Einsatz und sein Durchhaltevermögen. Er hat meine volle Unterstützung. Andrea Zörb Kerpen

FC-Fans marschieren zum Stadion. Sie schwenken Fahnen. Ihr Weg wird gerahmt von Polizisten der Polizei NRW.

Polizisten begleiten Fanmärsche zu Stadien, hier Fans des 1. FC Köln auf dem Weg zum Revierderby gegen Borussia Mönchengladbach.

Uneinheitliche Polizeikosten-Regelung in den Ländern: Flickenteppich-Gefahr

Das Bundesverfassungsgericht hat Recht gesprochen – die Empörung ist groß. Aber warum eigentlich? Der organisierte Profifußball in Deutschland ist eine hoch kommerzielle Unterhaltungsindustrie mit enormen Umsätzen und hohen Gewinnen. Bei sogenannten „Hochrisikospielen“ ist der jeweils notwendige Polizeieinsatz mit sehr hohen Aufwendungen verbunden, die hierfür geleisteten Einsätze summieren sich bundesweit jährlich auf etwa 1,6 Millionen Stunden.

Auch wenn die öffentliche Sicherheit Kernaufgabe des Staates ist, heißt das nicht, dass für häufig und regelmäßig stattfindende gewinnorientierte privatwirtschaftliche Veranstaltungen die Polizei beliebig in Anspruch genommen werden kann. Hier gilt zu Recht das Verursacherprinzip, einschlägige Polizeikosten sollten nicht zu Lasten der steuerzahlenden Allgemeinheit gehen. In anderen europäischen Ländern ist das übrigens bereits der Fall.

Die Rechtslage ist nun höchstrichterlich geklärt, die Bundesländer dürfen die spezifisch anfallenden Mehrkosten den Fußballklubs in Rechnung stellen. Bedauerlich ist jetzt allerdings, dass manche Länder davon Gebrauch machen, andere dagegen davon Abstand nehmen wollen. So entsteht in der Bundesrepublik ein Flickenteppich, was nicht sachgerecht und alles andere als wünschenswert ist. Sinnvoll wäre daher die Einrichtung eines Fonds bei der DFL, in den alle beteiligten Profiklubs einzahlen und aus dem dann von allen Bundesländern in Rechnung gestellte Polizeikosten beglichen werden könnten. Roland Schweizer Leverkusen

Fußball: Wieso sind Polizeieinsätze überhaupt erforderlich?

Wieso ist das Urteil, „ein Freifahrtschein für einen immer aggressiver und martialisch auftretenden Polizeiapparat“, wie Linda Röttig vom Dachverband Fanhilfen behauptet? Mit Verlaub: Wieso sind solche Einsätze überhaupt erforderlich? Ich gehe davon aus, dass viele Polizisten auch lieber mehr freie Wochenenden hätten. Vielleicht sollte der Dachverband die Randalierer selbst mäßigen. Hier wird die Realität vollkommen verdreht! Eine Unverschämtheit! Margarete Huth Köln

Kosten für Hochrisikospiele nicht länger auf Steuerzahler abwälzen

Die Länder dürfen die Klubs nicht wahllos zur Kasse bitten, sondern sie dürfen ihnen die Mehrkosten (!), die bei Hochrisikospielen entstehen, in Rechnung stellen. Die Aufregung von DFL und Fanclubs ist mir daher unbegreiflich. Warum haben Vereine und Fanclubs den Ultras in den letzten 20 Jahren Samstag für Samstag eine Bühne geboten, auf der sie ungestraft randalieren durften? Warum haben Vereine und Fanclubs nicht im Ansatz versucht, diese völlig unsinnigen und unsportlichen Gewaltexzesse einer Minderheit von Randalierern einzudämmen?

Stattdessen lebten die Vereine nach dem Motto: Was juckt uns das Geschehen rund ums Spiel, wenn am Ende des Spieltags die Kasse stimmt? Andererseits: Warum sollten die Vereine ohne Not handeln? Fuhren sie doch mit ihrem Nichtstun horrende Gewinne ein, mit denen überbordende Transfersummen und Spielergehälter gezahlt werden konnten, während sie die Kosten für die Sicherheit, nämlich den verstärkten Polizeieinsatz bei Hochrisikospielen, auf die Steuerzahler abgewälzten. Ein solches Geschäftsmodell wünschen sich sicherlich alle Unternehmer!

Als völlig unqualifiziert muss man die Beispiele Oktoberfest, Bremer Freimarkt und andere bezeichnen, die jetzt von DFL, Vereinsbossen und Fanclubs als Vergleich ins Feld geführt werden. Wie erwähnt, bezieht sich das Gerichtsurteil auf die Mehrkosten für Sicherheit durch Randalierer bei Hochrisikospielen und nicht auf die grundsätzliche Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Rahmen von Veranstaltungen.

Das Bundesverfassungsgericht hat ganz im Sinne der überwiegenden Mehrheit der Steuerzahler geurteilt. Es kann nicht sein, dass die Einen sich die Taschen füllen und die Anderen für die Kosten gerade stehen müssen. Sicherlich trifft dieses Urteil die unteren Ligen härter als die erste und zweite Bundesliga. Doch auch das ist heilbar, wenn die Vereine endlich bereit sind, ihre Komfortzone zu verlassen und sich ihrer Verantwortung stellen. Jürgen Ropertz Hürth

Vereine je nach Finanzkraft an Kosten für Polizeieinsätze beteiligen

Das historische und sinnvolle Urteil des BVG sollte dazu führen, dass die Vereine endlich ihren randalierenden Hooligans die Grenzen aufzeigen und sie bei weiteren Regelverstößen an den entstehenden Kosten beteiligen. Wenn ein Verein wie der FC Bayern München seinem Spieler Harry Kane über 20 Millionen Euro pro Jahr zahlen kann, wären ein paar Millionen Euro für Kostenbeteiligung an Polizeieinsätzen durchaus angebracht und könnten spielend aus der Portokasse bezahlt werden.

Bei nicht so wohlhabenden Vereinen könnte man, wie bei Steuerklassen schon üblich, unterschiedliche Sätze anrechnen. Daher stößt bei mir die ablehnende Haltung der NRW-Landesregierung auf Unverständnis, zumal einige Bundesländer an einer einvernehmlichen Lösung durchaus Interesse zeigen, statt den Steuerzahler weiter zu belasten.

Der Gipfel der Unverschämtheit ist allerdings der Kommentar des Vorstandsmitgliedes im Dachverband der Fanhilfe, Linda Röttig, demnach das Urteil ein Freifahrtschein für einen immer aggressiver und martialischer auftretenden Polizeiapparat sei. Es sind doch wohl eindeutig marodierende und gewaltbereite Fangruppen, die immer wieder größere und damit auch teurere Polizeieinsätze erfordern. Rainer Freudenhammer Sankt Augustin

Polizeikosten-Urteil: Äußerungen von Minister Reul „am Thema vorbei“

Sollte die Landesregierung NRW tatsächlich dabei bleiben, die Fußballklubs nicht für die von ihren „Fans“ verursachten Kosten der Polizeieinsätze heranzuziehen, wäre dies eine Veruntreuung von Steuergeldern. Denn das oberste deutsche Gericht hat genau dies nun ermöglicht. Außerdem würden diese sogenannten Fans dadurch auch noch ermuntert, weiterhin Randale zu veranstalten und öffentliches sowie privates Eigentum sinnlos zu zerstören. Denn die Klubs, deren Vorstände in der Vergangenheit oft genug zu diesem Thema geschwiegen haben, würden ja weiterhin nicht zur Kasse gebeten. Die Aussage von Minister Reul, „Polizeieinsätze dürfen kein Preisschild haben“, geht am Thema vorbei. Michael Wunsch Pulheim