In diesen Tagen erleben wir nicht nur eine erneut ansteigende Welle der Corona-Pandemie, sondern gleichzeitig auch eine irritierende Debatte zum Thema „Impfpflicht“. Zuallererst ist die Impfung eine Selbstverpflichtung jedes Menschen für seine eigene Gesundheit. Es geht um den Schutz der eigenen Person und den Schutz der Gesundheit anderer Menschen – dafür sind wir alle selber und gemeinsam verantwortlich.
Im politischen Diskurs tut man oft so, als ob es vorwiegend um „Freiheit“ und „Freiheitseinschränkungen“ gehen würde. Es geht in der Pandemiebekämpfung aber nicht um „Freiheit“ oder „Zwang“, sondern um die Aufrechterhaltung der Gesundheit. Der Staat hat hierbei vorwiegend eine Schutzfunktion für die Bürger. Im Alltag kennen wir eine Reihe von Pflichten, denen wir selbstverständlich Folge leisten, wie das Anlegen des Sicherheitsgurtes im Auto oder die Schulpflicht. Jeder akzeptiert diese Pflichten.
Warum wird das Thema „Impfpflicht“ nicht mit derselben Selbstverständlichkeit behandelt? Ich kann nur hoffen, dass die Mitglieder des Bundestags und der Bundesregierung das Thema „Impfpflicht“ richtig verstehen, nämlich als „Impfschutz“ mit dem Ziel, die Gesundheit der Menschen zu sichern.Johannes BöhnkeLohmar
Zweifel an der Umsetzbarkeit einer Impfpflicht
Nach gegenwärtiger Lage der Dinge wird mit einiger Wahrscheinlichkeit keine allgemeine Corona-Impfpflicht zustande kommen. Und das ist auch gut so. Zum einen wiegt der Grundrechtseingriff zu schwer, wäre das Gesetz kaum zweckgerecht und nicht das letzte mögliche Mittel erfolgreicher Pandemiebekämpfung. Es würde zudem politische Glaubwürdigkeit verspielt, gesellschaftliche Spannungen würden verschärft.
Zum anderen sind starke Zweifel an einem konsequenten Vollzug eines entsprechenden Gesetzes angebracht, da dies sehr wahrscheinlich eine organisatorische und administrative Überforderung zur Folge hätte. Nicht zuletzt ist die dafür – und auch aus anderen Gründen – sinnvolle Einrichtung eines nationalen Impfregisters in unserem Land ungewiss oder nur mit großer zeitlicher Verzögerung zu leisten. Zielführendes, straffes staatliches Handeln in einer Pandemie sieht anders aus.
Alles wenig geeignet, die gesellschaftliche Akzeptanz einer allgemeinen Impfpflicht zu stärken sowie das Vertrauen in die politischen Akteure – vor allem die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien – zu festigen. Was unabhängig von alledem bleibt und gelten sollte: Es gibt jenseits von etwaigen gesetzlichen Vorgaben eine moralisch-ethische Impfpflicht des verantwortlich handelnden Individuums.Roland SchweizerLeverkusen
Freiwillige Verpflichtungen funktionieren nur begrenzt
Sicher möchte ich nicht in einem System wie China, Russland oder der Türkei leben, aber etwas mehr Entscheidungsfreude habe ich von der neuen Regierung schon erwartet. Wir diskutieren alles so lange, bis es weichgekocht ist und dann eh weggeworfen werden muss. Einsicht in die Impfnotwendigkeit ist bei einem Teil der Bevölkerung nicht zu erwarten. Freiwillige Verpflichtungen funktionieren in Deutschland nur sehr begrenzt, siehe Nahrungsmittel, Frauenanteil in Führungsetagen und Parteien. Daher halte ich eine Impfpflicht für Menschen ab 18 Jahren für angebracht, was 65 Prozent der Bevölkerung auch so sehen.Ingeborg Pia SchneiderRösrath
Kein Verständnis mehr für das Lavieren der Politik
Ich bin fast 75 Jahre alt und habe sicherlich nicht mehr so fürchterlich viel Lebenszeit vor mir, als dass ich noch alles nachholen könnte. Ich empfinde dieses durch Corona erzwungene Leben als gestohlene Lebenszeit und ich habe ein Interesse daran, dass ich ab Sommer wieder unbedenklich Freunde treffen und in Konzert, Philharmonie und auch, ich bin Rheinländer, wieder mal eine Karnevalssitzung besuchen kann. Wenn ich alle Experten richtig verstanden habe, so ist das nur mit einer hohen Impfquote zu erreichen.
Klar ist, dass eine Impfpflicht auf jeden Fall größeren Druck ausüben würde, sich endlich impfen zu lassen. Ich habe verstanden, dass in jedem Falle die Wahrscheinlichkeit, schwer an Corona zu erkranken oder gar mit seinem Leben zu bezahlen, in dem Maße abnimmt, wie die Impfquote zunimmt.
Also ist es selbstredend Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass dies geschieht und zwar nach über zwei Jahren sehr reduziertem Leben ganz schnell, damit nicht wieder der nächste Corona-Herbst und -Winter droht. Freiwillig, das lehrt die Erfahrung, geht das offenbar nicht. Ich habe daher für das Lavieren der Politik kein Verständnis mehr, auch nicht für die Position von Herrn Dürr.Siegfried JaspertBergheim
Protestbanner gegen die Einführung einer Impfpflicht bei einer Demonstration in Bonn mit der Aufschrift „Wieviel Booster hälst Du aus? Keine Impfpflicht“
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Irritation über Aussage von Wolfgang Kubicki
Im „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom 27. Januar berichten Sie von der Parlamentsdebatte im Deutschen Bundestag über die Einführung einer Corona-Impfpflicht. In diesem Zusammenhang zitieren Sie den Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Kubicki (FDP) mit den Worten: „Ich möchte jedenfalls nicht, dass die Mehrheit für die Minderheit festlegt, was man als vernünftig anzusehen hat, und was man nach Mehrheitsmeinung tun muss, um solidarisch zu sein.“
An dieser Stelle grüble ich darüber nach, ob ich unsere parlamentarische Demokratie – seit mittlerweile selbst über 70-Jähriger Bundesbürger – mein Leben lang falsch verstanden habe. War es bisher nicht so, dass wir von der jeweils gewählten Mehrheit mehr oder weniger gut oder schlecht regiert wurden? Was habe ich also falsch verstanden? Oder hat möglicherweise doch der Rechtsanwalt Kubicki ein Denk-Defizit in Sachen Mehrheitsentscheidungen und Wesen unserer Demokratie? Oder war es reine Polemik des Herrn Kubicki, in der Hoffnung, dass das Fußvolk diesen Widerspruch gar nicht erst bemerkt? Fragen über Fragen. H. Jürgen HoffmannKöln
Gewöhnen an ein Leben mit dem Virus
Massenhafte Ansteckungen mit der Omikron-Variante verlaufen derzeit meist recht harmlos. Es wird höchste Zeit, endlich zu akzeptieren, dass eine Immunisierung der einzige Weg aus der Pandemie ist, und zwar durch Gewöhnung – nicht durch eine alle paar Monate zu erneuernde Impfung. Ursula WindheuserKöln