Mit Mindestabstand und Maskenpflicht versucht Mallorca, das Infektionsrisiko auch auf den Partymeilen unter Kontrolle zu halten.
Nicht alle Urlauber machen dabei mit.
Köln/Düsseldorf – Verschärfte Maskenpflicht zur Bekämpfung des Sauftourismus am Ballermann. Für alle, auch im Freien, auch wenn der Mindestabstand eingehalten werden kann. Die meisten der Urlaubsrückkehrer, die am Dienstagnachmittag um 15.02 Uhr auf dem menschenleeren Flughafen Köln/Bonn landen, können darin nur wenig Sinn erkennen und sind ziemlich überrascht darüber, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gar vor einem „zweiten Ischgl“ warnt.
„Es stimmt, dass am Wochenende am Ballermann nur eine einzige Straße mit Kneipen geöffnet hatte“, sagt Hubertus Grimmelt. „Alle, die ausgehen wollten, haben sich da getroffen.“ Aber in Cala Ratjada zum Beispiel sei es menschenleer gewesen. „Wenn ich dort mit meiner Frau spazieren gehe, brauche ich doch keine Maske. Das macht doch keinen Sinn.“ Grimmelts Vorschlag: Die Behörden sollten sich auf die Hotspots konzentrieren und dort bei Exzessen hart durchgreifen. Die Hotels seien alle leer, viele noch geschlossen. „Wir haben die Chance genutzt und einfach für ein langes Wochenende unsere Freunde besucht.“ In den Hotels auf der Insel sei man äußerst penibel auf Hygiene bedacht. „Da gibt es keinen Tisch, der nicht abgewischt und desinfiziert wird.“
Für die Mallorquiner mache die verschärfte Maskenpflicht im Vergleich zum Lockdown der letzten Wochen „keinen Unterschied“, findet Alexander Stumpfl aus Troisdorf, der mit seiner Familie auf der Baleareninsel einen Zweitwohnsitz hat. „Für Urlauber ist das sicher eine Einschränkung, aber es dient ja der eigenen Sicherheit.“
Vor allem die Ballermann-Parties der Deutschen und Engländer gingen gar nicht. „Es ist richtig, dass die Regierung diesen Schritt gegangen ist, auch wenn der Tourismus etwas ruhiger ist als in normalen Jahren und die Maskenpflicht die Urlauber jetzt noch mehr abschrecken könnte.“
Spanien sei auf einem guten Weg, die Pandemie in den Griff zu kriegen. Vorkommnisse wie am Ballermann werde die Regierung nicht mehr tolerieren. „Da sind die Spanier wirklich konsequent. Das wird dann richtig teuer und das ist auch gut so“, sagt Stumpfl.
Er habe die Partyszene in der sogenannten Bierstraße als gar nicht so schlimm empfunden. „Wir waren am Freitag dort. Es war voll, aber nicht überfüllt. Auf der Hohe Straße in Köln ist da teilweise mehr los“, sagt Helmut Preuß aus Brühl. Vier Tage Strandurlaub als Ersatz für eine überfüllte Nordseeküste – er könne Mallorca durchaus empfehlen. Zumal die Insel durch die Corona-Krise im Vergleich zu den Vorjahren deutlich preiswerter sei.
„Am Rhein in Köln oder Düsseldorf ist bei schönem Wetter deutlich mehr los“
Ganz ähnlich sieht das Christian Schneider aus Wetzlar, seit „mindestens zehn Jahren“ Stammgast auf der Insel und „immer wieder gern“ am Ballermann zu Gast. „Wir haben noch gesagt, dass am Rhein in Köln oder Düsseldorf bei schönem Wetter deutlich mehr los ist. Wir hatten zunächst Holland gebucht, aber da war die Wetterprognose schlecht und Mallorca ist in diesem Sommer vom Preis her unschlagbar“, so Schneider. „Acht Tage für 649 Euro all inclusive.“ Den klassischen Party-Tourismus werde es im Sommer 2020 wohl nicht geben. „Bis Freitag hatten am Ballermann längst nicht alle Bars geöffnet.“ Das sei fast wie ein Kultururlaub. „Keine Liegen am Strand. Nichts.“
Das habe ihn aber nicht gestört. Die hundertprozentige Wettergarantie mache das allemal wett.
Sorgen bereite den Hoteliers und Restaurantbesitzern die seit Montag generelle Maskenpflicht. „Wenn die Schonfrist am Mittwoch abgelaufen ist, kann das richtig teuer werden. Bei der drückenden Hitze, bei 30 Grad ist das schon eine Beeinträchtigung.“ Schneider sagt, man habe sich an die deutschen Corona-Regeln gehalten und die Masken in geschlossenen Gebäuden getragen. Das müsse doch ausreichen. Schneider hat sich vorab darüber informiert und habe den Strandabschnitt am Ballermann 11 gebucht, weil es dort ein paar Kioske gibt. „Wir waren uns vor dem Abflug nicht sicher, ob die Restaurants überhaupt schon geöffnet haben.“
Die Ausreißer am Ballermann werden in Deutschland Konsequenzen haben und wieder einmal sind es die Bayern, die die Initiative ergreifen. Wegen der möglichen Corona-Infektionsgefahr durch Urlaubsrückkehrer will sich Bayern mit den anderen Bundesländern und dem Bund absprechen. „Wir müssen aufpassen, dass insgesamt von Reiserückkehrern keine neuen Infektionen nach Deutschland gebracht werden“, sagte Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) am Dienstag. Sie werde das Thema in die wöchentliche Telefonschaltkonferenz der Landesgesundheitsminister mit Jens Spahn am kommenden Montag einbringen.
NRW-Landesregierung beobachtet Situation auf Mallorca
Die Situation auf Mallorca werde auch von der Landesregierung fortwährend beobachtet, teilt auch das NRW-Gesundheitsministerium auf Anfrage mit. Welche Gebiete als Risikogebiete einzustufen sind, werde aber von der Bundesregierung unter Beteiligung des Auswärtigen Amts und der Bundesminister für Inneres und Gesundheit entschieden. Das Land könne Empfehlungen abgeben. So will etwa Gesundheitsminister Laumann erreichen, dass Urlauber, die bewusst in Risikogebiete reisen, sich an den Kosten für die Corona-Tests selbst beteiligen.
Die Einstufung als Risikogebiet basiert auf einer zweistufigen Bewertung. Zunächst wird festgestellt, in welchen Staaten oder Regionen es in den vergangenen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner gab. In einem zweiten Schritt wird nach qualitativen Kriterien festgestellt, ob für Regionen, die den genannten Grenzwert nominell unterschreiten, dennoch die Gefahr eines erhöhten Infektionsrisikos vorliegt. Das sei bei Mallorca bisher nicht der Fall. Sollte sich diese Einschätzung ändern, müssten nach der Corona-Schutzverordnung alle Personen, die aus einem Risikogebiet nach NRW einreisen, für 14 Tage in häusliche Quarantäne und das bei ihrem Gesundheitsamt anzeigen. Die Liste der Risikogebiete wird vom Robert-Koch-Institut (RKI) veröffentlicht.
Die Quarantäne könne nur ausgesetzt werden, wenn ein negativer Test auf das Coronavirus vorliegt, der bei der Einreise nicht älter als 48 Stunden sein darf, hieß es. So solle die Ausbreitung von Corona-Infektionen durch Menschen, die aus dem Ausland kommen, möglichst vermieden werden. Bei einer Ausweisung des Risikogebiets durch das RKI würden diese Regelungen auch für Reiserückkehrer aus Mallorca gelten.