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AuszeichnungMedizin-Nobelpreis geht an Entdecker von Hepatitis-C-Virus

Lesezeit 5 Minuten
Nobelpreis Medizin 2020

Harvey J. Alter (v.l.n.r.), Michael Houghton und Charles M. Rice

Stockholm – Der diesjährige Medizin-Nobelpreis geht an drei Virusforscher. Harvey J. Alter (USA), Michael Houghton (Großbritannien) und Charles M. Rice (USA) hätten mit ihren Entdeckungen zum Hepatitis-C-Virus die Grundlage dafür gelegt, den Erreger nachweisen und beseitigen zu können, hieß es am Montag in Stockholm (Schweden) vom Nobelkomitee. Sie trugen demnach maßgeblich zur Entwicklung von Bluttests und neuen Medikamenten bei, die Millionen Menschen das Leben retteten.

Lange Zeit war Hepatitis C eine schlecht zu behandelnde chronische Erkrankung, viele der Betroffenen entwickelten als Spätfolge Leberzirrhose und Leberkrebs. Heute ist es in den meisten Fällen möglich, das verursachende Virus zu beseitigen.Der 1935 in New York geborene Harvey J. Alter hatte als Erster nachweisen können, dass ein bis dato unbekanntes Virus eine chronische Hepatitis auslösen kann. Dem 1949 geborenen Briten Michael Houghton gelang es, das Genom des neuen Virus zu isolieren. Es bekam den Namen Hepatitis-C-Virus. Charles M. Rice, 1952 in Sacramento (USA) geboren, lieferte schließlich den Beweis dafür, dass das Hepatitis-C-Virus allein Hepatitis verursachen kann.

Gerade mit Blick auf die Entwicklung von Medikamenten leistete zudem auch ein deutscher Wissenschaftler einen wichtigen Beitrag: Ralf Bartenschlager von der Universität Heidelberg. Ihm gelang es, das Virus im Labor zu vermehren - eine wichtige Voraussetzung, um die Wirkung von Medikamenten zu untersuchen. Den Nobelpreis, die höchste Ehrung in der Medizin, dürfen sich allerdings nicht mehr als drei Personen teilen.

Bartenschlager war „fundamental“ beteiligt

Dass Bartenschlager nicht mit geehrt wurde, stieß bei Fachkollegen auf Bedauern: „Er hätte es auch absolut verdient“, sagte Michael Manns von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Auch Reinhold Kreutz, Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Charité in Berlin, sagte, Bartenschlager sei „fundamental“ beteiligt gewesen. Der Nobelpreis an die ausgewählten Hepatitis-C-Forscher sei aber verdient, betonten beide Experten. Bartenschlager selbst sagte, dass es der Beitrag von vielen gewesen sei, dass man heute fast alle Betroffenen heilen könne.

Das Hepatitis-C-Virus wird meist über infiziertes Blut übertragen. Die akute Infektion verläuft oft unbemerkt, unbehandelt nimmt sie häufig einen chronischen Verlauf. Nach vielen Jahren können die Betroffenen Leberzirrhose und Leberkrebs bekommen.Nach WHO-Angaben sterben jährlich weltweit noch immer fast 400 000 Menschen infolge einer Hepatitis-C-Infektion, 71 Millionen Menschen sind chronisch infiziert. Europa gehört zu den stark betroffenen Regionen. In Deutschland erkrankten laut Robert Koch-Institut (RKI) im Jahr 2019 knapp 6000 Menschen, insgesamt sind schätzungsweise 250 000 Menschen infiziert. Betroffen sind oft Menschen, die sich Drogen spritzen oder früher einmal gespritzt haben. Das Virus kann durch gemeinsames Benutzen von Spritzbesteck übertragen werden.

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„Mit der Identifikation der Hepatitis-C-Viren haben Alter, Houghton und Rice den Weg für die Entwicklung von Bluttests und Medikationen geebnet, mit der sich die Erkrankung so gut behandeln lässt, dass sie in der Regel durch eine zwei- bis dreimonatige Therapie sicher ausgeheilt werden kann“, erklärte Frank Schuppert, Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Endokrinologie, Diabetologie und Allgemeine Innere Medizin am Klinikum Kassel.

Trotz aller Erfolge - eine Impfung gibt es anders als gegen Hepatitis A und B bis heute nicht. „Das Virus (Hepatitis C) ist sehr variabel und ändert seine Hüllbestandteile schnell. Man kann sich auch erneut wieder anstecken, wenn man es mal gehabt hat“, sagte der Hepatologe Thomas Berg vom Universitätsklinikum Leipzig.

In Impfstoff-Feld gebe es sehr wenig Dynamik, so Bartenschlager. Die Pharma-Industrie sei eigentlich zufrieden, weil man gut therapieren könne. „Damit ist natürlich der Schwung und der Wille, Geld und Zeit und Energie in die Entwicklung eines Impfstoffes bei der Hepatitis C zu stecken, recht moderat ausgeprägt.“

Der Nobelpreis ist nicht der erste wichtige Preis, den die Wissenschaftler für ihre Forschungsarbeit bekamen. Alle drei haben bereits den renommierten Lasker-Preis für klinisch-medizinische Forschung erhalten: Rice im Jahr 2016 gemeinsam mit Bartenschlager, Alter und Houghten zusammen im Jahr 2000.

Alter fühlte sich von Telefonklingeln gestört

Alter, der von Kollegen als sehr humorvoll beschrieben wird, fand die nächtliche Störung zunächst nicht besonders lustig. Als das Telefon bei ihm an der US-Ostküste gegen 4.45 Uhr klingelte, habe er gedacht, was denn zum Teufel los sei, erzählt er in einem auf dem Twitter-Account der Nobelpreise veröffentlichten Telefonat. „Beim dritten Mal bin ich dann wütend aufgestanden, um ranzugehen - dann war Stockholm dran. Das war eine verrückte Erfahrung.“ Auch Rice wurde vom Sekretär der Nobelversammlung wachgeklingelt.

Die höchste Auszeichnung für Mediziner ist in diesem Jahr mit zehn Millionen schwedischen Kronen (rund 950 000 Euro) dotiert, eine Million Kronen mehr als im Vorjahr. Seit 1901 haben 219 Menschen den Medizin-Nobelpreis erhalten, darunter 12 Frauen. Im vergangenen Jahr erhielten William Kaelin (USA), Peter Ratcliffe (Großbritannien) und Gregg Semenza (USA) den Preis. Sie hatten entdeckt, wie Zellen den Sauerstoffgehalt wahrnehmen und sich daran anpassen.

Mit dem Medizin-Preis startete der Nobelpreis-Reigen. Am Dienstag und Mittwoch werden die Träger des Physik- und des Chemie-Preises benannt. Am Donnerstag wird bekanntgegeben, wer den diesjährigen Literatur-Nobelpreis erhält und am Freitag der Träger des diesjährigen Friedensnobelpreises. Die Reihe der Bekanntgaben endet am folgenden Montag, 12. Oktober, mit dem von der schwedischen Reichsbank gestifteten sogenannten Wirtschafts-Nobelpreis.

Die feierliche Vergabe aller Auszeichnungen findet traditionsgemäß am 10. Dezember statt, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel. (dpa)