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Solidarität, KrisenmanagementZehn gute Nachrichten in Zeiten von Corona

Lesezeit 6 Minuten
Stephan Pusch

Stephan Pusch, Landrat des Kreises Heinsberg

Köln – Die Auswirkungen des Coronavirus werden nun auch in Köln und der Region mit Härte spürbar. Doch es gibt angesichts der Krise auch Nachrichten, die Anlass zu Hoffnung und Zuversicht geben. Und in einigen Bereichen könnte unser Umgang mit der Krise sogar Vorbild sein, unsere Gesellschaft nachhaltig zum Besseren zu verändern

Weniger Neuinfektionen in China

Die Zahl der Neuinfektionen geht in China, das zuerst vom Coronavirus betroffen war, drastisch zurück. Nur noch 19 Neuansteckungen vermeldeten die Gesundheitsbehörden am Dienstag – in einem Land mit 1,4 Milliarden Menschen. Davon entfielen 17 Fälle auf die Stadt Wuhan, zwei waren aus dem Ausland eingeflogene Infizierte. Der „Krieg gegen das Virus“, den Staatschef Xi Jinping ausgerufen hatte, scheint gewonnen. China lockerte die Restriktionen in der Provinz Hubei und deren Hauptstadt Wuhan. Wegen der Epidemie war die ganze Region mit rund 56 Millionen Einwohnern unter Quarantäne gestellt worden. Nun dürfen gesunde Menschen innerhalb der Provinz wieder reisen. Die Lage in Wuhan hat sich derart entspannt, dass sämtliche öffentliche Einrichtungen, die zu temporären Coronavirus-Krankenhäusern umfunktioniert waren, geschlossen wurden.

Großer Zusammenhalt im Kreis Heinsberg

Es geht eine Welle der Solidarität und des Zusammenhalts durch den Kreis Heinsberg, der als der Corona-Hotspot in Deutschland bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hat. Unter dem Hashtag #hsbestrong macht man sich gegenseitig Mut. Es sind bereits T-Shirts mit dem Schriftzug erhältlich, die für einen guten Zweck verkauft werden. Wohl selten hat ein Kommunalpolitiker derart viel Zuspruch erhalten. Landrat Stephan Pusch (CDU) erweist sich als bodenständiger und zupackender Krisenmanager, der von allen Seiten gelobt wird und der den Menschen mit seinen klaren Videobotschaften, die auch sehr viel Privates enthalten, immer wieder Mut zuspricht. Gemeinsam durch die Krise – die Heinsberger schüren keine Panik und bleiben gelassen.

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Diese Illustration zeigt das neuartige Coronavirus.

Das Krisenmanagement funktioniert

Gesundheitsminister Jens Spahn steht in diesen Wochen vor der größten Herausforderung seiner politischen Laufbahn: Bislang bewältigt er sie mit großer Besonnenheit, einzig seine Empfehlung vom Sonntag, Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern vorerst abzusagen, löste zunächst ein ziemliches Durcheinander aus. Auch das Krisenmanagement der Stadt Köln funktioniert nach anfänglichen Schwierigkeiten gut. Die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) haben sich mit einem Pandemieplan auf eine möglicherweise dramatische Verbreitung des Coronavirus vorbereitet. Solche Maßnahmen sorgen für Vertrauen in der Bevölkerung.

Zustände wie in Italien können noch vermieden werden

Eine rasante Ausbreitung des Coronavirus wie in Italien kann nach Einschätzung des Gesundheitsexperten Karl Lauterbach hierzulande noch verhindert werden. In Deutschland gebe es einen guten Überblick über die Zahl der infizierten Menschen. „Wir müssen verhindern, dass so etwas vorkommt wie in Italien. Das können wir derzeit noch.“ Maßnahmen wie die Absage des Kölner Literaturfestivals lit.Cologne trotz vieler Lesungen mit deutlich weniger als 1000 Besuchern sowie Veranstaltungen in allen größeren Konzerthallen erscheinen vielen Menschen übertrieben oder drastisch angesichts der sehr wenigen Todesfälle durch das Coronavirus in Deutschland, werden mit großer Wahrscheinlichkeit aber dazu beitragen, dass es nicht zu Zuständen wie in Italien kommen wird.

Das deutsche Gesundheitswesen ist auf die Epidemie gut vorbereitet

Frank Ulrich Montgomery, der Chef des Weltärztebundes Deutschland, sieht das deutsche Gesundheitswesen hervorragend ausgerichtet: „Unser Gesundheitswesen, unsere Prävention, unsere Erkennung dieser Maßnahmen funktioniert“, sagte er im ZDF-Morgenmagazin. Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité lobte am Montag auf einer Pressekonferenz in Berlin: Deutschland habe das Virusgeschehen sehr früh erkannt und sich damit einen extremen Vorsprung in der Erkennung der Epidemie gesichert. „Das hat dazu geführt, dass wir jetzt sehr hohe Fallzahlen in den Statistiken haben, ohne relevant große Zahlen von Todesfällen berichten zu müssen.“ Damit hätten andere Länder einen Monat oder mehr an Zeit verloren.

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Die Forschung arbeitet intensiv an einem Impfstoff

Weltweit arbeiten Wissenschaftler an einem Impfstoff gegen das neuartige Virus. Bis zum kommenden Jahr könnte der Schutz entwickelt sein, meint der Chef des Paul-Ehrlich-Institut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, Klaus Cichutek. Im Sommer bis Herbst dieses Jahres könnte es erste klinische Prüfungen geben, im nächsten Jahr Studien mit Tausenden oder Zehntausenden Probanden. In den USA gab die Arzneimittelzulassungsbehörde FDA grünes Licht für erste klinische Tests eines potenziellen Impfstoffs. An der Universität Gießen wird derzeit erforscht, ob bereits zugelassene Medikamente womöglich auch gegen das Coronavirus helfen können. Zahlreiche Staaten und auch die EU haben Förderprogramme für die Forschung aufgelegt. Der Bund etwa stellt dafür bis zu einer Milliarde Euro zur Verfügung.

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Kellner arbeiten mit Mundschutz auf einer Terrasse vor dem Mestalla-Stadion während des Champions-League-Achtelfinalspiels zwischen Valencia und Atalanta.

Viele Erkrankte sind längst wieder gesund

Ja, es gibt sie. Viele Menschen, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, sind längst wieder gesund und können ihrem Alltag nachgehen. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hätte gern exakte Zahlen, doch die lassen sich derzeit nicht ermitteln, weil die Gesundheitsämter des Landes für die Erhebung solcher Statistiken derzeit nun wahrlich keine Zeit haben.

Arbeitgeber zeigen sich flexibel und entgegenkommend

Viele Arbeitgeber zeigen sich in Zeiten des Coronavirus flexibel. Zehntausende Beschäftigte können im Homeoffice arbeiten, auch wenn die Belegschaft nicht offiziell in Quarantäne geschickt werden musste. Und es funktioniert. Dienstreisen und größere Veranstaltungen haben größere Firmen wie Lanxess durch Telefon- und Videokonferenzen ersetzt. Wünschenswert wäre es, wenn diese Flexibilität die Krise überdauern würde: Für die nicht nur von Frauen geforderte bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf wäre viel getan, wenn Homeoffice ganz normaler Bestandteil der Arbeitskultur würde.

Mehr Bewusstsein für den eigenen Gesundheitszustand

Ob aus schlechtem Gewissen oder Pflichtbewusstsein: Bislang war Krankheit für viele Arbeitnehmer kein Grund, nicht zur Arbeit zu gehen. Das bestätigte 2018 etwa die Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), in der mehr als zwei Drittel der Befragten angaben, an mindestens einem Tag im vergangenen Jahr gearbeitet zu haben, obwohl sie sich richtig krank fühlten. Fast ein Drittel der Beschäftigten hatte sich sogar zwei Wochen oder länger mit Krankheitsbeschwerden in das Unternehmen geschleppt. Dieses Verhalten hat sich seit dem Coronavirus deutlich verändert: Wer auch nur kleine Anzeichen einer Erkrankung verspürt, bleibt zu Hause – und kuriert auch eine Erkältung gründlich aus. Man kann davon ausgehen, dass diese Einsicht dauerhaft wachsen wird: Es ist eben keine Heldentat, sich krank zur Arbeit zu schleppen und die Kollegen anzustecken. Auch die Zahl der für ältere Menschen besonders wichtigen Grippe-Impfungen dürfte zunehmen.

Die internationale Zusammenarbeit verbessert sich

Die nationalen Alleingänge, zuallererst in China, haben die frühe Eindämmung des Coronavirus erschwert. Darum wächst jetzt das Bewusstsein in vielen Ländern, dass nur eine gute internationale Zusammenarbeit dazu beitragen kann, Krisen zu meistern – auch die Weltgesundheitsorganisation muss gestärkt werden. Das mühelos Ländergrenzen überschreitende Coronavirus zeigt, dass Protektionismus und Nationalismus keinen Sinn ergeben. Wir müssen wieder mehr reden, international. Wenn wir klug sind, lernen wir daraus langfristig – um die nächste Epidemie besser zu bekämpfen. Oder den Klimawandel.