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„Klare Gefahr für die Flugsicherheit“Offenbar Tausende Piloten fluguntauglich – die meisten fliegen dennoch weiter

Lesezeit 3 Minuten
Piloten sitzen in dem Cockpit eines Transportflugzeugs (Symbolbild)

Piloten sitzen in dem Cockpit eines Transportflugzeugs (Symbolbild)

In den USA stehen fast 5.000 Piloten im Verdacht, psychische Störungen und andere schwerwiegende Erkrankungen zu verheimlichen.

Der Flugzeug-Branche in den USA droht ein riesiger Vertrauensverlust. Im Verdacht stehen fast 5.000 Piloten, sie sollen medizinische Unterlagen gefälscht haben, um schwerwiegende Krankheiten zu verschleiern. Dies berichtet die Washington Post am Sonntag.

Demnach laufen gegen rund 4.800 Piloten Ermittlungen. Es bestehe die Vermutung, dass sie Leistungen für schwerwiegende Erkrankungen, beispielsweise für psychische Störungen, verheimlicht hätten. Es gehe um Krankheiten, die sie fluguntauglich machen könnten, wie aus Dokumenten und Interviews hervorgeht, die der „Post“ vorliegen.

Tausende Piloten womöglich fluguntauglich – FAA spricht von Gefahr für die Flugsicherheit

Die Untersuchungen laufen dem Bericht zufolge vor gegen Militärveteranen, die der US-Luftfahrtbehörde (Federal Aviation Administration, kurz FAA) mitgeteilt haben, flugtauglich zu sein, gleichzeitig aber als Veteranen Invaliditätszahlungen wegen schwerwiegender Gesundheitsprobleme beziehen – die sie laut Gesetzgebung vom Cockpit ausschließen.

Die Ermittlungen liefen bereits seit Monaten, seien aber von der FAA weitestgehend geheim gehalten worden. Nun machte die FAA öffentlich, dass etwa die Hälfte der Fälle untersucht worden seien, mit erschreckendem Ergebnis. Rund 60 Piloten stellen laut FAA eine „klare Gefahr für die Flugsicherheit“ dar – und damit möglicherweise auch für zivile Passagiere. Denn: Etwa 600 der Piloten, gegen die ermittelt wird, hätten eine Fluglizenz für Passagierfluggesellschaften, so ein hochrangiger US-Beamter laut Washington Post.

Bei dem Rest handle es sich meist um gewerbliche Lizenzen, die es den Piloten ermöglichen, im Auftrag für zum Beispiel Frachtunternehmen, Firmenkunden oder Reiseveranstalter zu fliegen.

Ermittlungen gegen tausende Piloten laufen – Experten in den USA kritisieren FAA

Experten in den USA sind beunruhigt und kritisierten die FAA für mutmaßliche Schwachstellen in Gesundheitschecks der Piloten. Insbesondere mentale Gesundheitsprobleme würden oft nicht erkannt, wenn die Piloten selbst sie nicht melden würden. Besonders alarmierend: Die meisten der Piloten, gegen die Untersuchungen laufen, dürfen weiterhin fliegen. Einige seien aber bereits aus dem Verkehr genommen worden, berichtet die Washington Post.

Einige Fälle könnten dem Bericht zufolge bald auch die US-Justiz beschäftigen, es geht um Betrug und Dokumentenfälschung. Angeschoben hatte die laufende Untersuchung laut Washington Post nicht etwa die FAA, sondern vom Ministerium für Veteranenangelegenheiten.

Dort hatte man offenbar Sorge, dass einige Piloten psychische Erkrankungen verheimlichten – oder in Invaliditätsleistungen geltend machten, die ihnen eigentlich nicht zustünden. Es folgte der Abgleich der Datenbank mit derer vom FAA, so kam die Behörde auf die knapp 5000 Menschen, die als Zivilpiloten zugelassen sind.

Flugzeugabsturz 2015 in Frankreich löste Debatte über psychische Gesundheit bei Piloten aus

Welche verheerenden Folgen eine psychische Krankheit bei einem Piloten haben kann, zeigte 2015 der Absturz einer Germanwings-Maschine in Frankreich. 150 Menschen starben damals in den französischen Alpen. Ermittler fanden später heraus, dass der Co-Pilot Andreas L. die Maschine absichtlich zum Absturz gebracht hatte. Der 27-Jährige L. hatte unter schweren Depressionen gelitten, von denen der Arbeitgeber nichts wusste. In den Tagen vor dem Absturz soll er sich im Internet über Möglichkeiten eines Suizids informiert haben.

Der Fall löste eine Debatte über die Gesundheitschecks bei Piloten aus und hatte einige Regeländerungen in Europa zur Folge. Mussten früher Piloten lediglich bei der Einstellung ein psychologisches Gutachten erstellen lassen, so wird mittlerweile auch bei einem Wechsel der Airline stets ein neues erstellt. Zudem werden die Piloten stichprobenartig auf Drogen, Alkohol oder Medikamente getestet. Alle Daten werden in einer nach dem Unglück neu eingeführten flugmedizinischen Datenbank festgehalten.