Kappensitzung GangeltStreeck: Schuld am Corona-Ausbruch war die schlechte Belüftung
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Bonn – Bei der Verbreitung des Coronavirus auf der sogenannten Kappensitzung in Gangelt am 15. Februar 2020 spielte die Belüftung eine wichtige Rolle. Das geht aus einer jetzt als Vorveröffentlichung (Preprint) publizierten Studie des Bonner Virologen Hendrik Streeck und anderer Wissenschaftler hervor.
„Die Studie zeigt deutlich, wie wichtig eine gute Belüftung mit Frischluft und Filteranlagen sind“, sagte Streeck der Deutschen Presse-Agentur.
Die Forscher haben über Monate hinweg 411 der insgesamt etwa 450 Teilnehmer der Karnevalssitzung befragt. Die Sitzung hatte sich als Superspreader-Event herausgestellt. Fast die Hälfte der Teilnehmer – 46 Prozent – infizierte sich mit dem Virus.
Eine große Rolle bei der Verteilung des Virus im Saal spielte den Erkenntnissen zufolge die Lüftung. Sie führte dem Saal, dessen Fenster geschlossen waren, nur 30 Prozent Frischluft zu. Dadurch habe die Lüftung das Virus verbreitet, sagte Streeck.
Dementsprechend höher war das Infektionsrisiko, wenn man in der Nähe des Tisches saß, an dem die Luft angesogen wurde, oder an der Bar stand, wo die Luft wieder ausgepustet wurde. Auf der gegenüberliegenden Seite des Saals war das Risiko dagegen geringer.
Alkohol spielte keine Rolle
Alkoholkonsum habe sich nicht als Risikofaktor erwiesen. Zuvor war darüber spekuliert worden, dass Teilnehmer, die viel Alkohol getrunken hatten, enthemmter gewesen sein und mehr Körperkontakt gehabt haben könnten. Auch das Geschlecht wirkte sich den Erkenntnissen zufolge nicht aus.
Eine Senkung des Risikos sei bei Rauchern festgestellt worden – wobei die Forscher betonen, dass Rauchen ohne Zweifel gesundheitsschädlich ist. Der Grund für den positiven Effekt sei in diesem Fall möglicherweise, dass Raucher öfter nach draußen gegangen seien und dadurch Frischluft eingeatmet hätten.
Wer in der Pause aus dem Saal gegangen sei, habe sein Risiko allgemein deutlich verringert. „Es spricht alles wieder dafür, dass Aerosole und Belüftung eine entscheidende Rolle dabei spielen, ob es eine Infektion gibt oder nicht“, fasste Streeck die Ergebnisse zusammen.
Je älter, desto anfälliger
Als wesentlicher Risikofaktor bestätigt wurde das Alter. Hier gilt demnach: Je älter, desto höher das Risiko. Kinder könnten sich zwar infizieren, aber die Wahrscheinlichkeit sei gering, sagte Streeck. Das Alter der Sitzungsteilnehmer schwankte zwischen sechs und 79 Jahren.
„Bis zum Alter von 40 Jahren sehen wir pro Lebensjahrzehnt einen Risikoanstieg von 28 Prozent. Dabei hatten alle Teilnehmer die gleiche Exposition mit dem Virus.“
Von Gangelt aus hatte sich das Virus in den darauf folgenden Wochen im ganzen Kreis Heinsberg verbreitet. Dadurch kam es in der Region an der niederländischen Grenze zum ersten großen Corona-Ausbruch in Deutschland. (dpa)