Corona, Erkältung, Grippe, RSV – in Deutschland grassieren gerade mehrere Infektionswellen. Was die Maskenpflicht damit zu tun hat und warum viele Kinder betroffen sind, erklären Mediziner.
Kinder besonders betroffen„Praxen sind am Limit“ – So hart trifft NRW die Krankheitswelle
Die Zahl der Krankheitsfälle in NRW ist in den vergangenen Wochen auf ein deutlich höheres Niveau gestiegen als in den Vorjahren. Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein suchen derzeit insbesondere Patienten mit akuten Atemwegserkrankungen einen Arzt auf.
„Die Praxen sind momentan voll. Alle sind am Limit, vor allem die Kinderarztpraxen“, sagte Jürgen Zastrow, Vorsitzender der KV in Köln, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Die Hygiene-Maßnahmen haben ja nicht nur gegen Covid-19 geholfen, sondern auch gegen ganz normale Grippeviren. Durch Masken, Abstandhalten und dadurch, dass viele Menschen zuhause blieben, waren normale Grippeerkrankungen viel, viel seltener“, so Zastrow weiter.
Besonders betroffen sind in NRW nach Angaben der KV Kinder und Jugendliche – bei Neugeborenen und Kleinkindern grassiert das RS-Virus, Fünf- bis 14-Jährige leiden vor allem an Influenza-Erkrankungen. Auswertungen der AOK Rheinland/ Hamburg zufolge ist auch die Zahl der Arbeitsunfähigkeitsfälle wegen Atemwegserkrankungen in diesem Jahr deutlich gestiegen. Im Zeitraum September bis November lag diese 43 Prozent über dem Niveau von 2019.
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RKI schätzt Verbreitung von Atemwegserkrankungen als außergewöhnlich hoch ein
Dr. Philipp Schommers, Infektiologe an der Uniklinik Köln, sieht auch die Maskenpflicht in den ersten Jahren der Corona-Pandemie als mögliche Ursache für die derzeit hohe Zahl an Erkrankungen. „Wenn eine Bevölkerung ein Jahr zu Influenza fast gar keinen Kontakt hatte, dann sinkt die Gesamtimmunität gegenüber diesem Virus“, sagte Schommers dieser Zeitung.
„Die Maskenpflicht hat vermutlich schon dafür gesorgt, dass wir jetzt mehr Fälle sehen. Letzten Endes sind das aber Fälle, die verschoben wurden. Vereinfacht gesagt: Hätten wir die Maskenpflicht nicht gehabt, wären diese Fälle vermutlich schon in den Vorjahren aufgetreten“, so Schommers weiter.
Bundesweit schätzt auch das Robert Koch-Institut die Verbreitung von akuten Atemwegserkrankungen als außergewöhnlich hoch ein. Die Experten gehen davon aus, dass unabhängig von einem Arztbesuch knapp zehn Millionen Menschen an einer akuten Erkrankung der Atemwege leiden. Unterdessen bereiten Lieferengpässe bei Medikamenten Sorgen.
Laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sind aktuell mehr als 300 Arzneimittel knapp. Besonders prekär ist die Lage bei Fiebersäften für Kinder und bei Antibiotika wie Penicillin. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sicherte weitere schnelle Unterstützung zu.