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Kritik an PlänenGroßes Event-Hotel soll auf Loreley-Plateau gebaut werden

Lesezeit 6 Minuten

So könnte die Ferienanlage aussehen.

  1. Ein Investor möchte bis 2023 ein 720-Betten-Hotel auf dem Loreley-Plateau bauen.
  2. Die Pläne stoßen nicht nur auf Zustimmung.
  3. Allerdings stehen die örtlichen Grünen und eine Bürgerinitiative mit ihrem Protest allein da.

Loreley – „Ich weiß nicht was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin“, reimt Heinrich Heine im berühmten Lied von der Loreley. Die blonde Sirene betörte mit ihrem Gesang einst die Rheinschiffer – und heute auch Investoren, Gemeinderäte, Ortsbürgermeister, Landespolitiker, den Natur- und Denkmalschutz.

Hoch über dem Rhein, auf dem noch weitgehend unbebauten Loreley-Plateau, soll bis 2023 ein 720-Betten-Hotel errichtet werden – mitten im Herzstück des UNESCO-Welterbes Oberes Mittelrheintal. Die Investoren – die norddeutsche NIDAG, die Planet Gruppe und Aye Media – sprechen von einem 85 Millionen Euro-Investment. Auf dem 37.500 Quadratmeter großen Grundstück, das sie über Jahre hinweg erworben haben, werde das Event-Hotel „SlowDown Loreley“ entstehen: mit fünf Etagen, 180 Zimmern, Tagungsetage, Restaurants und In- und Outdoor-Spa-Bereich. Davor: Zehn Ferienvillen mit je vier bis zwölf Suiten, die sich auf zwei bis vier Geschosse (Höhe bis zu 14 Meter) verteilen sollen.

Die Ferienanlage wird errichtet auf dem ehemaligen Campingplatz der Gemeinde Bornich und damit in Sichtweite des 2016 mit 13 Millionen Euro von Bund und Land erneuerten Landschaftspark. Eine lange Beton-trasse führt zur Loreley-Spitze, mit Blick auf Besucherzentrum, Freilichtbühne Loreley und eine Sommerrodelbahn.

Plateau steht nicht unter Landschafts- oder Denkmalschutz

Öffentlich kaum wahrnehmbar bisher die warnenden Stimmen: Wo werde die Romantik bleiben, wenn die Loreley mit Hotelbauten und Hunderten Pkw-Stellplätzen planiert ist? Ernst-Rainer Hönes, ehemals Leiter des Referats Denkmal-, Kulturgüter- und Welterbeschutz im rheinland-pfälzischen Kultusministerium, warnt: Der Hotelbau führe zu einer unerträglichen Beeinträchtigung des hohen Erlebniswertes des Mittelrheintals. „Es darf doch nicht allein der Befugnis einer einzelnen Verbandsgemeinde überlassen bleiben, über eine Landschaft zu entscheiden, die, wie immer betont wird, doch nationale und internationale Bedeutung hat.“

Hönes setzt auf die UNESCO und ihre Gutachter-Organisation ICOMOS. Beide haben sich zu dem Hotel-Projekt bislang aber nicht gutachterlich geäußert. Denn das Loreley-Plateau wirbt zwar mit dem Welterbe-Status, unterliegt ihm aber gar nicht. Für das Plateau gelten weder Landschafts- noch Denkmalschutz. Selbst das zwischen Lahnstein und Kaub ausgewiesene FFH Natura 2000-Schutzgebiet gilt – so wie der UNESCO-Titel – nur für das Mittelrheintal mit seinen rund 40 Burgen, Schlössern und Festungen. Das Plateau scheint mithin kein Fall für den behördlichen Landschaftsschutz. Deshalb werde, wie Ernst-Rainer Hönes sagt, die obere Denkmalschutzbehörde in Trier nicht tätig, zeige „keine Flagge“.

Das Gebiet rund um den Loreley-Felsen könne zwar als „historische Kulturlandschaft“ bezeichnet werden, so Armin Schaust von der Verbandsgemeindeverwaltung Loreley, „die für Rheinland-Pfalz geltende gesetzliche Definition des Kulturdenkmals gemäß Denkmalschutzgesetz lässt jedoch nach derzeitigem Stand eine flächenhafte Ausweisung einer historischen Kulturlandschaft nicht zu“.

Bislang kein juristisches Veto vom BUND

Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ erklärt die Deutsche UNESCO-Kommission in Bonn: „Im Falle des Loreley-Plateaus können wir die Sorge, ob die Planungen für einen Hotelbau mit dem Welterbestatus vereinbar sind, verstehen. Wir raten dringend dazu, eine frühzeitige Abstimmung mit dem UNESCO-Welterbezentrum in Paris und seinen Beratungsgremien herbeizuführen.“

Die fachliche Bewertung, ob eine Stätte gefährdet ist, obliege dem jährlich zusammenkommenden UNESCO-Welterbekomitee. Über dieses Komitee kann sich Rainer Knecht, Betreiber des „Loreley-Bob“ nur wundern. Er erinnert sich an das Jahr 2013, als das Komitee auf ihrer Sitzung im fernen kambodschanischen Phnom Penh die „Empfehlung“ aussprach, die Bahn abzubauen. „Das blieb aber folgenlos“, erzählt er. „Weder die UNESCO noch die ICOMOS haben sich je bei mir gemeldet.“

Knecht kann lange erzählen, welche behördlichen Auflagen er beim Bau der Rodelbahn einhalten musste. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) klagte sogar gegen die Rodelbahn, erfolglos. „Ich finde es ja gut, dass mit dem Hotel mehr Menschen auf die Loreley kommen werden. Aber wenn ich sehe, wie reibungslos der Bauplan hier durchgewunken wird, muss ich schon staunen.“ Auch der BUND hat bislang kein juristisches Veto eingelegt.

Verbandsgemeinde bei Gestaltung beteiligt worden

Die Hotel-Siedlung, beruhigt die Verbandsgemeinde, werde schonend in die Landschaft eingebunden. Von den umliegenden Aussichtspunkten soll sie nur wenig, vom Tal aus gar nicht zu sehen sein. In Workshops sei die Verbandsgemeinde bei der Beratung über Fassadenfarben und Baustoffen vom Investor beteiligt worden. Ein erster Teilbauantrag für vier Hotelvillen ist bereits gestellt.

Die Bürgerinitiative „Rheinpassagen“ befürchtet nun „Allerweltsbauten“ und warnt vor einem zweiten „Nürburgring“-Desaster. Weder die Finanzkraft des Investors sei geprüft, noch eine Bürgschaft ausgehandelt oder eine Rückbau-Klausel vertraglich vereinbart. Auf der Basis des bestehenden Vertrages könne der Investor jederzeit und ohne Konsequenzen aus dem Projekt aussteigen, sagt Otto Schamari von der Grünen-Fraktion der Verbandsgemeinde Loreley.

Merkwürdig sei, so Schamari, dass zuerst die Appartementhäuser gebaut werden. Möglicherweise sollten diese Villen verkauft werden, „um so das Hotel zu finanzieren“, mutmaßt Schamari. Fraglich sei auch, ob sich ein ganzjähriger Hotelbetrieb überhaupt rechne. Im Rheintal hätten die Hotels schon Probleme, ihre kurze Saison zwischen Pfingsten und Ende Oktober zu belegen. Freilich leide das Rheintal unter teils veraltetem Tourismus und Bevölkerungsschwund – auch wegen des Bahnlärms an Europas meistbefahrener Güterzugstrecke. Dagegen sei es natürlich auf dem Loreley-Plateau schön ruhig. „Aber was ist, wenn sich Investor und Betreiber zurückziehen? Dann muss der Steuerzahler für die Folgekosten aufkommen.“

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Das Baugelände liegt in der Gemarkung Bornich, die für den Verkauf von 16 226 Quadratmetern einen Quadratmeterpreis von 23,42 Euro erzielte. Der Gemeinderat sei „sich bewusst, dass eine derartige Anlage immer einen Eingriff in die Natur darstellt“, sagt Ortsbürgermeisterin Karin Kristja. „Jedoch, wenn wir unsere Region wirtschaftlich voranbringen wollen, müssen wir Kompromisse eingehen.“ Bei der Nidak AG „hatte man von Anfang an das Gefühl, einem Investor mit ernsten Absichten gegenüberzustehen.“

Die Grünen der Verbandsgemeinde und die Bürgerinitiative „Rheinpassagen“ rufen „Rettet die Loreley“. „Aber es rührt sich niemand“, so Schamari. Nicht einmal die Grünen im Landtag, die in Mainz mitregieren. Ist doch die Loreley auch das Leuchtturmprojekt der rheinland-pfälzischen rot-gelb-grünen Landesregierung. Innenminister Roger Lewentz (SPD) sagte 2016, die Loreley werde bei der von ihm vorgeschlagenen Bundesgartenschau (BUGA) im Jahr 2029 „eine zentrale Rolle als Veranstaltungsfläche und Attraktion“ spielen.

Die Planungen für die BUGA laufen längst. Die Industrie und Handelskammer rechnet einen Bedarf von rund 2000 Betten im Mittelrheintal aus. Die Verbandsgemeinde Loreley verspricht sich durch die Gartenschau, ihren neuen Landschaftspark auf der Spitze des Plateaus und mit dem 720-Betten-Hotel mehr Gäste, Arbeitsplätze, Einnahmen. „Wir erwarten 300.000 Besucher pro Jahr“, sagt Armin Schaust von der Verbandsgemeinde Loreley.

Auf die Frage der Grünen, ob der Erhalt der einmaligen Landschaft nicht viel eher die Zukunft der Gemeinden sichere, heißt es: Es gebe ja noch genug Landschaft. Und: Man könne ja nicht in Schönheit sterben.