Polizei und Staatsanwaltschaft durchsuchten am Mittwochmorgen zahlreiche Objekte. Es handelt sich um einen weltweiten Einsatz.
Festnahmen in NRWGroßrazzia gegen Mafia-Organisation 'Ndrangheta in fünf Bundesländern
Den Ermittlungsbehörden ist ein weltweiter Schlag gegen die kalabrische Mafia gelungen. Insgesamt sollen dabei mehr als 100 Haftbefehle gegen mutmaßliche Mafiosi wegen Drogenhandel und Geldwäsche vollstreckt werden. Die 'Ndrangheta-Bande soll große Mengen an Kokain aus Südamerika nach Europa geschmuggelt haben.
Am Mittwochmorgen haben Beamte aus Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland im Rahmen eines europaweiten Großeinsatzes gegen Verantwortliche und Mitglieder der Vereinigung 'Ndrangheta Wohnungen, Häuser und Büros durchsucht.
Weltweite Razzia gegen kalabrische Mafia: Durchsuchungen auch in NRW
Den Beschuldigten wird laut Staatsanwaltschaft Düsseldorf unter anderem Geldwäsche, bandenmäßige Steuerhinterziehung, gewerbsmäßiger Bandenbetrug sowie Rauschgiftschmuggel vorgeworfen. Das Verfahren werde durch eine gemeinsame Ermittlungsgruppe geführt, an der Europol (Polizeibehörde der Europäischen Union) und Eurojust beteiligt sind.
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Neben den Sicherheitsbehörden aus Deutschland seien Kräfte aus Belgien, Frankreich, Italien, Portugal und Spanien zeitgleich im Einsatz und durchsuchten Objekte in ihren Zuständigkeitsbereichen. Auch in Brasilien und Panama seien Spezialeinheiten im Einsatz gewesen, berichtet die „FAZ“.
Das kleine kalabrische Dorf San Luca sei ein strategischer Schwerpunkt der Razzia und befinde sich seit dem frühen Morgen in einem Belagerungszustand, berichtet die „Tagesschau“. Bewaffnete Spezialeinheiten der Carabinieri seien dort im Einsatz.
Razzia gegen Mafia: 500 Polizisten allein in NRW im Einsatz
In Nordrhein-Westfalen durchsuchten laut Polizei und Staatsanwalt rund 500 Polizisten und SEK-Beamte insgesamt 51 Objekte.
Durchsuchungen gab es den Ermittlern zufolge in Essen, Wuppertal, Bergisch-Gladbach, Hagen, Hattingen, Castrop-Rauxel, Siegen und Bedburg, sowie im Kreis Mettmann. Es habe bei den Razzien keinen Widerstand gegeben, sagte eine Sprecherin des NRW-Landeskriminalamtes. Beteiligt an dem Einsatz waren auch die Einsatzhundertschaft des Spezialeinsatzkommandos und Diensthundeführer.
In Siegen wurde nach dpa-Informationen auch eine Eisdiele durchsucht. Den Besitzer trafen die Ermittler in seiner nahegelegenen Wohnung an und nahmen ihn in Haft. Die „Siegener Zeitung“ hatte zuvor berichtet.
Es bestehe der Verdacht, dass es sich dabei um eine Geldwaschanlage und einen Unterschlupf der Ndrangheta, gehandelt hat, sagte ein leitender Ermittler. Die zwei Geldgeber der Eisdiele seien in den internationalen Rauschgifthandel verstrickt.
Mitarbeiter der Eisdiele haben Weihnachtsmassaker der Mafia überlebt
Außerdem gebe es Hinweise, wonach Geld aus der Eisdiele ins Kernland der kalabrischen Mafia nach San Luca geflossen ist. Alle Mitarbeiter stammten aus Kalabrien und seien miteinander verwandt. Unter ihnen seien Überlebende des Weihnachtsmassakers in San Luca 2006. Folge des Massakers zwischen zwei verfeindeten Mafia-Familien sollen auch die Mafiamorde von Duisburg 2007 gewesen sein.
Zudem sei einer der Mitarbeiter mit europäischem Haftbefehl gesucht worden. Das Kokain sei über Überseehäfen in den Niederlanden aus Südamerika nach Europa gebracht und dort mit präparierten Autos nach Italien geschmuggelt worden.
Die Ermittler zeigten in Düsseldorf einen SUV, unter dessen Rückbank das Drogenversteck eingebaut worden war. Das Kokain sei zusätzlich mehrfach in Kunststofffolien eingeschweißt worden, damit es für Spürhunde nicht zu wittern ist. Zudem seien die Autos vor jeder Fahrt auf Abhör- oder Ortungsgeräte der Polizei untersucht worden.
Ermittlungen zur Razzia begannen vor drei Jahren in Belgien
Der Razzia seien fast dreijährige Ermittlungen der Ermittlungskommission „Eureka“ vorangegangen. Das Verfahren habe seinen Ausgang in Belgien genommen, wo man sich vorgenommen habe, „das Unsichtbare sichtbar zu machen“.
Die belgische Polizei habe einen Mafia-Geldeintreiber in der Region Genk observiert und festgestellt, dass er Mitinhaber der Eisdiele in Siegen ist. Hauptbeschuldigter sei aber ein 62-Jähriger aus dem Raum Hattingen.
Auch ein Eiscafé in Bedburg wurde geschlossen. Die Polizei beschlagnahmte einen Foodtruck im Wert von 300 000 Euro und einen Kettenbagger. Zwei Grundstücke wurden mit Arresten belegt.
Die Mafia hatte sich den Ermittlungen zufolge albanischen und deutschen Netzwerken für die Kurierfahrten bedient. Bereits 2012 sei in den Niederlanden ein SUV mit Siegener Kennzeichen gestoppt worden, in dem drei albanische Kuriere saßen.
Bilanz der Razzia: 18 Verhaftungen in NRW
Ein Verdächtiger des deutschen Netzwerks soll wiederum ein Angelparadies zur Geldwäsche genutzt haben. Er habe zudem für die Partei „Die Republikaner“ ausstehende Mitgliedsbeiträge eingetrieben, berichtete der Ermittler.
Die Bilanz der Razzia in NRW: Es werde gegen 35 Verdächtige ermittelt, 18 von ihnen seien verhaftet worden, teilte das Landeskriminalamt in Düsseldorf mit. Bei 3 der 35 Verdächtigen handele es sich um mutmaßliche Mafiosi. NRW-Innenminister Herbert Reul sagte dazu: „Wir holen die Kriminellen aus ihren mafiösen Parallelwelten.“
Die Zentral- und Ansprechstelle für die Verfolgung Organisierter Straftaten (ZeOS NRW) bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf koordiniert laut „Tagesschau“ die Razzien in Deutschland.
Innenminister von Rheinland-Pfalz spricht von „deutlichem Signal“
In Bayern seien zehn Objekte (vier Festnahmen), in Thüringen vier Objekte durchsucht worden, in Rheinland-Pfalz konnten die Beamten weitere zehn Festnahmen vermelden, wie die Staatsanwaltschaft mitteilt.
Der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD) sprach von einem „wirkungsvollen Schlag“ gegen die Mafia. „Vom heutigen Tag geht das ganz deutliche Signal aus: Für die Organisierte Kriminalität ist kein Platz in Europa und für sie ist ganz sicher auch kein Platz hier bei uns in Rheinland-Pfalz.“ Die Strafverfolgungsbehörden seien wachsam und schlagkräftig. Machenschaften krimineller Organisationen würden entschlossen und konsequent verfolgt.
Ermittler im Saarland durchsuchten zudem in Saarbrücken das Wohnhaus sowie die Geschäftsräume eines 47-jährigen Mannes, der allerdings zeitgleich in Italien festgenommen wurde.
Polizei und Staatsanwaltschaft wollen nun die Ergebnisse sowie das gefundene Beweismaterial auswerten. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hat für den Nachmittag eine Pressekonferenz angekündigt. (pst mit dpa)