Essen/Köln – Einerseits habe er die warmen Sommerabende dieses Jahr wirklich genossen, sagt Karsten Schwanke. Mit Freunden abends ein Kölsch trinken und lange draußen sitzen bleiben - das war im Juli und August sehr oft möglich. Am nächsten Morgen schaute er auf Wettermodelle. Und die fand er dann eher besorgniserregend: „Wir haben einen weiteren Sommer erlebt, der in seiner Gesamtheit extrem war: Sehr trocken, sehr sonnig und sehr heiß“, sagt der Meteorologe.
So fällt auch die vorläufige Bilanz des Deutschen Wetterdienstes (DWD) für den Sommer 2022 in Nordrhein-Westfalen aus: Wie der Dienst am Dienstag mitteilte, gab es in diesem Jahr 785 Sonnenstunden und damit so viele wie nie seit Messbeginn im Jahr 1951. Der Wert an Rhein und Ruhr lag damit weit über den 554 Sommersonnenstunden im international gültigen Referenzzeitraum 1961 bis 1990.
Deutschlandweit übertraf der Sommer 2022 mit 820 Sonnenstunden deutlich das bisherige Rekordjahr 2003 mit 793 Stunden. „Wir müssen uns Sorgen machen mit dem Klimawandel, den wir erleben. Die Extreme zeigen sich in zahlreichen Statistiken. Der Sommer 2022 war auch der sechsttrockenste und gehört zu den vier wärmsten seit Aufzeichnungsbeginn“, sagte DWD-Pressesprecher Uwe Kirsche dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Es werde immer wieder einmal „Ausrutscher in alle Richtungen“ geben. „Aber der Sommer, den wir in den Zahlen heute wiederfinden, das ist einer, wie wir ihn künftig sehr, sehr oft erleben werden müssen“, so Kirsche. Mit 19,0 Grad (16,3 Grad im Referenzzeitraum) war es 2022 auch in NRW deutlich wärmer (plus 2,7 Grad) als im langjährigen Mittel. Dazu kommt eine extreme Trockenheit. Mit 120 Litern pro Quadratmeter Fläche regnete es hierzulande gerade einmal halb so viel wie im Referenzzeitraum (240 Litern pro Quadratmeter Fläche). Dies sei „erschreckend trocken“, kommentiert der DWD.
Auch NRW-Umweltminister Oliver Krischer sprach angesichts solcher Daten bereits von einer „dramatischen Situation“ mit „gravierenden Folgen“. „Die Klimakrise trifft uns mit voller Wucht, NRW trocknet aus“, sagte der Grünen-Politiker. 14 der vergangenen 20 Jahre zählten zu den wärmsten seit dem Aufzeichnungsbeginn der Temperaturen im Jahr 1881. „Die Tage mit mehr als 30, manchmal sogar 40 Grad werden in Zukunft noch häufiger“, prognostizierte Krischer.
Derzeit bewege sich das Land fast schon auf dem Niveau des Dürresommers 2018. Mit sichtbaren Folgen für die Land- und Forstwirtschaft. Vielerorts sorgten Waldbrände für Gefahr, in Altena beispielsweise standen zeitweise 150.000 Quadratmeter in Flammen. Und die Landwirte bangen um ihre Gemüsefelder, müssen für ihre Tiere bereits ein Teil des Winterfutters einsetzen, weil die Wiesen verdorrt sind.
Trockenster August seit Messbeginn
Durch die fehlenden Niederschläge ist vielerorts zudem nicht nur das Grundwasser im Sinkflug, auch Niedrigwasser wird immer mehr zum Problem. Zuletzt hatte es an einigen Messstellen der Flüsse, insbesondere des Rheins, Rekordwerte gegeben, die teilweise sogar unter denen von 2018 lagen. Streckenweise war der Fluss bis auf die Fahrrinne trockengelegt. Die Schifffahrt war massiv beeinträchtigt, viele Abschnitte wie etwa auch bei Köln oder Düsseldorf konnten nur - wenn überhaupt - mit geringerer Ladung befahren werden.
Und was den August betrifft, wie kann es anders sein, wird es wohl auch hier einen traurigen Rekord geben. Mit 20,5 Grad (16,6 Grad im Referenzzeitraum) war er der wärmste und mit etwas über 15 Litern pro Quadratmeter (im Vergleich zu 73 Litern pro Quadratmeter) Niederschlag der trockenste August seit Messbeginn.
Regen am Wochenende erwartet
Vor ein paar Jahren, sagt Schwanke, sei er noch vorsichtig gewesen bei Formulierungen wie: Hieran sieht man die Folgen des Klimawandels. „Die Zeichen sind aber stärker und deutlicher geworden. In den letzten 20 Jahren hat sich das Wetter sehr stark verändert."
Sommer wie diesen werde es künftig häufiger geben. „Gerade die Veränderungen bezüglich Hitze- und Dürreperioden werden uns noch sehr beschäftigen", sagt Schwanke. Köln sei eine Stadt, in der sich die Hitze gerne staut – auch das werden die Menschen stärker spüren. „Parkanlagen sind immens wichtig, um die Stadt herunterzukühlen. Aber wenn sie vertrocknen und verdörren, dann kühlen sie auch nicht mehr.“
Immerhin: Die heißeste Zeit scheint langsam vorüber. „Wir haben die höchsten Temperaturen überwiegend verlassen und bewegen uns im sommerlichen Bereich - mal über 25 Grad, mal unter 25 Grad“, so Schwanke. Am Wochenende könnte es endlich wieder regnen oder gewittern. Das, sagt der Meteorologe, sei auch bitter nötig.