Wie der designierte Kanzler es schaffen will, was er in der Asylpolitik plant und weshalb Steuererhöhungen doch ein Thema werden könnten, erklärte Merz bei „Caren Miosga“.
Kanzler bei „Caren Miosga“Bei Asylfragen bleibt Merz vage - bis er aus der Deckung kommt

Angesichts der vielen Krisen im Inland und weltweit konstatierte Friedrich Merz: „Ich weiß, dass ich vor einer riesigen Aufgabe stehe.“ (Bild: ARD / Thomas Ernst)
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Friedrich Merz ist urlaubsreif. Das hat er in einem Interview gesagt. Doch bevor es in die Osterferien geht, lässt es sich der vermutlich zukünftige Bundeskanzler nicht nehmen, es sich bei „Caren Miosga“ im Ersten gemütlich zu machen. Dort sollte er am Sonntagabend erklären, wie er sich seine Regierung vorstellt. Die soll am 6. Mai beginnen. Dann soll der Bundestag zum ersten Mal in der Geschichte Deutschlands einen Sauerländer zum Kanzler wählen.
„Das waren außergewöhnlich herausfordernde Wochen und Monate“, blickte Friedrich Merz im ARD-Talk zurück, „Aber wir haben einen guten Koalitionsvertrag gemacht. Die Arbeit hat sich gelohnt.“ Steuererhöhungen hat Merz zunächst ausgeschlossen, nun weichte er seine Aussage etwas auf: „Man soll nie nie sagen.“ Immerhin stecke die Welt seit der Ankündigung von hohen Zöllen durch US-Präsident Trump in einer tiefen Krise.
Friedrich Merz bei „Caren Miosga“
Wichtig für Merz in dieser Situation: „Ich denke, wir werden die Krise als das neue Normale erleben. Und insofern müssen wir jetzt mal anfangen, gut zu regieren. Und es muss in Deutschland besser regiert werden als in der Vergangenheit, und darauf sind wir vorbereitet.“ Auf Merz komme eine schwere Aufgabe zu, das wisse er. Die Koalition stehe vor großen Herausforderungen. Deswegen wolle man konzentriert und zeitlich angemessen arbeiten.

Hinsichtlich der kriselnden Wirtschaft räumte Friedrich Merz ein: „Es wird keinen schnellen Gewinn geben.“ (Bild: ARD / Thomas Ernst)
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140 Seiten hat der Koalitionsvertrag. Ein wichtiger Punkt ist dabei die Migrationspolitik. Vor den Wahlen hatte Merz angekündigt, er wolle schon am ersten Tag das Bundesinnenministerium anweisen, die deutschen Grenzen dauerhaft zu kontrollieren und alle Versuche der illegalen Einreise zurückweisen.
Friedrich Merz über dauerhafte Grenzkontrollen: „Steht fast wörtlich so im Koalitionsvertrag“
„Das steht fast wörtlich so im Koalitionsvertrag“, bestätigte Merz nun. Die CSU werde das Ministerium kontrollieren. „Darum werde ich diese Weisung gar nicht geben müssen. Das wird passieren.“ In Abstimmung mit den Nachbarstaaten, mit denen Merz bereits verhandele. Besonders mit dem französischen Präsidenten Macron, mit dem sich Merz einig sei, „dass wir gemeinsam die europäischen Außengrenzen besser schützen müssen und dass wir jetzt gemeinsam ein besseres Grenzregime in ganz Europa brauchen“. Österreich wolle jetzt den Familiennachzug unterbinden.
„Es ist enorm viel Bewegung in Europa“, konstatierte Merz. Unklar sei bisher noch das Verhalten Österreichs, was die Rücknahme von geflüchteten Menschen angeht. Darauf wies Moderatorin Miosga hin. „Die brauchen die Flüchtlinge gar nicht zurücknehmen, sie sind schon da“, entgegnete Merz. Die Union habe mit der SPD eine europäische Asylpolitik vereinbart, und die wolle Merz nun in ganz Europa in Absprache mit den Staatsoberhäuptern vereinbaren. Es gehe um eine gemeinsame Abstimmung.
Friedrich Merz über kriselnde Wirtschaft: „Es wird keinen schnellen Gewinn geben“
Wichtig sei, die Zahl der Migranten in Deutschland „drastisch“ zu reduzieren. Eine genaue Zahl nannte Merz nicht. Erst als Miosga nachhakte, wagte er sich aus der Deckung - zumindest ein bisschen. Es dürfe bei Asylbewerbern jährlich „keine sechsstellige Zahl mehr sein“. Helfen soll dabei unter anderem eine „Rückführungsoffensive“.

Bei „Caren Miosga“ stellte sich der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz den drängenden Fragen der Zukunft. (Bild: ARD / Thomas Ernst)
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Umfragen zeigen: Friedrich Merz hat bei den Wählern viel Vertrauen verloren, bevor er überhaupt zum Bundeskanzler gewählt worden ist. Das gilt auch für viele Wirtschaftsunternehmen in Deutschland. Trotzdem machte Merz klar: „Was die Steuerpolitik angeht, bin ich mit dem Koalitionsvertrag zu neunzig Prozent zufrieden.“ Der sehe für dieses und die nächsten Jahre je 30 Prozent Abschreibungsmöglichkeiten auf Investitionsgüter vor. „Das hat es in Deutschland noch nie gegeben.“
Danach werde die Körperschaftssteuer schrittweise auf zehn Prozent gesenkt. „Das Wichtigste für die Unternehmen ist: Jetzt schaffen wir Verlässlichkeit“, sagte Merz. Zwar werde der Soli nicht abgeschafft, aber das müsse in fünf Jahren erneut überprüft werden. Und die Einkommenssteuer werde gesenkt, für kleine und mittlere Einkommen. „Das, was wir machen, ist wirklich eine große Unternehmenssteuerreform“, freute sich der Unionspolitiker. „Wir kriegen eine Steuerstrukturreform, so wie ich sie mal früher geplant habe.“
Die führenden Wirtschaftsinstitute haben für Deutschland in diesem Jahr ein Wirtschaftswachstum von 0,1 Prozent vorhergesagt. Das ist deutlich weniger, als Merz vor den Wahlen erwartet hatte. Sein Ziel: „Wir müssen jetzt sehen, dass wir wettbewerbsfähig werden, dass wir die preisliche Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft auch wieder herstellen. Wir müssen das in Europa streng abgestimmt machen.“ Der europäische Binnenmarkt müsse besser werden, Leuchtturmprojekte müssten entwickelt werden, fordert Merz.
„Ich bin da zuversichtlich. Aber es wird jetzt keinen schnellen Gewinn geben“, dämpfte Merz die Erwartungen. Man werde bis zum Sommer Beschlüsse fassen, die die Stimmung verbessern würden, aber bis es wirklich aufwärts gehe, könne es noch dauern. Möglicherweise über dieses Jahr hinaus. Bei einer Vollauslastung der Industrie hätte Deutschland eine Wachstumsmöglichkeit von 0,4 Prozent. „Das ist völlig unbefriedigend. Wir müssen raus aus dieser strukturellen Schwäche. Ich würde sagen, ein Potenzialwachstum von zwei Prozent ist erreichbar. Das traue ich diesem Land zu. Aber wir müssen die Rahmenbedingungen setzen.“ Aber: Steuersenkungen stehen unter Finanzierungsvorbehalt, gibt Merz zu.
„Die SPD wollte das nicht“: Kernkraftwerke bleiben abgeschaltet
Und dann gibt es noch einige Dinge, die Caren Miosga kurz anspricht, obwohl sie auch wichtig sind. Das Publikum erfuhr: Kernkraftwerke sind Geschichte in Deutschland. Merz dazu: „Die SPD wollte das nicht.“ Man werde jetzt auf Kernfusion setzen. Merz will das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare erleichtern und hofft, dass Personalausweise und Pässe ab 2026 online beantragt werden können. Er geht davon aus, dass das Deutschlandticket teurer wird. Zudem will er im Wohnungsbau schneller werden und Bürokratie abbauen. Im Herbst will die Bundesregierung prüfen, ob Cannabis legal bleibt.
Also viel zu tun bei kleinen wie auch bei den großen Themen. „Ich weiß, dass ich vor einer riesigen Aufgabe stehe“, war sich Merz bewusst. „Ich gehe mit großem Respekt an diese Aufgabe heran.“ Ans Scheitern denkt er dabei nicht. „Ich würde das nicht machen, wenn ich diesen Optimismus nicht hätte, dass aus unserem Land mehr zu machen ist, als wir im Augenblick zeigen. Und mit diesem Optimismus gehe ich an die Arbeit.“ (tsch)