Der Rheinisch-Bergische Kreistag verabschiedet einen Doppelhaushalt mit Streichungen unter anderem beim ÖPNV, aber auch Investitionen.
Doppelhaushalt 2025/2026Hier wollen Rhein-Bergs Kreispolitiker Millionen sparen

Ein Millionen-Sparpaket haben Politik und Verwaltung des Rheinisch-Bergischen Kreises im Kreishaus geschnürt.
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Während die angehenden Koalitionäre in Berlin Ende voriger Woche gemeinsam mit den Grünen ein Billion-Investitionsprogramm auf den Weg gebracht haben, schnallte die seit Jahren durch immer neue Aufgaben ohne hinreichende finanzielle Ausstattung gebeutelte kommunale Ebene in Rhein-Berg den Gürtel enger. Und wie.
Rund 85 Millionen Euro sollen bis 2029 eingespart werden, das hatten Politik und Verwaltung bereits im Vorfeld in einem Arbeitskreis zur Haushaltskonsolidierung vereinbart. Gespart werden soll an zahlreichen Stellen – vom Personalbudget über eine auch durch Digitalisierung effizienter werdende Verwaltung sowie Einsparungen bei kaum genutzten ÖPNV-Fahrten oder durch die Optimierung von Linienführungen bis hin zur Kündigung von mit Kosten verbundenen Mitgliedschaften in Organisationen wie dem Ernährungsrat Bergisches Land oder der Gesundheitsregion Köln/Bonn.
Die Kreisumlage, die von den Städten und Gemeinden im Kreis zu stemmen ist, soll angesichts deren desolater Finanzlage in diesem Jahr noch einmal konstant bleiben, im kommenden Jahr dann aber gleichwohl von 35,5 auf 37,3 Prozent erhöht werden. Denn die Ausgleichsrücklage des Kreises wird Ende dieses Jahres aufgezehrt sein.
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Mit unserer Haushaltskonsolidierung stehen wir an der Spitze der Kreise in NRW – überall um uns herum explodieren Kreisumlagesätze. Bei uns bleiben sie 2025 stabil und steigen 2026 so moderat wie fast nirgendwo.
Die Ausgleichsrücklage wurde seit 2020 ohnehin nur noch durch die Buchungen zur Isolierung der Corona-Aufwendungen und der Auswirkungen des Ukraine-Krieges gespeist. Ohne diese Buchungen wäre laut Kreis bereits jeder Jahresabschluss seit 2020 defizitär gewesen.
Und da der Kreis nun außerdem in die allgemeine Rücklage greift, um das Millionen-Loch in seinem Haushalt zu stopfen – allein in diesem Jahr wird mit mehr als 31 Millionen Euro gerechnet –, ist er überdies verpflichtet, ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen.
Dieser Haushalt ist weit mehr als nur ein Zahlenwerk – er ist unser Fahrplan für die Zukunft. Noch nie mussten wir so genau abwägen, welche Prioritäten wir setzen. Dieser Haushalt ist (...) das Resultat harter Arbeit.
In einem gemeinsamen Begleitbeschluss zum Doppelhaushalt 2025/2026 schrieben CDU, Grüne und SPD zudem unter anderem fest, die Digitalisierung der Verwaltungsprozesse voranzutreiben, ein Raummanagement für die Kreisverwaltung zu erarbeiten, um Mietverträge für nicht mehr benötigte Liegenschaften zu kündigen, die Wirtschaftlichkeit von Gesellschaften wie der Rheinisch-Bergischen Siedlungsgesellschaft oder der Tourismusgesellschaft „Das Bergische“ zu erhöhen und sich gemeinsam mit den kreisangehörigen Städten und Gemeinden aktiv an Bund und Land zu wenden, um auf die „dramatische, noch nie dagewesene kommunale Finanzkrise aufmerksam zu machen“, und die Lage unter anderem durch das in Berlin geschnürte Investitionspaket für die Kommunen zu verbessern.
Zur Begründung führten die Antragsteller unter anderem an, dass die kommunale Eben lediglich ein Siebtel (15,5 Prozent) der öffentlichen Steuereinnahmen erhalte, allerdings für mehr als ein Viertel (28,4 Prozent) der öffentlichen Aufgaben aufzukommen habe.
Beim Stellenplan 2023 ist massiv Vertrauen der Kommunen zerstört worden. (...) Der neue Landrat, wer immer es sein wird, der neue Kämmerer und der neue Kreistag müssen Vertrauen zurückgewinnen.
Soziales: Die Sozialleistungen machen nach wie vor einen Großteil des Kreisetats aus. Die Kosten der Unterkunft – die SGB-II-Leistungen des Jobcenters – sind mit rund 14,9 Millionen Euro für 9000 Bedarfsgemeinschaften veranschlagt. Steigende Ausgaben ergeben sich zum einen dadurch, dass ukrainische Flüchtlinge vom Asylbewerberleistungsgesetz in das SGB XII wechseln müssen. Seit 2022 haben rund 3000 Menschen aus der Ukraine Zuflucht in Rhein-Berg gefunden. Zum anderen hat die zum 1. September 2022 eingeführte Tarifbindung der Pflegeeinrichtungen zu höheren Aufwendungen in der ambulanten und stationären Pflege geführt.
Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV): Der Zuschussbedarf für den ÖPNV wird mit rund 20,7 Millionen Euro auf Vorjahresniveau gehalten. Allerdings sind dabei bereits verschiedene Haushaltskonsolidierungsvorschläge wie die Reduzierung der Freizeitverkehre berücksichtigt, die noch umzusetzen sind. Die deutschlandweite Nutzbarkeit des Deutschlandtickets ist zwar für Fahrgäste gut, für die einzelnen Verkehrsbetriebe und den Kreis bedeutet das aber geringere Einnahmen. Tarifsteigerungen, der vermehrte Einsatz von Subunternehmern aufgrund des Fachkräftemangels, aber auch höhere Zins- und Abschreibungsaufwendungen aufgrund von Investitionen in Fahrzeuge mit alternativen Antrieben und die dazugehörige Lade- und Tankinfrastruktur steigern außerdem die Kosten für den ÖPNV. Hinzu komme, so der Kreis, dass die Förderung von emissionsfreien Antrieben durch das Land eingestellt werde.
Ein umfangreicher Nachtragshaushalt nach der Kommunalwahl ist nahezu unausweichlich und wird einem neuen Haushalt gleichkommen. Daher stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, jetzt einen Doppelhaushalt zu beschließen
Personal: Das Nettoergebnis der Aufwendungen für das Personal des Kreises beläuft sich im aktuellen Jahr insgesamt auf 86,6 Millionen Euro. Die Aufwandserhöhung um rund drei Millionen Euro ist laut Kreis nicht auf Neueinstellungen, sondern ausschließlich auf Tariferhöhungen zurückzuführen.
Investitionen: Für das Haushaltsjahr 2025 ist die Aufnahme eines Investitionskredites in Höhe von 19,7 Millionen Euro und für das Jahr 2026 in Höhe von 12,8 Millionen Euro vorgesehen. Finanziert werden sollen damit vor allem bauliche Projekte insbesondere bei den Förderschulen (3,2 Millionen Euro für 2025 und 18,4 Millionen für 2026), Kreisstraßenbau (1,9 Millionen Euro für 2025, 5,1 Millionen Euro für 2026), Rettungsdienst (4,4 Millionen Euro für 2025, 1,7 Millionen Euro für 2026), Feuerschutz und Katastrophenschutz (2,1 Millionen Euro für 2025, 0,2 Millionen für 2026) sowie auf die IT (1,4 Millionen Euro für 2025, 0,9 Millionen Euro für 2026).
Wenn wir gemein- sam den Kreis aus der Finanzkrise heraus- führen wollen, müssen kleinkarierte parteipolitische Überlegungen, ideologische und persönliche Scheuklappen über Bord geworden werden
Kredite: Die in den vergangenen Jahren erlaubten Isolierungen von Corona- oder Ukrainekrieg-bedingten Kosten im Haushalt belasten die Liquiditätssituation des Kreises weiterhin erheblich. Zur Refinanzierung der Investitionen muss der Kreis daher – wie bereits im Vorjahr – einen Kassenkredit aufnehmen. Der dafür notwendige Zinsaufwand wurde im Haushalt berücksichtigt.
Abstimmung: Während sowohl der Doppelhaushalt des Kreises als auch der Begleitbeschluss mit den Stimmen der Kreistagsmehrheit von CDU und Grünen sowie den Stimmen der SPD verabschiedet wurden, stimmten Linke, FDP, AfD und die Freien Wähler (FW) dagegen. Letztere hatten einen eigenen Haushaltsbegleitbeschluss eingebracht und monierten, dass man sie beim gemeinsamen Antrag von CDU, Grünen und SPD nicht mit ins Boot geholt hatte.
FW-Fraktionschef Werner Conrad appellierte, „vor dem Hintergrund der Finanzkrise des Kreises“ zu der „Zusammenarbeit zurückzukehren, wie sie bis 2020 praktiziert“ worden sei. Diesmal vergeblich. Die FDP lehnte den Doppelhaushalt wegen seiner „falschen Prioritätensetzung“ und der weit über die Kommunalwahl im Herbst hinausreichenden Laufzeit ab, die Linke begründete ihre Ablehnung mit zu großen Risiken, die der Etat berge. Die AfD begründete ihr Nein unter anderem mit aus ihrer Sicht eigenen finanziellen Fehlern des Kreises, etwa bei ÖPNV-Ausbau und steigender Personaldecke.