Nach der ARD-„Wahlarena“ steht die Auswahl des Publikums in der Kritik. Aber wie werden die Studiogäste ausgesucht?
Debatte um StudiogästeWie die ARD das Publikum der „Wahlarena“ auswählte
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Jessy Wellmer moderierte die Sendung „Wahlarena“ zusammen mit Louis Klamroth.
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Bei der ARD-„Wahlarena“ haben sich die Kanzlerkandidaten Olaf Scholz (SPD), Friedrich Merz (CDU), Robert Habeck (Grüne) und Alice Weidel (AfD) am Montagabend (17. Februar) den Fragen des Publikums gestellt. 150 Menschen konnten sich direkt an die Spitzenpolitiker wenden. Wie die Studiogäste ausgewählt wurden, die Fragen stellen durften, ist kein Geheimnis.
Das Verfahren erläutert die ARD auf ihrer Website. Demnach konnten sich Menschen vorab mit ihren Fragen bei der Redaktion der Wahlarena bewerben. Redaktionell verantwortlich war der WDR, gemeinsam produziert wurde die Sendung mit dem NDR. In den Wochen vor der Sendung habe es Aufrufe über unterschiedliche Kanäle gegeben. Daraufhin seien mehr Bewerbungen eingegangen als Plätze zur Verfügung standen: 2000 Menschen hätten sich beworben, sagte Moderator Louis Klamroth zu Beginn der Sendung.
Das Publikum sollte „interessante“ Fragen stellen
Die Redaktion habe aus den Einsendungen eine „breite Themenpalette“ auswählen wollen. Wichtig sei es ihr auch gewesen, dass Menschen aus unterschiedlichen Regionen kommen oder verschiedenen Altersgruppen angehören. Man habe Wert auf Vielfalt gelegt. „Ein weiterer Aspekt bei der Auswahl war zum Beispiel, ob die Bewerberinnen und Bewerber ihre Frage mit persönlichen Erfahrungen ergänzen konnten“, heißt es weiter. Denn: Das Publikum sollte vor allem „interessante“ Fragen stellen, die auch andere Menschen betreffen. Gedacht sei die Wahlarena als eine Entscheidungshilfe, schreibt die ARD.
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Die Redaktion betont, dass die Arena vom Publikum „nicht für politische Meinungsmache genutzt werden“ dürfe. Allerdings gab es auch Fragestellende, die einer Partei angehören. Darauf wies das Moderations-Duo zu Beginn der Live-Sendung hin. Wie passt das zusammen? Die ARD erklärt das so: „Da die Fragen und das Interesse an den Antworten der Kandidaten und nicht die politische Orientierung der Fragesteller im Vordergrund stehen, ist dies kein repräsentatives Publikum, das etwa die Sitzverteilung im Deutschen Bundestag nachbildet.“
Zuschauer waren gecastet und vom BKA überprüft
Mit allen Gästen habe die Redaktion zuvor Gespräche geführt. In der Live-Sendung konnten sich die Gäste melden und wurden von dem Moderations-Duo Jessy Wellmer und Louis Klamroth aufgerufen. Mit den Politikern und der Politikerin seien die Fragen zuvor nicht abgesprochen worden. Auch sei es möglich, dass die Gäste in der Sendung spontane Fragen zu anderen Themen stellen. Dazu heißt es: „Es gehört auch zum Charme der Wahlarena, dass die Politikerinnen und Politiker mit Fragen umgehen müssen, mit denen sie vielleicht nicht gerechnet haben.“
Trotzdem kritisierten unter anderem der „ÖRR Blog“ fehlende Transparenz und mangelnde Ausgewogenheit – sowohl bei den Studiogästen als auch der Moderatorin Jessy Wellmer. Ihr Mann Sven Siebert war früher Pressesprecher bei einer Politikerin der Grünen. Entgegen anderslautender Behauptungen saß er nicht als Studiogast im Zuschauerraum.
Auch der Vorwurf, das Publikum sei mit unterschiedlichen Armbändern gekennzeichnet worden, lässt sich entkräften: Die Crew, zu der auch Sicherheitskräfte gehören, trug andersfarbige Zugangsbändchen. Ohne Check durchs Bundeskriminalamt (BKA) durfte nämlich niemand hinein, erklärt eine Sprecherin des WDR auf Anfrage.
Wagenknecht scheitert vor Gericht, Lindner kommentiert auf X
Kritisch hatte sich im Vorfeld der „Wahlarena“ Sahra Wagenknecht geäußert. Sie hatte als Spitzenkandidatin des nach ihr benannten „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) nämlich keine Einladung erhalten. Mit der Klage gegen den WDR scheiterte sie jedoch vor Gericht. Bei der Auswahl der Kanzlerkandidaten hatte sich die Redaktion auf die vier Kandidaten geeinigt, die rein rechnerisch eine Chance auf das Bundeskanzleramt haben, und das war auch ihr Recht.
Aus dem gleichen Grund war FDP-Spitzenpolitiker Christian Lindner ebenfalls nicht eingeladen worden. Er veröffentlichte aber parallel zur Sendung seine Gedanken auf X unter dem Hashtag #Wahlarena. Dort schrieb er unter anderem: „Robert Habeck wirbt wieder dafür, Kapitalerträge mit Sozialbeiträgen zu belasten. Wieder nennt er keine Zahl. So oder so: Neue Belastungen braucht das Land nicht – im Gegenteil.“
Die ARD-„Wahlarena“ gibt es seit 2005. Zum sechsten Mal fand sie nun anlässlich einer Bundestagswahl statt. Im Mittelpunkt stünden stets die „Sorgen, Probleme und Anliegen der Bürgerinnen und Bürger“.