Erneut schossen Lavafontänen aus einer Erdspalte, die Lava nähert sich nach dem wohl heftigsten Ausbruch der letzten Monate einer Küstenstadt.
„Kann außer Kontrolle geraten“Erneuter Vulkanausbruch auf Island – Lava kurz vor Küstenstadt Grindavík
Erneuter Vulkanausbruch auf Island: Zum vierten Mal seit Dezember ist in derselben Region aus einer Erdspalte Lava ausgetreten. Die leuchtend rot-orangefarbenen Eruptionen nahe dem Küstenort Grindavík waren von der nur 40 Kilometer nordöstlich gelegenen Hauptstadt Reykjavik aus zu sehen, wie Fotos auf der Website des Senders RUV am Samstagabend zeigten.
Heftiger Vulkanausbruch in Island: Blauer Lagune und Grindavík evakuiert
Die Touristenattraktion Blaue Lagune, in der sich rund 700 Menschen befanden, wurde umgehend evakuiert. Auch ein paar wenige Bewohner, die zwischenzeitlich nach Grindavík zurückgekehrt waren, wurden sicherheitshalber wieder aus dem Ort gebracht. Es bestehe aber keine Gefahr für Menschen, hieß es. Nach ersten Auswertungen von Luftbildern wurde davon ausgegangen, dass es sich bei der Eruption um die bislang stärkste handelt.
„Der Hauptlavastrom dort fließt genau wie der vorherige, sodass es nur kurze Zeit dauert, bis die Lava wieder die Verteidigungsanlagen erreicht, die das Kraftwerk in Svartsengi schützen“, warnt der Geophysiker Ari Trausti Guðmundsson nach einem einstündigen Hubschrauberflug mit der Küstenwache laut isländischer Medien.
Stärkster Vulkanausbruch in Island seit Monaten: „Kann außer Kontrolle geraten“
Es komme nun vor allem darauf an, wie lange die Eruption dauere. „Wenn es ein paar Tage sind, kann das außer Kontrolle geraten. Wenn dieser Ausbruch im Vergleich zu den anderen etwas länger dauert, kann es zu Problemen kommen.“
Beim Ausbruch im Januar waren bereits einige Häuser in Grindavík dem zweiten Vulkanausbruch zum Opfer gefallen. Die Regierung machte bereits damals den Ernst der Lage klar und sprach von einem „schwarzen Tag für Grindavík“ und einem „schwarzer Tag für ganz Island“.
Ausnahmezustand in Grindavík nach Vulkanausbruch in Island
„Wir müssen an der Hoffnung festhalten“, zitiert RUV Feuerwehrchef Einar Sveinn Jónsson. Die Schließung von Straßen und Verteidigungsanlagen sei bislang nach Plan verlaufen.
Einar Hjörleifsson, Experte für Naturkatastrophen beim isländischen Wetteramt sagte am Sonntagmorgen, dass auch die Gasverschmutzung überwacht werde, die durch den Ausbruch entstehen kann. „Wir haben die Schwefelbelastung an unseren Messgeräten in Grindavík gemessen und überwachen sie auch heute noch“. Die Einsatzkräfte trügen Gasmessgeräte und Gasmasken. „In dieser Nacht hat es vielerorts die Grenze des Unbehagens überschritten“, sagt der Experte.
Der Ausbruch hatte sich erneut mit starker seismischer Aktivität angekündigt. Experten zählten etwa 80 Erschütterungen. Die Länge der aufgebrochenen Erdspalte war Experten zufolge rund 3,5 Kilometer lang. Rettungskräfte beschwerten sich über Touristen, die aus Sensationsgier in die Region aufgebrochen seien.
Vulkan in Island spuckt Lava: Grindavík in Gefahr
Das isländische Wetteramt teilte am frühen Sonntagmorgen mit, die Lava fließe weiter mit einer geschätzten Geschwindigkeit von einem Kilometer pro Stunde Richtung Süden und Südosten. Das Szenario, dass die Lava das Meer erreiche, müsse in Betracht gezogen werden.
Ein Teil der Lava fließe auch in Richtung der Schutzbarrieren für die bereits im November evakuierte Küstenstadt Grindavík und sei nur noch rund 200 Meter von ihnen entfernt. Die Vorwarnphase für den Ausbruch sei sehr kurz gewesen: Die erste Warnung an das Ministerium für Katastrophenschutz sei nur 40 Minuten vor Beginn der ersten Eruption eingegangen.
Rettungsteams im Einsatz: Mehrere Regionen in Island nach Vulkanausbruch evakuiert
Der frühere Präsident Islands, Ólafur Ragnar Grímsson, postete beeindruckende Bilder der Lava auf X und schrieb dazu: „Neuer Vulkanausbruch in der Region Grindavik in Island. Stärker als die vorherigen! Die Öffnung des Bodens ist über 3 km lang; brennende Lava fließt aus ihr heraus. Die isländischen Rettungsteams haben dafür gesorgt, dass alle in Sicherheit sind.“
Grindavík liegt auf der Reykjanes-Halbinsel rund 55 Kilometer südwestlich von Reykjavik. Auf der Halbinsel ist es seit Mitte Dezember zu vier Vulkanausbrüchen gekommen, bei einem im Januar hatte die Lava sogar drei Häuser am nördlichen Ausläufer des 4000-Einwohner-Ortes erfasst. Die Zukunft der Gemeinde ist ungewiss. Die Regierung hat bereits einen Gesetzesentwurf vorgelegt, wonach Bewohner ihr Wohneigentum an ein staatliches Unternehmen verkaufen können sollen. Das erste Mal war der Vulkan am 18. Dezember ausgebrochen, zum zweiten Mal am 14. Januar. Eine dritte, kleinere Eruption wurde am 8. Februar registriert. (mit dpa)