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Wettermodell sieht NRW im ZentrumEx-Hurrikan Kirk rollt auf Deutschland zu – Schwere Sturmböen möglich

Lesezeit 5 Minuten
Ein Mann geht mit einem Regenschirm vor aufziehenden dunklen Wolken spazieren.

Ex-Hurrikan Kirk beeinflusst auch das Wetter in Deutschland und Nordrhein-Westfalen. Wie genau - das ist noch unklar.

„Kirk“ sorgt für Unruhe. Der ehemalige Hurrikan schafft es über den Atlantik und wird in der Nacht auf Donnerstag als außertropischer Sturm in Deutschland erwartet.

Auf dem Atlantik ist aktuell viel los, drei Hurrikane ziehen dort ihrer Wege. Einer von ihnen, „Kirk“, hat es bereits weit nach Osten geschafft. Am Montagmorgen sorgte er südwestlich der Azoren für bis zu 14 Meter hohe Wellen.

Es wird erwartet, dass „Kirk“ an Frankreichs Küste auf Land treffen wird und von dort aus auch über Deutschland, möglicherweise über Teile Nordrhein-Westfalens zieht. Die Wetteraussichten für die Nacht auf Donnerstag bis zum Donnerstagmittag sind daher ungewiss, die tatsächliche Entwicklung hängt sehr vom genauen Zugweg des schon am Montagnachmittag nur noch als „außertropisch“ kategorisierten Sturms ab.

Schon am Dienstag wird Regen für die Kölner Bucht erwartet

Hurrikan „Milton“ ist derweil im Golf von Mexiko unterwegs und löste im US-Bundesstaat Florida erste Evakuierungen aus. Das Nationale Hurrikan Center der USA warnte am Montagmorgen, dass sich „Milton“ im Laufe des Tages zu einem „extrem gefährlichen Kategorie-Vier-Hurrikan“ entwickeln werde (fünf ist die höchste Stufe). Er soll am Mittwoch die Westküste Floridas erreichen – nur anderthalb Wochen, nachdem der Tropensturm „Helene“ im Südosten der USA für Zerstörungen und mehr als 225 Todesopfer sorgte. Der dritte Hurrikan, „Leslie“, zog am Mittwoch westlich der Kapverdischen Inseln in nordwestliche Richtung und bedrohte zunächst keine Küstenregion. Auch er könnte sich aber noch auf den Weg in Richtung Europa machen.

Alles noch etwas ungewiss – wie konkret sind also die Aussichten für Nordrhein-Westfalen aus derzeitiger Sicht?

Wie ist das aktuelle Wetter in NRW?

Nach dem wunderschönen ersten Oktoberwochenende bahnte sich in NRW bereits am Montag ein Wetterumschwung an. Ein Tiefdruckgebiet brachte wärmere Luft aus Süden und Bewölkung, für Dienstag erwartet David Bötzel vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Essen „einen bewölkten Tag mit leichtem Regen vor allem in der Kölner Bucht bis ins Sauerland“. Auch der Mittwoch werde ein wechselhafter Tag, bis sich am Nachmittag die ersten Ausläufer von Ex-Kirk in Form von auffrischendem Wind zeigen können.

Was bringt Ex-Hurrikan Kirk?

Das ist für Deutschland noch sehr ungewiss. Mittwochabend dürfte Regen einsetzen und der Wind immer stärker werden, sagt Bötzel. Die detaillierte Entwicklung hängt dabei sehr vom genauen Zugweg des Sturms ab. „Wenn das Zentrum über uns hinwegzieht, sind die Windgeschwindigkeiten deutlich niedriger als am Rand“, erklärt der Meteorologe.

Unterschiedliche Wettermodelle kommen aktuell noch zu unterschiedlichen Ergebnissen: Demnach könnte die Südhälfte NRWs Sturmböen oder auch orkanartige Böen abbekommen, vielleicht sind aber auch Baden-Württemberg und Rheinlandpfalz stärker betroffen. Als „Außenseitervorhersage“ bezeichnet Bötzel eine Version, in der Niedersachsen stärker betroffen sein wird.

September war in NRW wärmer als üblich

Was kommt danach? Ein Jojo-Spiel.

Es zeichne sich ein Trend ab, wonach auf den Durchzug von Ex-Kirk, wie Meteorologen den ehemaligen Hurrikan jetzt nennen, wieder kühleres Wetter folgen wird, am Wochenende wohl mit Temperaturen von zwölf bis 13 Grad, sagt Bötzel. In den Nächten seien eher einstellige Temperaturen zu erwarten, die Niederschläge dürften weniger werden.

Darauf, ob noch weitere goldene Oktobertage wie am Wochenende bevorstehen, wollte sich Meteorologe Bötzel nicht festlegen: „Das müssen wir abwarten.“ Sein Kollege Thomas Gerwin bezeichnet die klassische Herbst-Wetterlage als „Jojo-Spiel“. Tiefdruckgebiete brächten auf der Vorderseite warme Luft. Wenn sie durchgezogen seien, folge dann die kühlere Luft auf ihrer Rückseite.

Der September war in NRW wärmer, sonniger und feuchter als üblich: Es wurde eine Monatsmitteltemperatur von 15,4 Grad Celsius gemessen. Der vieljährige Mittelwert der internationalen Referenzperiode 1961 bis 1990 liegt bei 13,6 Grad. Die Sonne zeigte sich rund 150 Stunden (Referenzwert: 135 Stunden). Gleichzeitig fielen in der Fläche 91 Liter Regen pro Quadratmeter, der Referenz-Mittelwert liegt bei 67 l/m².

Was genau sind Hurrikane?

„Hurrikan“ ist nach Angaben des DWD eine von mehreren Bezeichnungen für einen tropischen Wirbelsturm mit Windmaxima größer als 118 Kilometern pro Stunde. Diese Bezeichnung wird in den Anrainerstaaten des Nordatlantik, einschließlich des Golfes von Mexiko und des Karibischen Meeres, sowie des Nordost-Pazifik angewendet. Diese tropischen Wirbelstürme entstehen zumeist in den Monaten Juni bis November über mindestens 27 Grad warmem Wasser. Andere Begriffe sind „Taifun“ (Nordwestpazifik-Region mit ihren Randmeeren und Anrainerländern), „Zyklon“ (Indischer Ozean und Südsee), „Bagyo“ (Philippinen) oder „Willy-Willy“ (Nordaustralien).

Es ist nicht die Regel, aber es kann immer wieder passieren, dass tropische Wirbelstürme beim europäischen Wetter mitmischen. Üblicherweise verlieren sie auf ihrem Weg nach Osten an Kraft, da das Wasser im Atlantik immer kälter wird. „Denen geht dann meistens die Puste aus“, sagt Thomas Gerwin vom DWD. Es gebe aber immer mal wieder Anomalien im Atlantik mit deutlich höheren Temperaturen als üblich (oder auch tieferen), und dann kann es ein Hurrikan bis nach Europa schaffen.

Meistens gehen die dann schon vor Portugal oder Frankreich in die Knie
Thomas Gerwin, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst zu Hurrikane auf dem Weg nach Europa

„Meistens gehen die dann schon vor Portugal oder Frankreich in die Knie“, sagt Gerwin. Schafften sie es bis an die Küste, schwächten sie sich spätestens an Land deutlich ab. Windig wird es wohl werden in der Nacht auf Donnerstag, alles andere hängt vom genauen Ort des Auftreffens auf Land ab und davon, „wieviel Warmluft noch von Süden angesaugt wird“.

Was unterscheidet den Orkan vom Hurrikan?

In erster Linie die Entstehung. Ein Orkan entwickelt sich nicht über einer warmen Wasserfläche, sondern auch über Land, wenn kalte Polarluft auf warme Luft vom Äquator trifft. Bekanntestes Beispiel in Deutschland: Der Orkan Kyrill, der am 18. Januar 2007 für Verwüstung sorgte und 50 Millionen Bäume umwarf. „Unsere Winterorkane können auch heftig werden“, sagt Gerwin, „die können es durchaus mit den Hurrikanen in der Karibik und in den USA aufnehmen.“ Kyrill sei damals in Island entstanden, als Warmluft in das dortige „kalte Gemisch“ zog.