Kanzler Olaf Scholz empfängt eine Gruppe afrikanischer Staats- und Regierungschefs. Ein Versuch, autokratischen Einfluss auf dem Kontinent zu reduzieren.
Afrika-Gipfel in BerlinImporte, Investitionen und ein Stoppschild für Chinas Einfluss
Es passiert nicht so häufig, dass ein Kanzlerberater vor einer großen Konferenz übers Windsurfen spricht. Am Montag kommen nun Staats- und Regierungschefs von über einem Dutzend afrikanischer Staaten nach Berlin, zum fünften „Compact with Africa“ (CwA), dem Pakt der G20-Staaten mit Afrika. Bei einer Wirtschaftskonferenz und bei Treffen mit Kanzler Olaf Scholz und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier geht es um Stabilisierung und um Geschäfte, um Arbeitsplätze und Wirtschaftsentwicklung, um erneuerbare Energien und Klimaschutz.
Aber erstmal gerät der Kanzlerberater ins Schwärmen. Er erzählt von einem Unternehmen, das ein Starkstromkabel von Südmarokko nach Europa bauen will. Die südmarokkanische Sonne und der starke Wind dort soll Energie liefern. „Sowohl mutig als auch smart“, findet der Berater. Der marokkanische Wind sei „sehr sehr zuverlässig und sehr, sehr gleichmäßig“. Das wisse er aus den Surferjahren seiner Jugend. Neoprenanzug statt Jackett, ein paar Jahre ist das her.
Von Ägypten bis Togo – Prominente afrikanische Gäste im Kanzleramt
Jetzt ist der Anzug dran, auf einem Gipfel, der gleichermaßen politisches Symbol und Handelsbörse ist. Erwartet werden die Staats- und Regierungschefs von Ägypten, Äthiopien, Benin, Cote d‘Ivoire, Ghana, Kongo, Marokko, Ruanda, Senegal, Togo und Tunesien. Auch Angola, Kenia und Sambia, die dem CwA gerne beitreten würden sind geladen, genauso wie Vertreter der Afrikanischen und der Europäischen Union.
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Mit den Ministerpräsidenten Äthiopiens und Marokkos, Abiy Ahmed Ali und Aziz Akhennouch sowie den Präsidenten von Cote d‘Ivoire und Sambia, Alassane Ouattara und Hakainde Hichilema, trifft Scholz bereits am Sonntag im Kanzleramt zusammen. Die CwA-Mitgliedsstaaten Burkina Faso und Guinea, wo sich Militär an die Macht geputscht hat, sind nicht geladen, orientiert hat man sich dabei am Umgang der Afrikanischen Union (AU) mit den beiden Ländern.
Als Zusammenarbeit mit reformorientierten Ländern Afrikas will die Bundesregierung den Gipfel verstanden wissen, und damit auch versuchen, sich gegen das autokratische China zu behaupten. Ein Kreislauf aus wirtschaftlicher und politischer Stabilisierung soll in Gang gesetzt werden. Wenn sich dadurch weniger Menschen zur Flucht oder Migration gezwungen sehen, umso besser.
Die Bundesregierung erhofft sich auch den Import von Energie. Die Zusammenarbeit sei also eine klassische „Win-Win-Situation“, heißt es.
Afrikanische Energie ist in Europa begehrt
Neben Strom und Wind schwärmen sie im Kanzleramt auch von Erdwärme, der so genannten Geothermie, etwa aus Kenia. „Da ist so viel Wärme, dass man es gar nicht zählen kann“, heißt es im Kanzleramt. Und Länder wie Nigeria sind als Gas-Lieferanten interessant – noch ist der Gas-Bedarf in Deutschland nicht unbeträchtlich. Vor dem Gipfel im Kanzleramt ist ein Wirtschaftskongress geplant.
Und auch in anderen Wirtschaftszweigen gebe es Ausbaumöglichkeiten. „Man braucht nicht darum herumzureden, dass das riesige Potenzial des afrikanischen Kontinents bisher nicht umfänglich genutzt wurde“, heißt es in der Regierung.
Auch von Unternehmensseite gibt es Lob und Tadel: Die Afrika-Konferenz „Compact with Africa“, die am Montag in Berlin stattfindet, bezeichnete Treier als „großen Schritt in die richtige Richtung“, sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier dem Redaktions Netzwerk Deutschland (RND). Es gebe aber „große Herausforderungen, das Potenzial auf dem afrikanischen Kontinent in angemessenem Umfang zu heben. Wichtig sei dafür, europäische und deutsche Außenwirtschaftsförderung besser zu verzahnen“. Problematisch für Investitionen deutscher Unternehmen seien Währungsschwankungen sowie politische Risiken.
In der Tat: China ist für viele afrikanische Länder ein bedeutend größerer Handelspartner als die EU oder Deutschland allein. In Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba hat China das Hauptgebäude der Afrikanischen Union gebaut. Bei seinem Besuch m nigerianischen Lagos vor wenigen Wochen fuhr Kanzler Olaf Scholz an der neuen Trasse der ersten Hochbahn der Riesen-Stadt vorbei, in der verstopfte Straßen zum Alltag gehören. Der Bauherr der neuen Bahn: China.
Um vor Ort ungefähr gleich zu ziehen mit China brauche man einen langen Atem, heißt es in der Bundesregierung. China biete nicht nur einen Absatzmarkt, sondern stellen eben auch keine anstrengenden Fragen nach Menschenrechten und Nachhaltigkeit. China aber, so heißt es in der Regierung, treibe andere Länder durch Knebelkredite in wirtschaftliche Nöte, realisiere Projekte, aber sorge nicht für deren Erhalt, beute Rohstoffe nur aus, statt auch deren Weiterverarbeitung vor Ort zu fördern.
Immer mehr werde mittlerweile gesehen, dass „mit den Fragen die wir stellen, auch eine höhere Bereitschaft einhergeht, echte Partnerschaft zu leben“. Der Kanzlerberater verweist darauf, dass Deutschland gegen China den Wettbewerb um den Bau einer Hochgeschwindigkeits-Bahnstrecke in Ägypten gewonnen habe. Und er schwärmt: Wenn diese Strecke in zwei Jahren befahrbar sei, „dann wäre das natürlich ein schöner Traum“. (RND)